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Ausländer

Ausländer

Titel: Ausländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baumhaus
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Elsbeth.
    Sie setzte sich an den Küchentisch. »Hast du ein Gespenst gesehen?«, fragte sie. »Du bist ja leichenblass.«
    Peter antwortete nicht, sondern hob die Kaffeetasse an die Lippen, aber seine Hand zitterte so sehr, dass er nicht trinken konnte, ohne etwas zu verschütten.
    »Um Himmels willen, was ist denn los?«, fragte sie.
    Er erzählte ihr nicht viel. Nur, dass ein guter Freund auf der Flucht vor der Gestapo sei und diese vielleicht auch mit ihm sprechen wollte.
    »Da wird Vater ja mächtig stolz auf dich sein«, meinte Elsbeth höhnisch. »Kannst du mir mal erklären, was hier eigentlich vorgeht?«
    Jemand pochte an die Tür. Peter war wie versteinert und brachte kein Wort heraus.
    »Wenn sie es sind, sage ich, du bist nicht da. Geh und versteck dich in deinem Zimmer«, flüsterte sie.
    Trotz seiner Todesangst empfand Peter Dankbarkeit für diese unerwartete Unterstützung, obgleich er ihr immer noch nicht recht traute.
    Elsbeth ging zur Tür und zog auf dem Weg schnell ihren Mantel wieder an. »Einen Moment«, rief sie. Draußen standen ein Beamter in Zivil – vermutlich von der Gestapo – und ein Polizist. Der Gestapomann war höflich. »Guten Tag, Fräulein. Wir möchten mit Peter Bruck sprechen. Wie wir wissen, wohnt er hier.«
    »Ich komme gerade aus der Kirche«, sagte Elsbeth. »Ich glaube nicht, dass er zu Hause ist. PETER !«, rief sie. »Nein … Er ist heute Morgen zu einer HJ -Versammlung in Pankow gegangenund kommt erst später heim. Wann genau, weiß ich nicht«, erklärte sie achselzuckend.
    »Sie haben sicher Verständnis dafür, dass wir die Wohnung durchsuchen müssen«, sagte der Gestapomann.
    »Nein, das habe ich nicht im Geringsten. Mein Vater, Professor Franz Kaltenbach vom Kaiser Wilhelm-Institut, ist mit streng geheimen Forschungen befasst. Er arbeitet oft zu Hause und würde niemandem gestatten, in seiner Abwesenheit unsere Wohnung zu durchsuchen.«
    »Vollkommen verständlich, Fräulein«, sagte der Mann. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn mein Kollege hier wartet, bis Peter Bruck zurück ist?«
    »Kommen Sie rein«, sagte Elsbeth zu dem Polizisten, als der Gestapomann sich zum Gehen wandte. »Sie können sich in den Flur setzen.« Damit wies sie auf einen dekorativen Stuhl mit hoher Lehne, der in der zugigsten Ecke stand und ganz besonders unbequem war. »Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, wann er wiederkommt.«
    Der Mann war charmant. »Und wo arbeiten Sie?«
    »In der Nähe vom Halleschen Tor«, entgegnete sie kühl.
    »Und was arbeiten Sie?«
    »Nichts Aufregendes.«
    Peter hatte sich auf dem breiten Fenstersims hinter den Gardinen in seinem Zimmer versteckt. Die Nische war gerade groß genug, um aufrecht stehen zu können. Ein besseres Versteck war ihm auf die Schnelle nicht eingefallen, obwohl er von Anfang an gewusst hatte, dass es heikel war. Er hatte den anderen Mann weggehen hören, auf die Straße hinuntergesehen und verzweifelt gehofft, dass der Mann nicht nach oben blicken würde, wenn er aus der Tür trat. Ein paar Kinder an einem Fenster auf deranderen Straßenseite winkten ihm zu. Er lächelte ihnen flüchtig zu und winkte halbherzig zurück, während er gleichzeitig kaum zu atmen wagte.
    Der wartende Polizist wurde langsam unruhig. Immer wenn Elsbeth durch den Flur ging, versuchte er sie in ein Gespräch zu verwickeln.
    »Macht durstig, auf Leute zu warten«, sagte er.
    Elsbeth war nicht gewillt, ihm einen Kaffee anzubieten. »Das kann ich mir vorstellen.«
    Um zu verhindern, dass ihm die Beine einschliefen, verlagerte Peter sein Gewicht ein wenig. Dabei stieß er mit dem Fuß das Spielzeugauto mit Hitlers Gefolgsleuten vom Fenstersims. Scheppernd fiel es zu Boden.
    Der Polizist sah Elsbeth an. »Ach, Frieda!«, rief Elsbeth und erwiderte achselzuckend seinen Blick. »Wir haben eine Katze.«
    »Miez, miez, miez.« Der Polizist versuchte die Katze zu locken.
    »Sie mag keine Fremden«, sagte Elsbeth.
    Langsam geriet sie in Panik. Ihr Vater würde bald zurückkommen. Er würde wissen, dass Peter nicht bei einer Versammlung war. Und er würde ihn wohl kaum schützen wollen. Elsbeth wusste, dass sie ein hohes Risiko einging. Sie konnte verhaftet werden, weil sie »einem Staatsfeind« geholfen hatte oder wie auch immer die Anklage lauten mochte. Möglicherweise brachte man sie sogar nach Sachsenhausen oder Plötzensee. Ob Frau Doktor Magnussen zu gegebener Zeit wohl ihre Augäpfel zugeschickt bekommen würde? Und ob ihr Vater bei der Arbeit zufällig darauf

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