Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausradiert: Thriller (German Edition)

Ausradiert: Thriller (German Edition)

Titel: Ausradiert: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
Vom Netzwerk:
Beweise zu sammeln, bis eine Theorie Gestalt annahm. Aber manchmal ging er auch anders vor, begann mit einer Eingebung – wie an jenem letzten wilden Tag des Falls Reasoner.
    Nachdem er die Bedeutung der Dr.-Tulp-Postkarte erkannt hatte, war Petrov systematisch vorgegangen, hatte alle Orte ermittelt, an denen sie verkauft wurde, erfahren, dass es allein in Südkalifornien Hunderte davon geben mochte.
    Aber als weniger als vierundzwanzig Stunden nach der Leiche Nicolette Levys die von Lara Deems auftauchte, hatte er den systematischen Ansatz fahrenlassen, war in sein Auto gesprungen und zum Getty gerast. Warum das Getty? Weil dieses Museum etwas Grandioses besaß, ebenso wie die Verbrechen etwas Grandioses hatten, so, als würde der Mörder eine bedeutende Aussage machen. Das war der nichtsystematische Weg; man konnte ihn religiös nennen.
    Die Postkarte wurde im Museumsladen verkauft. Petrov fragte, ob sich jemand daran erinnern konnte, mehr als eine an denselben Kunden verkauft zu haben.
    Hat Jerry nicht erst gestern ein paar gekauft?
    Jerry?
    Jerry Reasoner. Einer der Museumswärter.
    Reasoner stand allein in einer Marmornische vor der Skulptur zweier griechischer Ringer, als Petrov ihm auf die Schulter tippte und sagte: »Dr. Tulp?« Reasoners Schultern sanken wie unter einer schweren Last herab. Ihn erschießen, während er sich der Verhaftung widersetzte, Juwan Barnes’ Vorschlag und der einiger anderer? Unmöglich. Dazu hätte Petrov zumindest ein bisschen Widerstand benötigt, und Reasoner, obwohl er auf nicht schuldig plädierte und nichts gestand, hatte keinen geleistet.

    Das Hämmern in Petrovs Kopf schwand, hinterließ einen Leerraum, leer, doch irgendwie schwanger, wie eine unbenutzte Schallkammer. Hinter der Ausfahrt nach St. Dimas wurde der Verkehr schwächer, und Petrov klappte sein Notizbuch zu. Mit der Frage, wenn es denn eine Frage war, nach Frank Kostelnik hatte er sich nicht mehr beschäftigt. Elaines Vater war der Footballtrainer von Lizas – und Laras – Vater gewesen, was bedeutete, dass die drei Mädchen in derselben Stadt aufgewachsen waren. Hatte Elaine jemals Barstow oder ihren Vater erwähnt? Nicht, dass er sich erinnerte. Hatten die Mädchen sich gekannt? Wenn ja, war das von Bedeutung? Passte es in eine der Kategorien – Bekannt, Fragen, Vermutungen, Entfernte Möglichkeiten? Er konnte es nicht erkennen, egal, welche Methode er einsetzte, systematisch oder religiös. Eine Hand am Steuer, klappte er sein Notizbuch auf und kritzelte: Elaine, L & L, Barstow, uncodiert. Dann schob er Retards Picnic in den CD-Player.
    And you don’t even know
    What’s buried in your yard
    Retard.
    »Retard, retard«, sang eine männliche Stimme im Hintergrund, lieblich und schwerelos wie die eines Chorknaben, »in your yard, in your yard.«
    Dann mehr unverständliches Murmeln, ein dröhnendes Solo, eine weitere Strophe, der Abschluss, abgehackt und krachend, währenddessen er bemerkte, dass die hübsche kleine Gitarre noch immer im Hintergrund weiterspielte, vielleicht die ganze Zeit gespielt hatte. Petrov hörte sich das Lied noch einmal an und befand, dass er es mochte. Und noch einmal, diesmal gefiel ihm sogar das Dröhnen und Krachen. Er drückte auf die Repeat-Taste und arretierte sie.
    Mittlerweile war er fast in Pasadena, eine halbe Stunde vor Glendale, wenn der Verkehr so blieb. Kathleen wohnte in Pasadena, Kathleen und Dmitri. So musste man wohl sagen, da er das Schlafzimmer im ersten Stock jetzt als Büro nutzte. Dmitri lebte in Pasadena – ständig. Sie besaßen ein hübsches Haus am Hang eines Hügels, mit rotem Schindeldach und einer Ziegeltreppe, die zur Eingangstür hinaufführte. Man nahm Ausfahrt 84.
    Petrov hatte diese Treppe immer gefallen. Ausfahrt 83 flog vorbei.
    And you don’t even know
    What’s buried in your yard
    Retard.
    Jetzt konnte er mühelos die akustische Gitarre verfolgen, tatsächlich, sie war ganz deutlich. Wie konnte er sie überhört haben? Das war ein großartiges Lied. Petrov sang gerade laut mit, als er feststellte, dass er Ausfahrt 84 genommen hatte.
    Nicht nur das, er fuhr Kathleens Straße entlang, bremste wahrhaftig vor ihrem Haus ab. Petrov hielt an. Er saß dort, fragte sich zunächst Was mache ich hier?, dann nahm er seine Umgebung deutlich wahr: die beiden kleinen Orangenbäume auf dem gemähten, abschüssigen Rasen; die lange Ziegeltreppe; Blumentöpfe, die, von gelben Blumen überquellend, beiderseits der Haustür standen. Es war reizend,

Weitere Kostenlose Bücher