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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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von Diggas Männern.
    – Der hat es Ihnen verraten.
    – Der hat es mir verraten.
    – Ist er verlässlich?
    – Es waren seine letzten Worte.
    Darüber denkt er einen Augenblick nach.
    – Was hat er genau gesagt.
    – Soweit ich mich erinnern kann, hat er gesagt, dass die beiden bei Amanda sind. Er hat sie dort hingeschickt und sie haben ihm Bescheid gegeben, als sie dort waren.
    Er hört auf nachzudenken und sieht mich durchdringend an.
    – Sie haben ihm Bescheid gesagt. Obwohl er im Hood war.
    – Das hat er gesagt.
    Er starrt mich unverwandt an, was ziemlich unangenehm ist.
    Es sind sehr alte Augen in einem jugendlichen Gesicht. Seine Haut ist straff und rosig. Wahrscheinlich trinkt er einen halben Liter pro Tag. Es ist sehr schwer, in diese Augen zu sehen. In den vielen Jahren, die er schon im Geschäft ist, hat er gelernt, jedes noch so kleine Anzeichen einer Lüge zu erkennen. Meistens weiß er, dass ich lüge, noch bevor ich den Mund aufmache. Himmel, zur Hälfte der Lügen, die ich ihm erzählt habe, hat er mich wahrscheinlich selbst angestiftet. Ich habe gelogen, weil er es so wollte. Wenn ich mit ihm rede, muss ich von Zeit zu Zeit auf seine Hände sehen – nur um sicherzugehen, dass er mich nicht wieder um den Finger gewickelt hat. Er kann mich meisterhaft manipulieren. Das war schon immer so. Und meine einzige Gegenwehr sind ein loses Mundwerk und die Wahrheit. Leider ist in dem Spiel, das er spielt, beides nicht viel wert – und schon gar nicht bei den Karten, die er momentan auf der Hand hat.
    Diese alten Augen. Dieses junge Gesicht. Das Blut.
    Ich weiß, woher das Blut kommt, das ihn so taufrisch hält, und das macht mich wütend. Ich muss mir mein Blut nämlich hart erarbeiten. Klar, wenn es mir auf dem Silbertablett serviert wird, lehne ich nicht ab. Aber das passiert nicht allzu oft, und die meiste Zeit muss ich entweder dafür ackern oder auf die Jagd gehen. Die Leute, von denen ich mein Blut bekomme, werden nicht in Käfigen gehalten. Sie werden nicht dafür gezüchtet und geschlachtet.
    Ich töte mit meinen eigenen Händen.
    Vielleicht wissen seine Augen, wann ich lüge, vielleicht auch nicht. Das ist mir inzwischen scheißegal.
    Ich erwidere seinen Blick. Soll er seinen Willen haben.
    Er blinzelt. Was möglicherweise überhaupt nichts zu bedeuten hat. Aber er blinzelt.
    – Nun ist es natürlich interessant zu erfahren, auf welchen Kanälen diese Nachricht zu Percy gelangt ist.
    – Telefon.
    – Das hat er Ihnen gesagt?
    – Er hat gesagt, sie hätten ihn angerufen, sobald sie in Sicherheit waren. Daher wusste er Bescheid.
    – Das Mädchen, ihr ungeborenes Kind und wer noch?
    – Der Vater.
    Er dreht sich um, winkt den Typen mit dem Handy zu sich, betrachtet erneut den Bildschirm, tippt darauf herum, gibt es wieder zurück und sieht mich an.
    – Und sie sind immer noch dort?
    Jetzt gibt die Zigarette wirklich nur noch einen allerletzten Zug her. Er verbrennt mir die Lippen, aber ich will ihn trotzdem nicht vergeuden.
    – Sie haben doch hier alles unter Beobachtung. Sagen Sie’s mir.
    Er nickt.
    – Nun, immerhin ist es den beiden gelungen, ohne unser Wissen hineinzugelangen.
    – Klar, und wahrscheinlich könnten sie dann auch irgendwie ungesehen entwischen. Aber soweit ich weiß, sind sie noch drin.
    Er steckt die Hände in die Taschen.
    – Was springt eigentlich für Sie bei dieser Sache heraus?
    Ich stoße mich vom Asphalt ab und richte mich auf.
    – Ich kenne den Vater der Kleinen. Er hat mich gebeten, sie zu suchen.
    – Also reine Menschenfreundlichkeit.
    – Er hat mir tonnenweise Geld geboten. Genug, um aus Manhattan zu verschwinden und mir ein neues Versteck zu suchen.
    Er lächelt schwach.
    – Zum Beispiel in New Jersey?
    Ich lächle ebenfalls.
    – Ja, zum Beispiel.
    Sein Lächeln verschwindet.
    – Könnten Sie hineingelangen?
    – Wenn Ihre Leute mich nicht vorher erschießen, dann wahrscheinlich schon, ja.
    Der Handylakai reicht ihm erneut das Telefon.
    – Und Sie können das Mädchen da rausholen?
    – Woher zum Teufel soll ich das wissen?
    – In Ihrer Situation könnte etwas Selbstvertrauen nicht schaden, Pitt.
    Ich versuche erneut, mir mit sieben Fingern eine Zigarette zu drehen.
    – Da würde ich mir doch glatt in die eigene Tasche lügen. Ich habe seit über einem Jahr keinen von denen mehr gesehen. Damals wurde es etwas haarig. Gut möglich, dass mir Sela den Kopf abreißt, sobald sie mich sieht.
    – Aber die junge Horde hat nichts gegen Sie, nicht

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