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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Hals.
    Die Schläger haben die Stufen zur Eingangstür erreicht und schieben die Hände in die Jackentaschen.
    Die Tür öffnet sich. Da ich die Schrotflinte weiter festhalte, werde ich mitgerissen. Ich ziehe die Klinge aus dem Lauf und drehe mich um, doch schon kann ich die Schläger nicht mehr sehen, da die Tür wieder zufällt und mir jemand mit aller Wucht den Griff der Schrotflinte ins Genick rammt. Ich gehe zu Boden und habe erneut den Lauf vor der Nase. Dummerweise habe ich das Messer fallen lassen. Und einen Finger will ich nicht in den Lauf stecken, denn die gehen mir langsam aus.
    – Keine Scheißbewegung!
    Ich bewege mich nicht.
    – Wer zum Teufel bist du?
    Schon komisch, wenn man verfolgt wird, sieht die Welt ganz anders aus. Man ist verwirrt, hat einen Tunnelblick und sieht nur noch, was direkt vor einem ist – in diesem Moment etwa den Lauf einer Schrotflinte –, und nichts anderes zählt mehr. Dein eigener Herzschlag könnte einen Donnerschlag übertönen. Der Geruch von Pfefferspray in deiner Kleidung übertüncht den wohlbekannten Duft einer bestimmten Haarpomade.
    Glücklicherweise beruhige ich mich langsam wieder, da ich mir jetzt nur noch um die Schrotflinte Gedanken machen muss – und nicht mehr darüber, ob mir die beiden Koalitionstypen in den Rücken schießen.
    Ich kann wieder ganz normal sehen, hören und riechen.
    Der Typ in der dunklen Eingangshalle hält mir den Lauf der Flinte noch dichter vors Gesicht.
    – Wer zum Teufel bist du?
    Ich stecke nun doch einen Finger in den Lauf.
    – Mann, Phil, was ist denn? Erkennst du deinen alten Kumpel nicht mehr?
    Ein Zittern fährt durch den Lauf der Flinte.
    – Ach Scheiße. Ach du Scheiße. Joe. Ach du Scheiße.
    Ich berühre die Beule in meinem Nacken. Sie schwillt erst an, dann wird sie wieder kleiner.
    – Das hat wehgetan, Phil.
    – Ach du Scheiße.
    Ich nehme die Hand von der Beule.
    – Aber wenn du mir einen Gefallen tust, ist alles vergeben und vergessen, okay?
    Er nickt.
    – Was denn, Joe?
    – Hast du eine Zigarette?
    Er atmet tief aus.
    – Oh Scheiße.
    Er hält mir die Schrotflinte hin.
    – Ich hab vor Monaten aufgehört.
    Ich nehme die Flinte und ziehe mich daran auf die Beine.
    – Jetzt verarschst du mich aber.
    Er hebt die Hände.
    – Würde ich das je tun, Joe? Ich meine, wenn man bedenkt, wie, na ja, wie sich unser Verhältnis bisher so gestaltet hat, würde ich dich da verarschen wollen?
    Ich ziehe den Tabak aus der Tasche.
    – Kannst du mir eine drehen?
    Er nimmt ihn entgegen.
    – Ob ich dir eine drehen kann? Mann, Joe, was glaubst du denn? Ob ich eine drehen kann! Das ist ja, als würdest du mich fragen, ob ich schon mal gekokst hab.
    Er fängt an zu drehen.
    Von irgendwo unter uns dringt Geheul herauf.
    Er reicht mir eine handgedrehte Zigarette, die aussieht, als käme sie geradewegs vom Fließband.
    – Nicht schlecht, Phil.
    Er berührt seine blonde Tolle mit den Fingerspitzen.
    – Wenn die richtigen Anlagen vorhanden sind, kann man bestimmte Fähigkeiten ziemlich weit ausbauen.
    Ich nicke und zünde mir die Zigarette an.
    – Also, Phil.
    Er nickt.
    – Ja?
    Ich klemme mir die Schrotflinte unter den Arm und deute damit auf die Eingangshalle und die Vordertür.
Was ist hier los?
    Er schüttelt den Kopf.
    – Keine Ahnung, Mann. Das weiß ich auch nicht so recht.
     
    Wie es aussieht, ist das Geheule nur die Spitze des Eisbergs.
    Hin und wieder stößt etwas so heftig gegen die Kellerdecke, dass die Bodendielen vibrieren. Phil zuckt dabei jedes Mal zusammen. Außerdem herrscht hier ein seltsamer Geruch. Es ist der Geruch des Todes mit einer starken Vyrus-Note und einem Hauch von Exkrementen und Verwesung. Jetzt bin ich richtig froh, dass ich mich nach der Pfeffersprayattacke gründlich ausgekotzt hab. Wie sich herausstellt, hatte ich echt Glück, mit dem Zeug eingesprüht zu werden. Wahrscheinlich bin ich das wohlriechendste Geschöpf im ganzen Gebäude.
    – Sie hat gesagt, dass du kommen würdest.
    – Sie erzählt einen Haufen verrückte Scheiße, wenn der Tag lang ist.
    – Klar, also, natürlich, stimmt schon, aber trotzdem, sie hat’s gesagt. Und weißt du, na ja, jetzt bist du hier.
    – Sie ist keine Hellseherin, Phil.
    Er bleibt vor einer Stahltür am Ende der Eingangshalle stehen und zieht einen schweren Schlüsselbund aus der Hosentasche, der mit einer Kette an seinem Gürtel befestigt ist.
    – Das weiß ich. Mann, ich bin ja nicht völlig bescheuert.
    Er grinst.
    – Na ja, klar, bescheuert bin

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