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Ausgerechnet den?

Ausgerechnet den?

Titel: Ausgerechnet den? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Absätzen stöckelte sie durch die weitläufige, in rosa Marmor gehaltene Eingangshalle und drückte auf den Aufzugsknopf.
    »Kann gar nicht fassen, was für ein netter Kerl er ist«, sagte der Portier von der Eingangstür her. »Jemand wie er.«
    »Natürlich ist er ein netter Kerl.«
    »Komme mir jetzt richtig dumm vor, wegen all der Namen, die ich ihm immer gegeben habe.«
    Phoebe, die schon halb im Aufzug stand, war empört.
    Sie mochte Tony, aber das ging entschieden zu weit. »Sie sollten sich schämen. Nur weil ein Mann schwul ist, heißt das nicht, dass er nicht auch ein Mensch ist, der Respekt verdient, so wie jeder andere auch.«
    Tony glotzte sie verblüfft an. »Er is’ Schwul?«
    Die Aufzugstüren schlossen sich.
    Beim Hochfahren trommelte sie ungehalten mit der Schuhspitze auf den Boden. Viktor sagte dauernd, sie solle sich nicht wie ein Kreuzritter aufführen, aber sie hing nun mal an ihren Freunden, und die meisten von ihnen waren halt schwul. Sie brachte es nicht fertig, die Vorurteile und Diskriminierungen zu ignorieren, denen sie tagtäglich ausgesetzt waren.
    Sie dachte an Arturo und alles, was er für sie getan hatte. Die gemeinsamen Jahre in Sevilla hatten zum Großteil dazu beigetragen, ihren Glauben an das Gute im Menschen wiederherzustellen. Sie sah ihn vor sich, ein kleiner, stämmiger Mann, wie er vor der Leinwand stand, einen Farbfleck auf der Glatze. Er strich sich zerstreut über die Platte und rief ihr zu: »Phoebe,
querida,
komm her und sag mir, was du davon hältst!«
    Arturo war ein sanfter, eleganter Mann gewesen, ein Aristokrat alter Schule, der der Ansicht war, dass Privates privat zu bleiben habe, und sein Sexualleben gehörte dazu. Daher wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, sich etwa zu »outen«, vor der Welt seine homosexuelle Neigung preiszugeben. Obzwar nie offen ausgesprochen, wusste sie, dass es ihm gefiel, sie allgemein als seine Mätresse hinzustellen. Im Gegenteil, sie war froh, ihm seine Großzügigkeit und Liebe zumindest ein wenig entgelten zu können.
    Die Aufzugstüren öffneten sich mit einem »pling«. Sie überquerte die mit einem Läufer ausgelegte Diele und schloss ihre Haustür auf. Pooh japste aufgeregt und zerrte ungestüm an der Leine. Sie bückte sich, um ihn loszumachen. »Achtung, Viktor, der Terminator ist unterwegs.«
    Als Pooh davongezischt war, richtete sie sich auf und fuhr sich mit den Fingern durch ihr dichtes blondes Haar, um es ein wenig aufzulockern. Sie hatte es nach dem Duschen nicht geföhnt, sondern beschlossen, es so trocknen zu lassen, weil ihre natürliche Lockenpracht besser zu dem trashy Look von Simones Kleid passte.
    Eine tiefe, ihr unvertraute männliche Stimme mit der typisch gedehnten Sprechweise der Südstaaten dröhnte aus dem Wohnzimmer an ihr Ohr. »Verschwinde, du Muff! Los, weg mit dir, verdammt noch mal!«
    Erschrocken nach Luft schnappend stürzte sie zum Wohnzimmer, wobei sie mit ihren Plateausohlen auf dem schwarzweiß karierten, spiegelglatten Marmorboden der Diele beinahe ausrutschte. Mit wehendem Wallehaar bog sie um die Ecke und blieb abrupt stehen, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand gebumst. Dan Calebow, wie er leibte und lebte, stand mitten in ihrem Wohnzimmer. Sie erkannte ihn auf der Stelle, obwohl sie nur einmal ganz kurz auf der Beerdigung ihres Vaters mit ihm gesprochen hatte. Aber er war nicht gerade der Typ, den man so schnell vergisst. In den vergangenen sechs Wochen hatte er sich mehr als einmal unversehens – und ungebeten! – in ihre Gedanken geschlichen.
    Blond, hünenhaft und umwerfend attraktiv stand er da, und sie stellte sich vor, dass er statt in Polohemd und Khakihose eher in einen zerknitterten weißen Anzug gehörte. Und in einen von diesen alten Cadillacs mit offenem Verdeck, mit dem er über eine ungeteerte Straße irgendwo im heißen Süden düste, Bier schlürfte und die Dosen dann achtlos übers Seitenfenster in die Rabatten warf. Oder wie er auf dem Rasen vor einem SüdstaatenHerrenhaus stand, den Kopf in den Nacken geworfen und den Mond anheulte, während eine blutjunge Elizabeth Taylor oben in einem verschnörkelten Messingbett lag und sehnsüchtig seiner harrte.
    Sie merkte, wie sie prompt nervös wurde, genau wie bei ihrer ersten Begegnung auf der Beerdigung. Er sah zwar überhaupt nicht aus wie der Footballspieler, der sie damals vergewaltigt hatte, doch sie empfand eine tief sitzende Angst vor starken, kraftstrotzenden Männern. Auf der Beerdigung war es ihr noch

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