Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
Vom Netzwerk:
1989 wird im Rückblick wie ein Vorbote erscheinen. Leider zeichnet es sich ab, dass es noch viele Tote geben wird, bis das Land zu den sozialen und demokratischen Standards aufgeschlossen haben wird, die in der westlichen Welt (noch) gelten, denn freiwillig werden die Privilegierten das Wohlstandsgefälle nicht ausgleichen. Und daran führt kein Weg vorbei.
    Schmarotzerbefall

    Wer heute zum Bäcker geht, der ja meistens bloß noch eine Backwarenverkaufsstelle ist, und ein Brot kauft, bezahlt mit den 2,80 Euro auch 18 Cent Mehrwertsteuer mit. Wirtschaft, zumindest der Teil der Wirtschaft, den wir Realwirtschaft nennen, ist nichts anderes als Tauschhandel: Wir geben und nehmen. Und dabei sind wir es gewohnt, mit jeder einzelnen Tauschhandlung das Wohl der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Wir entrichten eine dem Umfang des Tausches gemäße Transaktionsgebühr in Form der Mehrwertsteuer. Die gleiche Funktion hat die Standgebühr, die ein Messe- oder Marktteilnehmer an den Ausrichter der Veranstaltung, den Inhaber des Marktplatzes oder der Messehalle entrichtet: ein gerechter Obolus an diejenigen, die die Bedingungen und die Grundlage für den Tauschhandel bereitgestellt haben.
    Wenn wir ein Brot beim Bäcker kaufen, dann können wir das auf einem gewachsenen Fundament tun: Wir haben die relative Sicherheit, dass das Brot nicht gesundheitsschädlich ist. Wir profitieren auch von der relativ hohen Rechtssicherheit, weshalb wir beim Brotkauf fast nie übers Ohr gehauen werden. Und auch die Tatsache, dass es überhaupt eine Bäckerei gibt, gründet auf einer Vielzahl von Vorbedingungen, die uns der Staat garantiert: Der Bäcker kann auf Basis geltenden Rechts Mitarbeiter beschäftigen, mit Zulieferern handeln, ein Gebäude errichten und so weiter. Und wenn doch mal etwas schiefgeht, helfen die Polizei und das Gerichtswesen.
    Für alle Grundlagen des Geschäftslebens garantiert bei uns der Staat, und er tut das noch immer hervorragend, jedenfalls im internationalen Vergleich. Unser Beitrag dazu, dass der Staat und seine Institutionen diese Wirtschaftsgrundlage auch weiterhin aufrechterhalten können, sind eben die 18 Cent Mehrwertsteuer, die in den 2,80 Euro Ladenpreis enthalten sind und vom Bäcker im Auftrag des Kunden an den Staat abgeführt werden. Dass dieses ausgepegelte Geben und Nehmen ein nachhaltiges System ist, sieht man alleine schon am fruchtbaren Fortbestand unserer Zivilisation.
    Das heißt: Wenn wir Regeln und Rahmenbedingungen einführen, die das Geben und Nehmen austarieren, dann kann ein komplexes, symbiotisches System wachsen und gedeihen. Parasitäre Phänomene treten dann noch immer auf, aber nur punktuell und vorübergehend.
    Wenn wir aber doch wissen, dass Tauschhandel immer Regeln und regulierende Rahmenbedingungen braucht, damit nicht der Stärkere zum Parasiten des Schwächeren wird, wieso um alles in der Welt ist dann der weltweite Handel mit Geld und den daraus abgeleiteten Finanzderivaten steuer- und abgabenfrei? Warum bezahlt also jedes Kind beim Bäcker die 18 Cent Transaktionsgebühr, und der Investmentbanker behält alles und bezahlt nichts? – Weil man ihn lässt. Es gibt nach wie vor kein einziges Land auf der Welt, das eine alle Finanztransaktionen umfassende Finanztransaktionssteuer eingeführt hätte.
    Die Idee ist uralt, bereits der berühmte Ökonom John Maynard Keynes hatte nach der Großen Depression von 1936 öffentlich laut über eine solche Steuer nachgedacht. Er war der Meinung, dass eine Finanztransaktionssteuer eine Lenkungsfunktion hätte, die kurzfristige Spekulationen vermindern und langfristige Investitionen in die Unternehmen befördern würde.
    1972 machte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und spätere Nobelpreisträger James Tobin den Vorschlag einer weltweit einheitlichen Lenkungsabgabe auf spekulative internationale Devisentransaktionen. Sein Vorschlag ging als Tobin-Steuer in die Geschichte ein – wurde aber bislang noch nicht umgesetzt. Was er forderte, war clever: Ein nur sehr geringer Steuersatz von zwischen 0,05 Prozent und 1 Prozent der gehandelten Summe würde die in die Realwirtschaft investierenden Kapitalgeber mit langfristiger Strategie kaum behindern, die Steuer wäre in der Gesamtrechnung der Investition für den Investor vernachlässigbar. 7 Aber ein Spekulant, der Derivate kurzfristig hin- und herschiebt und durch das Zocken per Day-Trading an den Börsen versucht, die Märkte auszusaugen, der würde bei jeder seiner vielen

Weitere Kostenlose Bücher