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Ausgeliebt

Titel: Ausgeliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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war alles in Ordnung.
    Ich stand wieder auf und ging zur Terrassentür. Die Zweige der Sträucher tanzten auf den Platten, die ersten Äste wirbelten
     über die Straße. Autos fuhren nur noch im Schritttempo.
    Mein melancholisches Gefühl verstärkte sich, genauso wie draußen die Weltuntergangsstimmung.
    Vierzig.
    Bis zu dieser blöden Zeitschrift hatte ich mir nie Gedanken über mein Alter gemacht.
    Es war wahrscheinlich mehr als die Hälfte meines Lebens. Und es war wahrscheinlich auch die leichtere Hälfte gewesen. Ich bekam ein mulmiges Gefühl.
    Edith wusste warum.
»Kunststück, dein Leben war ja bisher auch vorgeplant. Bernd, das Haus, der Job, der vertraute Freundeskreis, alles wird gemeinsam
     alt. Da muss man sich auch keine Gedanken machen oder Ängste haben. Aber jetzt?«
    Charlotte antwortete sofort.
»Blödsinn. Dagegen stehen Hamburg, Luise, Dorothea, der rote Sessel, die Freiheit, das Lebensgefühl. Und   …«
    Edith unterbrach.
»Jetzt sag nicht Richard. Das ist doch der eigentliche Grund für die Melancholie. Der wird nicht mit dir alt, der ruft noch
     nicht mal an, der sitzt jetzt schön bei seiner Ehefrau und du wirst alleine vierzig. Toll.«
    Charlotte lenkte ab.
»Dorothea hatte vorgeschlagen, heute eine Geburtstagsfeier zu organisieren. Dann wären jetzt eine Menge Leute hier. Ist doch
     auch ganz nett, jetzt ein bisschen Ruhe zu haben.«
    Edith winkte ab.
»Na und? Richard wäre trotzdem nicht hier. Und darum geht es doch im Moment.«
    Ich gab mich geschlagen und ließ die Gedanken zu. Sie wanderten zu Richard und dem Abend in Bremen vor zweieinhalb Monaten.
     
    |172| Richard hatte mich im Hotel abgeholt. Als ich ins Foyer kam, in dem er stand, fühlte ich mich wie nach einem Stromschlag.
     Ich hatte seine Präsenz vergessen und wie blau seine Augen waren. Ich weiß nicht mehr, worüber wir in den ersten Minuten geredet
     haben, ich sah einen Film, in dem er und ich ohne Ton spielten.
    Der Italiener war nur ein paar Minuten vom Hotel entfernt. Es regnete in Strömen, wir liefen eng nebeneinander unter Richards
     Regenschirm. Ich mochte Richards Geruch.
    Im Restaurant bestellten wir, ohne uns abzusprechen, das gleiche Gericht und denselben Wein und mussten darüber lachen.
    Als der Wein eingeschenkt war, hob Richard sein Glas, stieß mit mir an und sagte mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck:
     »Auf einen ganz tollen Abend. Schön, dass du hier bist.«
    Er lächelte. Ich auch.
    Ich fühlte mich sehr wohl in Richards Gegenwart, er war klug, er war charmant, sehr fürsorglich und witzig. Er erzählte von
     der Kanzlei und beschrieb seine Kollegen, ich schilderte ihm die Bremer Buchhändler und die Abläufe meines Jobs.
    Die Gespräche waren leicht, ein Thema ergab das andere, ab und zu berührten sich unsere Knie unter dem Tisch, wir gaben vor,
     nichts davon zu merken.
     
    Der zweite Gartenstuhl kapitulierte vor dem Sturm und flog in die sich wild bewegende Hecke. Ich stand wieder auf, ging mit
     meinem Glas ans Fenster. Der Strandkorb stand noch.
     
    Wir zögerten das Ende des Abends hinaus, bestellten noch mehr Wein, dann Kaffee.
    Als wir die letzten Gäste waren, bestellte Richard die Rechnung. Wir standen nebeneinander am Tresen und tranken, während
     wir warteten, noch einen Grappa aufs Haus.
    Ich lehnte meine Hüfte an seine, er sah mich mit einem Seitenblick an, legte seinen Arm um mich.
    |173| Als wir aus dem Restaurant kamen, hatte der Regen aufgehört. Wir gingen langsam in Richtung meines Hotels, Richard hatte sich
     bei mir untergehakt.
    Kurz vor dem Hotel blieb er plötzlich stehen und blickte mich ernst an.
    »Christine, ich habe das sehr genossen. Ich würde jetzt auch furchtbar gerne mit dir auf dein Zimmer gehen, aber du solltest
     etwas wissen.«
    Er sah kurz an mir vorbei, dann wieder in meine Augen.
    »Ich habe dir ja schon einiges aus meinem Leben erzählt. Weißt du, ich habe bislang ziemlich viel Stress gehabt, meine Ehe
     mit Sabine ist auch anstrengend, aber eine grauenhafte Scheidung reicht mir. Ich weiß, dass ich mich nicht noch mal trennen
     werde. Das solltest du wissen.«
    Ich küsste ihn als Antwort und zog ihn mit zum Hoteleingang.
     
    Edith stöhnte auf.
»Er hat es dir gesagt, du denkst natürlich nur an den Moment und lässt dich trotzdem auf diesen Blödsinn ein. Du hast selbst
     Schuld.«
    Mein Handy lag immer noch wie tot auf dem Tisch. In zehn Minuten wurde ich vierzig.
    Charlotte schob mir die Bilder hin.
    »Richards Gesicht, während

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