Ausgeweidet (German Edition)
der ähnlich wie Christian auf der Heide manchmal etwas umständlich formuliert, gibt sich sichtlich Mühe, auf den Punkt zu kommen.
»Am Vormittag hat es einen Hinweis aus der Bevölkerung gegeben, der sich als vielversprechend herausstellen könnte. Mönnekes hat nochmals Kontakt zur Presse aufgenommen, und ein gestern erschienener Artikel in der Rheinischen Post über den Ermittlungsstand hat den Vater eines kleinen Jungen veranlasst, sich zu melden. Er war letzten Freitag mit seinem Sohn im Grafenberger Wald im Wildgehege. Sie haben auf dem Parkplatz gleich am Eingang geparkt, so um sechzehn Uhr sind sie dort angekommen. Sein Sohn schreibt überall, wo er ist, die Kennzeichen der dort parkenden Autos auf. Der Vater findet das ausgesprochen lästig, denn der Kleine notiert fast zwanghaft alle Nummern. Das war um achtzehn Uhr.«
»Und?«
»Er hat mir die Autokennzeichen gemailt. Das Kennzeichen von Erika Wagner war nicht dabei.«
»Also war sie nicht im Wildgehege spazieren und hat auch nicht ihren Wagen dort geparkt. Den Spaziergang im Grafenberger Wald nehme ich ihr ab, doch wo war sie und wo war ihr Wagen?« Clemens blickt nachdenklich auf seine schwarzen Budapester, dann schaut er Flemming an.
»Hast du schon etwas rausbekommen über die Stammgäste?«
»Ja, so manches.« Hendrik räuspert sich.
»Aber reicht dir das als Ansatzpunkt, wenn ich dir sage, dass der eine oder andere auch Missbrauchsopfer ist?«
Clemens überlegt. »Nein, das alleine reicht nicht. Nur wenn noch andere Verdachtsmomente hinzukommen.«
»Ich bleibe dran«, erwidert Hendrik.
»Wenn du mehr hast, sag kurz Bescheid, dann gehen wir das unter vier Augen durch.«
In diesem Moment kommt Maria den Flur entlang. Clemens winkt sie in sein Büro.
»Ich würde gerne meine Überlegungen des letzten Tages darlegen und Oberstaatsanwältin Pia Cremer dazubitten. Maria, könntest du den anderen Bescheid sagen? Ich gehe kurz zu Kreutz.«
Die Tür steht offen, und obwohl Clemens hört, dass sein Chef telefoniert, geht er hinein. Kreutz zeigt auf seinen Besucherstuhl und führt angespannt, aber souverän das Gespräch fort. Clemens erkennt aus den Antworten und Argumenten, die Kreutz äußert, dass dieser mit dem Polizeipräsidenten spricht. Der verlangt endlich Ergebnisse und warnt vor einer Panik in der Bevölkerung und dem immer größer werdenden medialen Interesse. Doch Kreutz lässt sich nicht einschüchtern.
»Wenn wir Schneider der Öffentlichkeit nicht nur als Entführer, sondern auch noch als Mörder präsentieren und dies nicht zutreffend ist, müssen wir das zu einem späteren Zeitpunkt revidieren. Dann möchte ich nicht in Ihrer Haut stecken.«
Clemens horcht auf. Dass der Kriminalrat schon mal laut werden kann, hat er in den letzten Jahren einige Male erlebt, dass er aber den Polizeipräsidenten so unverhohlen angeht, hätte er nicht gedacht. Anscheinend war das aber der richtige Schachzug. Denn nach ein paar Höflichkeitsfloskeln wird das Gespräch beendet.
Clemens hütet sich, seinem Chef, der für ihn auch so etwas wie ein väterlicher Freund ist, ein Kompliment zu machen. Vielmehr ergreift er die Gunst der Stunde und konfrontiert ihn mit seinem Vorhaben.
Kreutz zeigt sich kritisch und überlegt, ob es nicht zu früh ist, denn der Oberstaatsanwältin müsse man schon mit was Handfestem kommen und blinder Aktionismus wäre eher kontraproduktiv.
»Ich brauche eine Hausdurchsuchung bei Erika Wagner, und zwar schnell. Das hätten wir früher machen müssen, aber bisher hatte ich keine überzeugenden Argumente.«
»Und jetzt?«, fragt Kreutz provokant.
»Jetzt habe ich eine annehmbare Theorie«, pariert Clemens.
Als er in sein Büro zurückkehrt, wartet dort bereits das Team.
»Ich brauche eventuell eure Unterstützung«, beginnt er seine kleine Ansprache. »Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Erika Wagner unter Druck setzen müssen. Und das will ich durch eine Hausdurchsuchung erreichen. Ob Pia Cremer die genehmigen wird, hängt ganz davon ab, was wir ihr argumentativ bieten können. Stellt euch bitte darauf ein.«
Dann wendet er sich Flemming zu. »Hendrik, was ist bei deiner Recherche über unsere Bogenschützin herausgekommen?«
»Nicht leicht zu beantworten. Der Pressesprecher des größten Vereins in Düsseldorf meint, dass Bogenschützen eine große mentale Stärke und körperliche Fitness brauchen, Konzentrationsfähigkeit und natürlich Zielsicherheit. Doch den Bogen zu beherrschen oder aus einem
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