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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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der
großen Fenster war eine Holzjalousie halb heruntergelassen. Eine wuschelige
braune Katze räkelte sich auf einem blauen Sofa. Dahinter ein riesiges
Aquarium, exotisch bunte Fische. Weiße Wände, ein paar wenige Bilder –
Fotografien von den Elementen, Wasser, Erde, Feuer.
    »Neue Bilder? Sie sind wunderschön.«
    »Ja, danke.«
    »Und seit wann habt ihr ein Aquarium?«
    »Svens Sache. Er redet mehr mit den Fischen als mit mir. Aber
setz dich. Was möchtest du trinken?«
    Berenike hustete. »Etwas Warmes wäre gut.«
    Ellen sah sie prüfend an. »Irgendwo müsste ich
Lindenblütentee haben. Die Kinder haben den früher oft getrunken, aber seit sie
ausgezogen sind, weiß ich nicht mehr, ob wir so was vorrätig haben. Komm mit,
ich sehe nach.«

     
    In der geräumigen Küche herrschte das gleiche
Durcheinander. »Er wollte wieder einmal was Tolles kochen, der Sven, weißt eh,
das ist sein heimliches Hobby.« Ellen deutete auf den sechsflammigen Herd.
»Wenn Männer was tun, geht’s nicht unter perfekt. Da muss dann die teuerste
Ausrüstung her.«
    »Das stimmt!« Berenike lachte. »Ein Exfreund von mir hat auf
Weinkenner gemacht. Da durften es nur handvergorene Weine aus dem chilenischen
Hochland mit einer Note Pflaume sein. Oder so. Was weiß ich.«
    Unwillkürlich prustete Ellen los, schlug sich jedoch gleich
darauf erschrocken auf den Mund. »Die arme Caro. Und wir lachen hier.« Sie
griff mit ihren großen Händen zum Wasserkocher, drückte anschließend an einer
neumodischen Espressomaschine herum. In der Ecke neben dem Abwaschbecken
bemerkte Berenike ein Messer auf einem Handtuch. Ellen verfolgte ihren Blick.
»Das hab ich ganz vergessen. Ich wollte mir die Haare im Nacken rasieren. Aber
dann hatte ich eine Idee und bin in mein Atelier und …«
    »Ach so, ja. Woran arbeitest du?«
    »Eine neue Serie. Frauenkörper in all ihren natürlichen
Lebensphasen. Junge Mädchen, schau, hier ist eines. Frauen in der Blüte ihrer
Jahre, wenn sie Kinder gebären. Und alte Frauen – die sieht niemand so recht
an. Aber wie schön sind ihre Körper! Meinst du nicht?«
    »Interessante Idee, Ellen! Ist die Skulptur im Garten dein
Werk?«
    »Ja. Sie stellt die Göttin dar, wie sie in uns allen lebt.
Sie bewacht uns mit ihrer Stärke. Aber lass das nicht Sven hören.«
    »Nein, natürlich nicht.« Berenike fiel nichts Kluges ein, das
sie erwidern könnte. »Was machen deine Pläne wegen des Studiums? Weißt du
schon, wann du anfangen kannst?«
    »Bald, wenn alles gut läuft. So, gehen wir ins Wohnzimmer.«
Am Weg zurück kamen sie an einer Tür vorbei. »Svens Zimmer. Neuerdings sperrt
er ab, wenn er weg ist. Seltsam, nicht?«
    Berenike zog eine Augenbraue hoch. »Irgendwie schon.«
    Im Wohnzimmer setzten sie sich. Lustlos rührte Ellen in ihrer
knallroten Tasse, auf die mit krakeligen Strichen weiße Blumen gemalt waren.
Berenike hatte ein ähnliches Modell in Blau in die Hand gedrückt bekommen,
darauf gelbe Sonnenblumengesichter. Jetzt fiel ihr auf, dass sie erst einmal
zuvor hier gewesen war – sonst hatten sie sich immer außer Haus oder in
Berenikes Salon getroffen.
    »Die Tassen sind noch von den Mädchen«, Ellen grinste schief,
»ich will immer neues Geschirr kaufen, aber Sven braucht das Auto …« In einer
hilflosen Geste hob sie die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Berenike,
ich bin froh, dass du da bist. Die Sache mit Caro … und Sven …«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist kaum da.«
    »Und jetzt? Wann hast du Sven das letzte Mal gesehen?«
    Ein Telefon klingelte, laut und altmodisch. Ellen sprang auf,
tappte auf dicken Socken ins Vorzimmer. »Servus, Erika. Schön, dann sehen wir
uns am Wochenmarkt. Gehen wir auf einen Kaffee, ja? Ich hab aber nicht lang
Zeit, gell. Gut, griaß di!« Müde ließ sich Ellen wieder in ihren Sessel fallen.
Sie sah Berenike an. »Wo waren wir stehengeblieben?«
    »Wo ist er ständig, dein Sven?«
    »Hast du nicht gehört? Über seine Arbeit? Es geht ihm nicht
gut, dem Sven.« Ellen zerrte an ihrer ausgeleierten Strickjacke, die graue und
blaue Streifen zierten. Sie schlang beide Arme um sich. »Kalt heut, gell?«
    »Warum geht’s dem Sven nicht gut? Hat er Probleme bei der
Arbeit?«
    »Wenn ich das so genau wüsste! Ich werd nicht schlau aus ihm.
Weißt, früher war Koromar ein netter, überschaubarer Familienbetrieb. Dann
wollte der Senior in Pension gehen. Die Erben haben das Werk verkauft. Jetzt
gibt es ein japanisches Management. Seither tun’s dauernd

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