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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Ich will Sie dabeihaben. Es geht um Ihre geliebten Kumpel. Pommer und Seberich.«
    Bruno trocknete sich ab und zog sich rasch an. Er steckte Kasimirs Knarre in den Hosenbund und legte sie wieder weg. Eine Sig Saur P6 sah anders aus. Die Pistole des Dealers würde auf den Langen einen schlechten Eindruck machen. Ein heißes Eisen – es konnte bei einer Straftat verwendet worden sein. Womöglich war die Waffe über ihre Nummer zur Sachfahndung ausgeschrieben.
    Als Bruno aus dem Haus trat, staunte er: Der Kriminalrat trug Jeans und Pulli. Engels private Karre war ein alter, weißer Golf – Bruno hatte einen nobleren Schlitten erwartet.
    Er sah sich um. Ein paar silbergraue Autos parkten in der Straße. Es war zu dunkel, um zu erkennen, ob jemand darin saß.
    Engel ließ den Anlasser orgeln. Die alte Karre sprang an. »Wo geht’s hin?«, fragte Bruno.
    »Ein Tünnes aus der Betäubungsmittelszene hat sich vor gut zwei Wochen einem Kumpel anvertraut. Besagter Kumpel ist Informant bei den Süchtlern. Weil der Tünnes jemanden beschuldigt, der bei uns arbeitet, habe ich mich der Sache angenommen. Nach mühsamen Verhandlungen ist der Zeuge jetzt endlich bereit, sich mit mir zu treffen. Der Tünnes ist extrem ängstlich und misstrauisch. Zwischendurch ist er völlig abgetaucht. Er glaubt, dass die Kollegen, die er belastet, Wind davon bekommen hätten.«
    »Und die Kollegen sind Max Pommer und Markus Seberich.«
    »Korrekt.«
    »Und wessen werden sie beschuldigt?«
    »Das werden wir gleich erfahren. Ich hoffe, der Tünnes wird sich uns gegenüber öffnen.«
    Engel steuerte über die Oberkasseler Brücke in Richtung Innenstadt.
    »Wie können Sie sicher sein, dass ich auf Ihrer Seite stehe und nicht brühwarm zu Pommer und Seberich laufen werde?«
    »Sie sind nicht korrupt, Wegmann. Wenn sich nur ein Bruchteil dessen bewahrheitet, was der Mittelsmann andeutet, werden Sie Ihre Freunde in völlig anderem Licht sehen.«
    »Warum haben Sie ausgerechnet mich ausgesucht?«
    Engel schwieg. Der Golf rumpelte über die Oberkasseler Brücke. Die Stoßdämpfer waren ausgeleiert.
    Bruno fragte: »Sie wollen tatsächlich den Inneren Dienst wieder einrichten? Sie glauben ernsthaft, mich überreden zu können, gegen die eigenen Kollegen zu ermitteln?«
    »Unbeliebter können Sie ohnehin nicht mehr werden. Der Innere Dienst wird Ihre Chance sein, Punkte zu sammeln. Sie sind zu intelligent, um auf einen albernen Boxkampf zu setzen. Diese Kirmesschlägerei haben Sie nicht nötig.« Der Lange schmeichelte. Der Kriminalrat wollte ihn benutzen.
    Sie durchquerten den Hofgarten und bogen in die Kaiserstraße.
    Bruno sagte: »Kann es sein, dass auch Sie unbeliebt sind? Dass Sie in der Behörde eine verdammt einsame Figur abgeben? Dass Sie schlicht und einfach keinen anderen kennen, den Sie auf Ihre Seite ziehen könnten?«
    Der Kriminalrat bog ab. Zugeparkte Straßen, Gründerzeithäuser, die Krieg und Wirtschaftswunder überstanden hatten. Eine Straßenbahn kam ihnen entgegen und bimmelte. Engel musste bremsen.
    »Wie ich schon sagte: Sie sind zu intelligent, um auf eine Schlägerei zu setzen.«
    Sie hielten vor einem renovierten Altbau. Im Erdgeschoss ein Gemüsehändler, die Schaufenster unbeleuchtet. Kein silberner Focus weit und breit.
    »Warum schauen Sie sich ständig um?«, wollte der Lange wissen.
    Er beugte sich zu Bruno herüber und holte ein Holster mit einer Sig Saur P6 aus dem Handschuhfach. Engel fragte: »Wo haben Sie Ihre Waffe, Wegmann?«
    »Im Spind der Kriminalwache. Wie immer, wenn ich nicht im Dienst bin.«
    Sie stiegen aus. Der Lange befestigte das Holster am Gürtel seiner Jeans. Bruno sah zu.
    »Was ist?«, fragte der Lange.
    »Hätte nicht gedacht, dass ich Sie mal ohne Krawatte sehe.«
    Holzstufen knirschten. Die Zeitschaltuhr der Treppenhausbeleuchtung tickte. Vor einer Wohnungstür im zweiten Stock blieb der Kriminalrat stehen. »Überlassen Sie das Reden zunächst mir.«
    Der Lange drückte die Klingel. Kein Namensschild.
    »Ist offen!«, rief eine männliche Stimme aus der Wohnung.
    Engel drehte den Knauf. Bruno folgte ihm in einen Flur, der in ein Zimmer mündete. Als sie es betraten, blickte Bruno in den Lauf eines Revolvers.
    »Stecken Sie die Waffe weg«, sagte der Kriminalrat ruhig. »Wir tun Ihnen nichts.«
    Der Mann stand vor dem Fenster. Seine Augenbrauen waren zugepflastert, sein linker Arm ruhte in einer Schlinge. Sein Atem ging kurz und oberflächlich, als seien die Rippen gebrochen. Der geblümte Vorhang

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