Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
ehemalige US -Präsident Bill Clinton, der zu einem Besuch in Australien weilte, nicht nach Amerika zurückkehren konnte, weil auch ausnahmslos alle Flüge in die USA gestrichen worden waren. Der ehemalige Vizepräsident Al Gore saß aus demselben Grund mehrere Tage lang in Österreich fest. Wichtige Baseballspiele hatten abgesagt werden müssen. Die Reduzierung des Flugverkehrs war so radikal gewesen, dass Klimatologen deutliche Veränderungen der Wetterlage feststellten.
Doch eine Ausnahme hatte es gegeben.
Auf dem Blue Grass Airport in Lexington hatte eine Boeing 747 Starterlaubnis bekommen. An Bord waren hochrangige saudische Staatsbürger gewesen, die das Land Richtung Arabien verlassen hatten: zum einen Mitglieder der Familie Saud, des Königshauses also, zum anderen Mitglieder der Familie Bin Laden.
Die Starterlaubnis war in den offiziellen Dateien der FAA nicht verzeichnet, nur in den Unterlagen des Flughafens. Und dort stand nur, sie sei von höchster Stelle gekommen.
Taggard konnte nicht glauben, was er las. Er hatte das Gefühl zu erstarren, las es wieder und wieder. Ausgerechnet! Siebzehn der neunzehn Attentäter, die mit vier entführten Maschinen den größten Terroranschlag der Geschichte verübt hatten, waren saudische Staatsbürger gewesen – doch während alle anderen am Boden hatten bleiben müssen, hatte man Saudis gestattet, das Land zu verlassen! Mehr noch, man hatte schon damals davon ausgehen können, dass die Urheberschaft für diese Untat bei Osama Bin Laden lag, der bei der CIA intern, nach einer anderen Transkription des Arabischen, unter dem Kürzel UBL lief – doch anstatt seine in den USA weilenden Angehörigen zu vernehmen oder wenigstens zu befragen, hatte man sie ungehindert ausreisen lassen!
Und das, während das Flugzeug mit dem für seine kleine Tochter bestimmten Herzen nicht hatte weiterfliegen dürfen.
Charles W. Taggard begann, sich für Saudi-Arabien zu interessieren.
Gegenwart
Die ersten Tage war der Physiologe zu Markus ans Bett gekommen, hatte ihn behutsam massiert, seine Arme und Beine in allerlei merkwürdige Richtungen bewegt und immer wieder gefragt: »Geht es noch?« Dabei war es gut gegangen; er hatte die Gymnastik als höchst angenehme Abwechslung empfunden.
Doch kurz darauf hatte man ihm erklärt, er sei jetzt so weit, an der allgemeinen Krankengymnastik teilnehmen zu können, unten im Reha-Raum 1 . Immerhin, ein pickliger Zivildienstleistender fuhr ihn im Rollstuhl hin, durch gläserne Gänge mit Blick auf das bewaldete Umfeld.
Eine Woche später war es auch damit vorbei, und er musste den Weg auf eigenen Beinen zurücklegen. Das war anstrengender als die Gymnastikstunde selbst und nur dank der Krücke, die von Anfang an neben seinem Bett gestanden hatte – für Gänge zur Toilette oder zur Teeküche – überhaupt zu schaffen.
Am ersten Tag war er danach so k.o., dass er den Rest des Tages schlief.
Am zweiten Tag war er ebenfalls erschöpft, konnte aber immerhin noch ein paar Stunden fernsehen.
Am dritten Tag wartete eine hoch gewachsene, schlanke Frau in einem dunkelroten Mantel auf ihn, als er in sein Zimmer zurückkam. Sie stand vor dem Fenster und drehte sich zögerlich zu ihm um, die Lippen fest zusammengepresst. Ihr Blick wirkte unstet; die Besorgnis, die von ihr ausging, war fast körperlich spürbar.
»Hallo«, sagte sie.
Markus humpelte zu seinem Bett, stellte die Krücke ab und ließ sich auf die Matratze sinken. »Hallo, Dorothea«, ächzte er dann. »Schön, dich zu sehen.«
Kapitel 7
Einige Wochen zuvor
D ie Tür zum Laden war verschlossen. Dorothea sah unwillkürlich auf die Uhr. Halb elf. Und es war Montag. Ein ganz normaler Montag.
Und ja, die Auslage mit dem Gemüse stand nicht draußen. Der Ständer mit den Zeitungen auch nicht. Geschlossen? Wieso?
Sie drückte die Klinke noch einmal. Die Tür rührte sich nicht. In einem anderen Jahrhundert war sie einst blau lackiert worden; inzwischen blätterte die Farbe ab. Dorothea versuchte, durch die winzigen Milchglasscheiben ins Innere des Ladens zu spähen. Da brannte doch Licht, oder?
Eine Bewegung war zu sehen, dann schloss jemand auf. Ein Mann Mitte fünfzig, mit Hängebacken und dichten Haarbüscheln in der Nase.
»Sie sind die Erste heute«, sagte er mürrisch in das Scheppern der uralten Türglocke hinein. »Um halb elf. Da kann man mal sehen.«
»Bitte?«, fragte Dorothea verdutzt.
»Die in den Laden will.« Er drehte sich um, nahm ein Stück Karton vom Kassentisch.
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