Ausgeliebt
Also, damit das klar ist,
du bist seit zehn Jahren meine Mandantin, trotzdem werde ich versuchen das Ganze fair zu regeln. Es geht natürlich nicht,
dass du weiter für Bernd bezahlst. Was soll mit dem Haus passieren? Willst du wieder rein oder bleibst du in Hamburg?«
»Ich will auf keinen Fall wieder zurück. Mir ist es egal, was mit dem Haus wird.«
»Ich hatte den Eindruck, Bernd will es behalten. Dann muss er es aber auch allein tragen und dir einen Abstand bezahlen. Das
müssen wir zusammen klären. Bist du so einem Dreiergespräch gewachsen?«
»Hans-Hermann, ich bin groß und diszipliniert. Ich neige nicht zu Szenen. Und wenn ich doch auf ihn losgehen sollte, kannst
du dich ja dazwischenwerfen.«
Er antwortete nicht.
»Es war ein Scherz.«
»Ach so, gut. Rufst du ihn an oder soll ich?«
»Mach du das bitte.«
Er schrieb sich mögliche Termine auf, dann verabschiedeten wir uns.
Ich setzte mich auf den Balkon und zündete mir eine Zigarette an. Meine Hand zitterte.
»Dein Göttergatte war nicht alleine.«
Sie verloren wirklich keine Zeit.
»Was hast du denn gedacht? Dass sie ein Trauerjahr für dich einlegen? Die freuen sich doch wie Bolle«,
sagte Edith.
|45| Meine neu gewonnene Leichtigkeit war erst mal verflogen. Mir war wieder schlecht, ich sah Antje und Bernd Hand in Hand durch
das Haus laufen.
Wieder unterbrach das Telefon die Gedanken. Ich meldete mich kurz und ärgerte mich über meine dünne Stimme.
»Hallo, ich bin es.«
Mein Magen rutschte ab. Bernd.
»Hallo.«
Knapp, aber beherrscht.
»Wie geht es dir so?«
»Danke, was willst du?«
»Ich habe gestern Hans-Hermann getroffen, bei Carlo. Wir haben so ein bisschen geredet und ordentlich getrunken. War lustig.«
Ich spürte Magensäure im Hals, stellte mir die drei lachend an einem Tisch vor.
»Ich habe gerade mit ihm telefoniert. Wir müssen einen Termin machen. Meine Vorschläge habe ich ihm gemacht. Ruf ihn an und
kläre das.«
»Bist du irgendwie sauer?«
Ich legte auf.
Die Tränen kamen aus Wut, nicht weil ich traurig war.
Als Dorothea um 17 Uhr klingelte, war mein Hals noch wund. Ich hatte aber gebadet, mich gut angezogen und sorgfältig geschminkt. Die Fassade
stimmte.
Im Auto erzählte ich Dorothea von den Telefonaten, auch dass Hans-Hermann noch mal angerufen hatte, um den Termin auf nächsten
Mittwoch festzusetzen.
»Dann musst du das erste Mal wieder in die Gegend. Soll ich mitkommen?«
»Das schaffe ich allein. Danke.«
Inzwischen hatte Dorothea ihren Mini am Gänsemarkt geparkt.
|46| »Jedenfalls wirst du spitzenmäßig aussehen, wenn du da bist.«
Der Friseursalon war ein richtiger Schönheitstempel, viel Chrom, viel Licht, viel Leder.
Holli entpuppte sich als Hamburger Ausgabe von Johnny Depp, wenn auch eindeutig schwul.
»Doro-Schätzchen, wie schön! Und gut schaust du aus! Was machen die Liebe und das Leben? Gläschen Schampus?«
Ohne ihre Antwort abzuwarten wirbelte er durch den Laden und kam mit zwei Gläsern zurück.
»So, meine Damen, dann willkommen, willkommen.«
Er nahm mich in Augenschein, dann sah er Dorothea an.
»Nun, was soll der Künstler tun?«
Ich verkniff mir das Lachen, es war fast wie im Film.
»Holli, das ist Christine, frisch getrennt und jetzt endlich in der Großstadt. Sie sieht nur noch nicht so aus.«
»Na, das sehe ich selber.«
Er musterte mich kritisch, fuhr mir mit den Fingern in meine Haare und strich sie mir aus dem Gesicht.
»Langweilig, dieser Bob, fürchterlich langweilig, keine Dynamik, kein Pep, und dann dieser Grauanteil, nein, nein, Schätzchen,
das geht ja gar nicht. Das machen wir mal ganz anders.«
Dorothea setzte sich mit Hochglanzmagazinen und Schampus in die Wartezone, ich nahm auf einem knallroten Frisiersessel Platz.
Ich schloss die Augen, ließ mir von Holli sanft die Haare waschen. Während der anschließenden Kopfmassage sah er mir im Spiegel
in die Augen.
»Ich sag immer, neues Leben, neuer Kopf. Wir machen einen ganz anderen Typ aus dir. Flott und fluffig, nicht so trutschig.
Jetzt kommen neue Zeiten.«
»Ich weiß nicht, so ganz anders …«
»Schätzchen, das hier ist mein Job, o.k.?«
|47| Zwei Stunden später standen Dorothea und Holli hinter meinem Stuhl und kriegten sich vor Begeisterung kaum ein.
Ich sah uns drei im Spiegel. Meine Haare waren jetzt kurz, fielen locker und scheinbar ohne Ordnung. Sie glänzten rotbraun,
ich sah ganz anders aus.
Hollis schöne Mitarbeiterin Tabea hatte
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