Ausgetanzt
die konzernweite Sicherheitschefin.«
»Eine Frau als Chefin der Security?« Der hochnäsige Hochfeld
hatte mehr als Bedenken in der Stimme.
Der Anzugträger nickte. »Sie haben recht, darüber haben wir uns
auch gewundert. Aber als Chefin koordiniert und plant sie mehr, als dass sie
vor Ort im Einsatz wäre.«
»Ihr wolltet ja bei dem Stratätschi-Meeting …«, fuhr Sven auf
und machte Anstalten, sich auf Möller zu stürzen.
Der Manager unterbrach ihn. »Wir hatten heute ein wichtiges
Meeting.« Der Mann sprach kühl, als wäre er der Spion, der aus der Kälte kam.
»Ein was?«
»Eine Besprechung zur künftigen Sicherheitsstrategie, Herr
Oberkommissar.« Möller stöhnte.
»Chefinspektor.«
Jetzt sah der Anzugträger blöd drein, kommentierte es aber
nicht. Stattdessen erläuterte er den Abendtermin. »Das Treffen zog sich in die
Länge. Wir hatten viele künftige Dinge abzustimmen und dann war da ein akutes
Problem zu lösen, nicht wahr, Sven?«
»Ja, ähm –«
»Das da wäre?«
»Mehr dürfen wir nicht sagen.«
»Das werden wir ja noch sehen«, beschied Hochfeld. »Wie lange
befinden Sie sich bereits im Büro?«
»Seit dem Morgen, wie mein Kollege hier aus dem Haus.« Er
deutete auf den Jeansträger. »Mehmet und Sven trafen zur Sitzung ein, wobei«,
er sah Sven an, »Herr Gerling ziemlich spät kam. Die beiden sind an unserem
Produktionsstandort in Hallstatt tätig.«
»So. Wann begann das Meeting?«
»Gegen 17 Uhr, vielleicht zehn Minuten später. Wir besprachen
die verschiedenen Punkte der Tagesordnung. Unter anderem neue Pläne der
Umstrukturierung, um noch effizienter für die Sicherheit des Konzerns zu
sorgen. Frau Starkmann hat Sven eine Stelle in Bulgarien angeboten. Es soll in
Zukunft ein Unit geben, in dem die Sicherheit in CEE gebündelt wird.«
Berenike sah zu Sven hinüber, aber der war nur mit seiner
Fliege beschäftigt.
»CEE?«, fragte Jansky.
»CEE ist die Abkürzung für Central East Europe.«
Geschliffene Aussprache, jahrelanges Training. Oxford
Englisch. Berlitz, tippte Berenike.
»Zentral- und Ost-«
»Ich verstehe schon«, konnte sich Jansky nicht verkneifen.
»Frau Starkmanns Vorschläge gefielen Sven nicht.« Möller
lachte abfällig. »Wir waren mit dem Meeting fast fertig, als sich meine Chefin
kurz entschuldigte. Sie musste wohl zur Toilette. Als sie zurückkam, lächelte
sie und meinte, wir sollten Schluss machen. Ihr sei nicht gut. Dann brach sie
ohne ein weiteres Wort zusammen. Ich …«
»Ja?«
»Ich wollte auf sie zu und sie stützen. Aber sie … sie war
bereits auf dem Boden aufgeprallt. Als ich sie ansprach, reagierte sie nicht
mehr. Mehmet hat dann sie angerufen.« Der Mann deutete auf Berenike.
»Hat jemand die Rettung verständigt?« Janskys Blicke
wanderten von einem zum anderen.
»Ich – nein – Frau Starkmann rührte sich ja nicht mehr. Ich
wollte sie umdrehen, um zu sehen, ob sie atmete. Mehmet meinte, ich solle nur
ihren Puls kontrollieren. Der war nicht vorhanden. Weder am Handgelenk noch an
der Schläfe.«
»Soso. Aha«, murmelte Jansky. Hochfeld telefonierte kurz.
Dann wandte er sich lauernd an Möller. »Wollte Frau Starkmann Sie feuern? War
sie mit Ihrer Arbeit zufrieden?«
»Natürlich war sie zufrieden mit mir.« Der Manager schlug
sich plötzlich die Hände vors Gesicht und schluchzte unterdrückt auf. »Ich habe
sie perfekt consulted.«
»Consulted?«
Möller zerrte ein Taschentuch aus dem Hosensack und wischte
sich damit über die Augen. Er schniefte. »Wenn ich’s für Sie übersetzen muss:
Consulting heißt Beratung.« Er warf das Tuch weg und heulte mit offenen Augen.
»Hat Sie Ihnen womöglich den Auftrag kündigen wollen? Ja? Und
Sie haben sie dafür so gehasst, dass Sie sie umgebracht haben?«
»Nein, natürlich nicht. Ich – wir hatten ein ausgezeichnetes
Verhältnis, Frau Starkmann und ich. Ein rein berufliches Verhältnis, wenn ich
das betonen darf.«
»Von mir aus.« Hochfeld nickte Möller zu und besprach sich
mit Jansky. Möller murmelte: »Welche Referenz hat dieses Projekt jetzt noch,
mitten im Prozess unterbrochen, das ist …«, aber keiner achtete auf ihn.
Getöse von draußen, der Amtsarzt traf mit seiner großen
Tasche ein, gefolgt von den Spurensicherern. Die weiß gewandeten Männer
verteilten Schilder im Raum. Schwarze Zahlen auf gelbem Grund. 1 – die Leiche.
2 – Frau Starkmanns Stöckelschuh. Wie in der Buchhaltung. Auf eine morbide
Weise fasziniert, sah Berenike ihnen zu.
»Bitte warten Sie
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