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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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einen
     klaren Gedanken zu fassen.
    »Schön. Ich
     vertraue dir. Auf Teufel komm raus, wenn die Hölle gefriert. Und wenn
     du mich angelogen hast, mußt du mich heiraten.«
    »Abgemacht.«
    »Wer ist dieser David
     P.? Hast du was mit ihm?«
    »Nee. Er wollte zwar,
     aber ich wollte nicht.«
    »Sag mir seinen vollen
     Namen. Bitte.«
    »David Pfeifer. Fährt
     Streife. War früher beim Drogendezernat, dann mußte er
     wechseln. Laß ihn in Ruhe, ja? Ich hab die Verbindung zu ihm
     gekappt. Er hat mir das Koks immer weit unter Marktpreis verkauft.«
    Nabel holte noch einmal tief
     Luft. »Sumpf und Hölle!«
    »Was?«
    »Lidia, begreifst du,
     auf welchem Pulverfaß wir hier sitzen? Die Datumsangaben hinter den
     Namen – Kistner hat Buch geführt, wer hier wann beliefert
     wurde.«
    »Aber –
     entschuldige, das hat doch mit unserem Fall gar nichts zu tun. Kann uns
     egal sein.«
    »Ja?« Nabel hörte
     sich den Einwand an, wie jemand, der gerade aus einem Alptraum aufwacht
     und feststellt, es war nur ein Traum. »Mag sein. Vielleicht.
     Entschuldige. Ich funktioniere nicht mehr richtig. Sag mir, was soll ich
     mit diesen Dateien nun machen? Untern Tisch fallen lassen geht nicht.«
    »Nein, aber daß
     das was mit Drogen zu tun hat, zu tun haben könnte, hab ich dir erzählt.
     Da wärst du von selbst nie drauf gekommen.«
    »Ist ja auch noch gar
     nicht restlos klar. Nur eine Theorie. Okay, ich stell mich doof. Die
     Dateien bleiben erstmal unter Verschluß. Nun beruhige dich wieder.«
    Lidia zitterte. Man sah es,
     wenn man ihre gepflegten Fingernägel betrachtete.
    Jemand klopfte an die Tür.
    Nabel legte den Finger auf
     die Lippen und ging öffnen. Draußen stand Ahmed.
    »Hab ich euch beim
     Koitieren gestört?«
    »Klappe, ja? Gibts was
     Neues?«
    Ahmed verneinte. Kein in
     dieser Stadt verurteilter Hacker sei in den letzten Jahren durch physische
     Gewalt auffällig geworden, jedenfalls nicht über kleine Schlägereien
     hinaus.
    »Sag mal, sagt dir
     Tevaubete etwas?«
    »Nö. Was soll das
     sein?«
    »Nur ne Frage.«
    »Meinst du vielleicht
     Tivibiti?«
    Nabel wurde kleinlaut.
     »Schon möglich, warum?«
    »Die spielen diesen
     Monat in der Columbiahalle.« Ahmed vollführte ein paar
     Tanzschritte.
    »Echt? Würdest du
     uns vielleicht in den Stand der Gnade setzen?«
    »Womit?« Ahmed
     rieb sich den Bauch.
    »Tivibiti. Was ist das?«
    »Ne Hip-Hop-Band.
     Schwer angesagt.«
    »Danke. Ist das eine
     Abkürzung oder wie?«
    »The Very Big Thing.
     Seit wann interessierst du dich für sowas?«
    Am nächsten Tag besuchte
     Nabel erneut Frau Hagenbeck.
    Kein Testament, keine letzte
     Verfügung. Kistner mußte sich extrem sicher fühlen, wenn
     er ein very big thing laufen hatte und es nicht für nötig fand,
     irgendwo etwas zu hinterlegen.
    Nabel rief Dr. Dr. Ewers an.
     Die Obduktion hatte ergeben, daß der Tote zu Lebzeiten zwar regelmäßig,
     doch nicht übertrieben viel Kokain konsumiert haben mußte,
     über einen längeren Zeitraum hinweg.
    Was zu erwarten gewesen war,
     schließlich wollte Kistner Zugang zu den Kokskreisen der Society
     erhalten. Das konnte man gutwillig unter Recherche abbuchen.
    Auf die Frage, ob sie etwas
     über Kistners Verhältnis zu Genußgiften aller Art wisse,
     reagierte Frau Hagenbeck abweisend, darüber sei ihr ja nun gar
     nichts, nein, überhaupt nichts bekannt.
    Konfrontiert mit dem
     Obduktionsbericht, meinte sie recht schnippisch, ein Pathologe könne
     in einen Menschen hineinsehen, sie leider nicht.
    »Und er hat nie von
     einem großen Ding, ich meine, Projekt geredet, das er am Laufen
     hatte?«
    »Nein. Ich war nicht
     seine Geliebte, nur seine Schreibkraft.«
    »Wer war denn seine
     Geliebte?«
    »Die Arbeit.«
     Frau Hagenheck sagte es mit denn Brustton der Überzeugung, es kam
     einer Fanfare gleich.
    Nabel bemerkte, daß im
     Büro ein Foto des Toten hinter Glas hing.
    »War er vielleicht
     schwul? Oder bi?«
    »Woher soll ich das
     wissen?«
    »Na, ein bißchen
     was müssen Sie doch wissen.«
    Die Frau wehrte sich nach Kräften,
     mit Händen und Füßen, Gedanken und Worten. Nabel zielte
     auf ihre Eitelkeit und meinte, daß sie so gar nichts wisse, lasse
     einzig den Schluß zu, Kistner habe keinerlei Vertrauen zu ihr
     gehabt. Dies wollte sie denn doch nicht auf sich sitzen lassen.
    »Es gibt, es gab Gerüchte,
     gut, nur Gerüchte, daß er gerne … ach … Frauen,
     junge Frauen von der Straße … das wurde hie und da
     kolportiert. Mehr

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