Ausgerechnet den?
es, sich ein wenig anders zu kleiden. Wenn sie jetzt ihre schrilleren Sachen anzog, dann nur, weil sie wirklich Lust dazu hatte, und nicht, weil sie ein Image vorspiegeln wollte. Spandex und Goldlame würden zwar immer zu ihrer Garderobe gehören, aber sie hatte nun keine Angst mehr, sich auch etwas züchtiger zu kleiden, wenn ihr der Sinn danach stand.
Stirnrunzelnd drehte und wendete sie sich und strich mit den Händen über ihre Hüften. Als knabenhaft schmal konnte man sie wahrhaftig nicht bezeichnen. Vielleicht fand Dan sie ja dick und wollte deshalb nicht mehr mit ihr schlafen. Jedenfalls hatte er seit dem Vorfall auf der Flugzeugtoilette keinen Vorstoß mehr gemacht. Als sie das Klo verließ, fragte sie sich, wann und ob er je das versprochene ›Jetzt‹ einlösen würde.
Pooh trottete auf sie zu, die rotgrün karierten Schleifchen an den Ohren schon wieder offen herunterhängend, obwohl sie sie gerade erst neu gebunden hatte. Alles war vor etwa einer Stunde gegangen, und nach dem lärmenden Bürotag erschien ihr das Gebäude nun umso stiller. Sie ging an Büros vorbei, die mit Goldgirlanden und Töpfen mit roten Weihnachtssternen dekoriert waren, denn Weihnachten war nur mehr eine knappe Woche entfernt.
Pooh tapste hinaus in die Lobby und suchte sich ihren Lieblingsplatz in der Nähe der Vordertür.
Dan trainierte am liebsten während der Abendessenszeit im Fitnessraum, da er ihn dann ganz für sich allein hatte, und Phoebe hatte sich angewöhnt, immer noch ein Schwätzchen mit ihm zu halten, bevor sie selbst nach Hause ging. Schon vor dem Eintreten hörte sie sein rhythmisches Ächzen. Er lag auf einer gepolsterten Bank, die Knie angewinkelt, die Füße fest auf dem Boden, und wuchtete eine alarmierende Anzahl von Gewichten an einer Stange in die Höhe. Die Muskeln wie Stahlberge, die Adern an seinen Unterarmen wie dunkle Stränge hervortretend, hob er die Stange langsam an und ließ sie dann vorsichtig wieder herunter. Sie konnte sehen, wie seine Brustmuskeln unter dem schweißnassen T-Shirt wogten. Ihr Mund war auf einmal staubtrocken.
Er hatte sie noch nicht bemerkt, daher konnte sie ihn nach Herzenslust mit den Augen verschlingen und musste nicht auf ihren Gesichtsausdruck achten. Wie sehr sie sich nach ihm sehnte! Sein Oberschenkel schienen ein Eigenleben zu haben, und ihr Blick kroch unwillkürlich zum Beinausschnitt seiner grauen Sweatshorts. Sie schätzte ihre wachsende Freundschaft zutiefst, empfand andererseits aber eine zunehmende Frustration. Sie wollte seine Geliebte, nicht nur eine Freundin sein, aber es sah allmählich so aus, als ob sie sich ebenso gut die Sterne wünschen könnte. Mehr als zehn Jahre Hemmungen vor Männern waren schwer zu überwinden, und sie begann mehr und mehr zu fürchten, ihm vielleicht nicht das geben zu können, was er sich von einer Frau erhoffte.
Mit einem lauten Grunzen ließ er die Stange in die Halterung fallen und setzte sich auf. Sein schweißnasses Haar war zerwühlt, und sein Hals triefte, als er sie nun anlächelte. »Wann wirst du endlich in ein T-Shirt und Sweats schlüpfen und dich selbst an die Eisen machen?«
»Irgendwann fange ich wieder mit Aerobic an«, erwiderte sie ohne viel Begeisterung. »Außerdem machen Pooh und ich jeden Abend einen Spaziergang.«
»Bist sicher in Schweiß gebadet und total fertig danach.«
»Mach dich nur über mich lustig. Wir haben eben nicht alle Weltklassemuskeln wie du.«
Er grinste. »Du findest also, dass ich Weltklassemuskeln hab?«
»Ja, sicher. Für einen Mann deines Alters.«
Er lachte vergnügt auf, erhob sich und trat an eine andere Bank mit einer gepolsterten Rolle daran. Während er ihr den Rücken zukehrte, um Gewichte aufzulegen, schlüpfte sie aus ihren Pumps und trat auf die riesige Toledowaage, die in einer Ecke des Raums stand. Wenn sie für ihre Kleidung neun Pfund rechnete, war sie genau da, wo sie sein wollte.
Da der Zeiger fast so groß wie ein Stoppschild war, trat sie hastig von der Waage, bevor er Gelegenheit hatte, sie zu lesen. Sie ging zu der Bank, die er soeben freigemacht hatte, und setzte sich. Ihr weicher Strickrock umspielte ihre Waden in dekorativen Falten. Beim Spiel am letzten Sonntag hatte sie ein aufgemotztes Sechziger-Jahre-Kleidchen angehabt, ein großer Hit beim Publikum, aber jede Woche mit einem neuen Outfit aufzuwarten strapazierte allmählich das ihr von Bert zugedachte Budget.
»Im Büro waren sie heute alle total aus dem Häuschen«, sagte sie. »Seit
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