Aussortiert
zum Tatort gelockt?
Dubiose Verstrickungen eines
Polizisten.
Hat die Polizei etwas zu
verschweigen?
Bekam Kistner keinen
ausreichenden Schutz?
Ausgerechnet die
Schweinezeitung blieb relativ moderat, erschien mit Trauerflor und der
Zeile:
Tod eines Unerschrockenen.
Ahmed sah sich in der Wohnung
Kistners um, nahm sich dessen zwei Notebooks mit. Später wurde
festgestellt, daß sie dieselben Dateien enthielten wie der Büro-PC,
nur nicht die neuesten Updates.
Kistner besaß eine
wunderschöne Penthousewohnung in Mitte, mit Whirlpool unter
Plexiglasdach, Ausblick auf den Gendarmenmarkt und insgesamt vier (!)
kleinen Wintergärten. Es fand sich sonst kaum Interessantes. Kistner
hatte keine Hinterbliebenen zurückgelassen, ein Testament
ebensowenig. Wie so viele seines Schlages schien er sich für
unsterblich gehalten zu haben.
Nabel nahm sich nochmal Frau
Hagenbeck vor. Wollte wissen, woran Kistner zuletzt gearbeitet habe. Die
Frau konnte ihm kaum in die Augen sehen, sie war von den Reportern unter
Druck gesetzt worden, mit sicher nicht unerheblichen Summen.
Kistner sei überall
gleichzeitig gewesen, habe Augen hier und Ohren dort gehabt, immer auf der
Jagd nach dem Detail, ein obsessiver Wühler. In Vorbereitung bzw. auf
Halde lagen einige Klatschgeschichten, die auf den passenden Anlaß
warteten, gedruckt zu werden.
Kistner habe ihr nicht alles
erzählt, eigentlich nur sehr wenig, er sei ein tief mißtrauischer
und, was kaum jemand wußte, sensibler Mensch gewesen. Manchmal habe
er Andeutungen gemacht, welches Chaos er lostreten könnte, wenn ihm
alles egal wäre, sein Lieblingsausruf sei gewesen: ›Sumpf und
Hölle!‹
»Haben Sie ihn gemocht?«
Frau Hagenbeck zog ihre Stirn
in noch mehr Falten. »Natürlich hab ich ihn gemocht. Gut, er
konnte manchmal sehr herrisch sein und jähzornig. Dann wieder ganz
sanft und zuvorkommend. Jimmy hatte Angst, Angst vor dem Alter, wissen
Sie? Angst, die Lust und die Leidenschaft zu verlieren, die innere Rakete,
wie er das nannte. Angst vor der Altersmilde. Dabei war er gerade fünfzig.«
»Verstehe. Er hatte
sicher viele Feinde?«
»Nein, gar nicht so
sehr. Er war schnell zu Versöhnungen bereit, und wissen Sie, nicht
wahr, es bedeutete eine gewisse Ehre, von ihm angegriffen zu werden. Wenn
er irgendwann zu weit gegangen war, merkte er das und fuhr einen
Schmusekurs. Das Spiel, wenn Sie so wollen, beinhaltete ja, daß er
es sich mit niemandem völlig verdarb. Bestimmt gab es Menschen, die
so eitel waren, daß sie mit ihm grundsätzlich nichts zu tun
haben wollten, dafür zeigte er letztendlich Verständnis und fast
so etwas wie Respekt. Zuwider waren ihm schleimerische Halbpromis, die um
seine Gunst warben, das konnte er nicht ab. Er hatte ein untrügliches
Gespür für Stil und konnte seine Feinde bewundern, solange sie
Haltung bewahrten.«
Nabel hörte der
Heiligsprechung gelangweilt zu, machte nur wenige Notizen und fuhr aufs
Revier zurück.
Taucher suchten den Kanal
nach dem schweren Gegenstand ab, mit dem Kistner durch stumpfe Gewalt außer
Gefecht gesetzt worden war, bevor man ihn ertränkt hatte. Eine übertriebene
Maßnahme, aber man wollte sich nicht untätig zeigen. Wie durch
ein Wunder fand man in drei Metern Entfernung vom Ufer den Ziegelstein,
sogar mit Hautfetzen des Opfers daran, aber der Ziegelstein war ein
Ziegelstein, auf keine Weise spezifizierbar.
Lidia war dabei, die Daten
von Kistners PC auf einen anderen PC zu laden, für alle Fälle.
Der Täter hätte
zwar ein enormes Hacker-Knowhow haben müssen, um in destruktiver
Weise auf die Daten der Festplatte einzuwirken, aber sicher war sicher.
Jede Menge heruntergeladene
Pornobildchen mußten gesichtet werden. Es fand sich darunter nichts
Abartiges oder Verbotenes. Es gab nur drei codierte Word-Dateien, die
Lidia an die um Hilfe gebetenen Spezialisten vorn BKA sandte und schon
nach wenigen Stunden entschlüsselt zurückbekam.
Nabel befahl ihr, das alles
mal ausdrucken zu lassen, er wolle sich damit beschäftigen, aber
nicht am Bildschirm, da bekomme er Kopfschmerzen.
Lidia ließ die knapp
4000 Seiten ausdrucken, was sich über Stunden hinzog. Inzwischen
wurde das Täterprofil in Lidias Sinne verändert.
Gloria in excelsis. Wer
excelsis richtig schreibt, ist nicht ganz ungebildet.
Das könne der Täter
doch einfach nachgesehen und abgeschrieben haben, warf Nabel
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