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Ausgeliebt

Titel: Ausgeliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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zuzulassen.
    Es gab schließlich Bernd.
     
    Ein halbes Jahr später erhielten wir die nächste Einladung. Wieder in Berlin, wieder ein Samstag. Diesmal war Georg einer
     von drei Gastgebern einer großen Geburtstagsparty.
    Der Termin war in drei Wochen, abends rief Georg an.
    »Ich weiß, das ist ein bisschen kurzfristig, war aber eine spontane Idee. Könnt ihr denn überhaupt?«
    Dieses Mal konnte Bernd wirklich nicht, er musste zu einer Messe nach München.
    »Ich werde wieder allein kommen, aber Bernds Messe steht schon länger fest. Ich kann ja mit Ines zusammen fahren.«
    »Schade, dass Bernd nicht kann. Naja, es hilft nichts. Sag mal, Christine, macht es dir etwas aus, im Hotel zu schlafen? Ich
     bekomme die ganzen Leute gar nicht alle bei mir unter.«
    »Nein, das ist völlig in Ordnung.«
    »Sehr schön. Ines schläft bei irgendeiner Freundin, das mit dem Fahren könnt ihr ja organisieren.«
    Ich dachte kurz an Richard, wollte Georg erst fragen, ob er auch eingeladen wäre.
    Bernd kam ins Wohnzimmer, wo ich telefonierte, sagte: »Schöne Grüße, er soll sich mal wieder bei uns blicken lassen.«
    Ich schluckte die Frage nach Richard runter und war hinterher froh.
     
    |150| Drei Wochen später stiegen Ines und ich aus einem Taxi, das vor einer In-Kneipe in Berlin hielt. Wir waren etwas spät dran,
     der Weg von meinem Hotel zu Gundulas Wohnung war länger, als ich dachte. Das Hotel lag ganz in der Nähe dieser Kneipe, eigentlich
     hätte Ines mich abholen müssen, auf den Gedanken waren wir beide nicht gekommen.
     
    Ines lachte, als ich die Rechnung bezahlte.
    »Das kommt davon, wenn man nicht in den Stadtplan guckt. Du hast darauf bestanden, mich abzuholen, ich dachte, du kennst dich
     hier aus.«
    Ich steckte die Quittung ein, fragte mich gleichzeitig wofür, und sagte: »Ich bin die Älteste, ich habe die Verantwortung.
     Komm jetzt.«
    Die Kneipe war voll, die Musik nicht zu laut, das Büffet italienisch.
    Wir drängelten uns durch die Gäste, um Georg zu suchen. Einige Gesichter kannten wir, alte Freunde und Studienkollegen von
     Georg, denen wir zuwinkten.
    Dorothea stand hinter der Bar und gestikulierte heftig, zeigte links neben sich und warf Kusshände. Wir hielten Kurs auf ihre
     angezeigte Richtung und schoben uns auf Georg zu.
    »Alles Gute, großer Bruder.«
    Ines umarmte ihn.
    »Christine hat unser Geschenk, das ist ja eine tolle Kneipe.«
    Ich küsste Georg auf die Wange, gratulierte, nahm ihn fest in die Arme und schob ihm den Manufactum-Gutschein in die Jackentasche.
     Er fühlte den Umschlag und strahlte.
    »Heißen Dank, so eine Überraschung.«
    Georg hasste Geburtstagsgeschenke, schon als Kind hatte er panische Angst, Dinge geschenkt zu bekommen, über die er sich nicht
     freuen konnte. Deshalb bekam er seit Jahren von uns einen Gutschein aus seinem Lieblingsladen, lediglich die Summe variierte.
    Er sah sich in der Runde um.
    |151| »Ich glaube, ihr kennt eine Menge Leute, ich kann mich leider nicht so viel um euch kümmern, ihr seht es ja.«
    »Mach dir keine Gedanken.«
    Ich beobachtete Ines, die mit einem Jubelschrei Malte entdeckt hatte.
    Georg folgte meinem Blick.
    »Guck mal, Malte und Ines. Süß. Als sie sechs war, wollte sie ein Kind von ihm.«
    Es kam eine neue Gruppe von Gästen. Georg wandte sich ihnen zu, ich machte mich auf den Weg zur Bar. Unterwegs suchte ich
     alle Gesichter ab, bis ich bemerkte, wen ich suchte.
    Ich fand ihn nicht und spürte meine Enttäuschung. Dorothea hatte sich zu mir durchgekämpft und hielt mir einen Cocktail vor
     die Nase.
    »›Sex on the beach‹. Das hast du doch so gerne.«
    Sie kicherte.
    Ich probierte. »Wenn deine Witze so gut wären wie deine Cocktails, wäre das Leben lustiger. Schmeckt großartig. Prost.«
    Dorothea lachte trotzdem. »Ich finde meine Witze einfach großartig. Oh, ich muss wieder an die Bar, bis gleich.«
    Ich trank und folgte ihr mit den Augen.
    Als ich die Hand auf meiner Schulter spürte, hätte ich mich beinahe verschluckt.
    »Ich hab gehofft, dass du heute auch hier bist.«
    Diese Stimme, diese blauen Augen. Und immer noch die Hand auf meiner Schulter.
    Im Comic wäre ein Blumenmeer um meinen Kopf explodiert.
    Im echten Leben bekam ich Pulsrasen.
    Mein Hirn entwarf in Sekundenschnelle hundert intelligente und witzige Sätze.
    Ich sagte: »Ach, hallo, Richard.«
    Dabei verschüttete ich den orange-roten Cocktail auf meine weiße Hose.
     
    |152| Sechs Jahre später saß ich auf einer Bank an der Alster und musste

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