Ausgezählt
Gruß an die Krawattenschwuchtel.«
Bruno ahmte Pommers Zwinkern nach. »Ihm wird einer abgehen.«
Max prustete los. Bruno schob die Protokolle in seine Jacke und wandte sich zum Gehen.
Der KK-33-Leiter rief ihm hinterher: »Noch mal vielen Dank, dass du mir und Richie neulich geholfen hast!«
Es klang wie eine Drohung in Brunos Ohren: mitgegangen, mitgefangen.
Die Mietshäuser des Gerresheimer Glashüttenviertels kamen ihm muffiger und armseliger vor denn je.
Bruno stieg knarrende Stufen empor. Es müffelte nach Kohlrouladen und Katzenpisse. Vor Janssens Tür ein Karton mit leeren Flaschen, die darauf warteten, zum Container gebracht zu werden – Doppelkorn und billiger Weinbrand. Bruno konnte nachvollziehen, dass die Tochter sich für ihr Leben etwas anderes erhoffte.
Er klingelte. Hannah brauchte keine fünf Sekunden. Unter der schicken Lederjacke trug sie den Helferinnenkittel.
»Du bist viel zu spät dran. Ich werde Ärger kriegen.«
Sie stiegen in den Saab. »Wie war’s beim Autohändler?«, fragte Bruno.
»Die Heroingeschichte trifft ins Schwarze. Ich habe mitgekriegt, wie Schott es heimlich verteilt hat.«
»Kein Koks?«
»Das wurde rumgereicht wie immer. Aber es gab auch H. Die Leute haben es geschnupft. Durch die Nase wirkt es nicht sofort, aber man kriegt keine Infektionen wie beim Spritzen. Laut Schott entspannt es total und hat weit weniger Nebenwirkungen als ein Tranquilizer.«
»Das glaubt er doch selbst nicht!«
»Sein Stoff ist hundertprozentig frei von Zusätzen, sagt er. Reinstes Öko-H.«
»Du hast doch nichts davon genommen?«
»Ich doch nicht. Dein Special Agent musste wach bleiben, um rauszukriegen, wer all deine Freunde ermordet hat.«
»Und?«
»Es soll jemanden geben, der Schott oder ein paar von seinen Freunden derzeit tierisch auf den Wecker geht.« Hannah stellte ihre Lippen schief und musterte ihn. »Meinen die etwa dich damit?«
»Erzähl weiter!«
Das Mädchen stemmte die Turnschuhe aufs Armaturenbrett und blickte auf die Häuserzeilen, die vorbeizogen. Sie passierten das Vereinsheim. »Ich hab gehört, wie Schott gesagt hat, wenn dieser durchgeknallte Bulle noch einmal Ärger macht, würde er den Gitarristen verständigen, wie damals.«
»Den Gitarristen?«
»Zitat Ende.«
»Wer soll das sein?«
»Keine Peilung. Jemand fürs Grobe, denk ich.« Hannah machte die Geste des Kehledurchschneidens.
Bruno ergänzte: »Oder der Drahtzieher des Ganzen, der Kerl, der die Leute fürs Grobe losschickt. Der Auftraggeber des angeblichen Amokläufers, der meinen Partner erschossen hat.«
Er hielt vor dem Eingang zur Praxis.
Das Mädchen sagte: »Heute Abend proben wir für die Modenschau. Ich werd mich weiter umhören. Hast du was Coke da, mit dem ich die Zungen lockern könnte?«
»Nein. Versuch’s mit deinem Charme. Und sei vorsichtig!«
»Ja, großer Bruder.« Sie stieg aus und humpelte, als sei ihr Fuß verstaucht. »Wie sieht das aus?«
»Oscarreif.«
Keine Verfolger auf dem Rückweg, kein Eindringling in seiner Wohnung.
Bruno rief in der Kriminalwache an. Die Spätschicht hatte bereits begonnen. Wie er vermutet hatte, ging Onkel Jürgen ran, der meistens an den Monitoren und Telefonen saß.
»Du bist doch Fachmann in der Welt der Popmusik«, schmeichelte Bruno.
»Kommt drauf an.«
»Sagt dir der Name Schott etwas? Siegmar Schott?«
»Klar. Der Prophet des Techno, so lässt er sich nennen. Seine Band hatte in den Achtzigern ein paar Hits. Er betreibt ein Tonstudio und scheint damit die große Kohle zu machen. Ich hab ihn neulich im Everest gesehen. Lauter Models um ihn rum. Manchmal frag ich mich, was ich falsch mache.«
»Weißt du, wie der Gitarrist seiner Band hieß?«
»Da gab’s keine Klampfen. Die Jungs spielten nur mit Keyboards und Computern. Pioniere der synthetischen Popmusik. Vorläufer des Techno. Du müsstest die Sachen doch noch kennen.« Der Onkel stimmte ein Lied an. Irgendwer im Hintergrund sang mit. Es klang monoton, der Reim erinnerte an ein Kinderlied.
»Kennst du sonst einen Gitarristen, mit dem Schott zu tun hat?«
»Nö. Vielleicht gibt es einen unter den Kunden seines Studios. Wobei in dieser Stadt mehr für die Werbung produziert wird als für Plattenaufnahmen.«
»Ich danke dir.«
»Wofür willst du das wissen? Gehört das zu deinem neuen Job beim Inneren Dienst?«
»Glaub nicht alles, was die Datentante verbreitet.«
»Du scheinst sie ziemlich geärgert zu haben.«
»Eine meiner leichtesten Übungen. Du kennst mich
Weitere Kostenlose Bücher