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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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worden.«
    »Weswegen?«
    »Das wissen Sie
     bestimmt.«
    Nabel wußte es, er
     hatte in den Personalakten geblättert. Verbotenerweise. Pfeifer war
     letztes Jahr dabei erwischt worden, wie er nach einer Razzia ein Tütchen
     einschob. Man hatte die Sache nicht an die große Glocke hängen
     wollen, hatte Pfeifer nahegelegt, den Kriminaldienst aufzugeben, für
     einen Posten bei der Streife. So die offizielle Version.
    Nabel glaubte nicht recht
     daran. Welcher Bulle wird je dabei erwischt, wenn er ein Tütchen
     einschiebt? Und gesetzt den Fall, daß – wozu Milde walten
     lassen? Seiner Meinung nach war es möglich, daß man für
     Pfeifer eine Legende erfunden hatte. Vielleicht war er inzwischen bei der
     Polizei der Polizei und bot Kollegen Drogen an, als Lockvogel mit geschwärzter
     Vergangenheit. Ob er dabei nur im Auftrag arbeitete oder auch für die
     eigene Tasche, blieb undurchschaubar. Vielleicht, diese Möglichkeit
     bestand, war er tatsächlich zum Streifendienst abgestellt worden, und
     Nabel geheimnißte in diesen verkorksten Typen unnötig was
     hinein.
    »Wie auch immer. Sie können
     mir beispielsweise erzählen, was mit beschlagnahmten Stoff geschieht.
     Solchem Stoff, den die Zwischenhändler nicht erst noch strecken müssen.«
    »Wandert in die
     Asservatenkammer.«
    »Und dann?«
    »Wird er vernichtet.
     Irgendwann, nach justiziellem Beschluß. Verbrannt auf freiem Feld.«
    »Schade eigentlich.«
    »Naja. Ansichtssache.
     Kommen Sie, Nabel, was wollen Sie von mir?«
    »Wo?«
    »Wo was?«
    »Wo werden die Drogen
     verbrannt?«
    »Weiß ich gar
     nicht so genau. Irgendwo bei Hannover.«
    »Und bis dahin lagern
     sie wo?«
    »Hab ich schon gesagt.
     In einer besonderen Asservatenkammer im LKA.«
    »Wer hat da Zutritt?«
    »Keine Ahnung. Wenige,
     nehm ich an.«
    Nabel fand, es sei genug.
     Weiter in diesen Menschen zu dringen, konnte er sich sparen. Pfeifer
     zeigte mit jedem Blick, daß er sich belästigt fühlte.
    »Gut. Mehr wollte ich
     gar nicht wissen. Unser Treffen hat nie stattgefunden.«
    »Wenn Sie das sagen.
     Soll mir sehr recht sein.«
    »Auf Wiedersehen.«
    »Schönen Abend
     noch.«
    Nabel trat auf die
     Gneisenaustraße mit ihren wundervoll breitstämmigen Pappeln.
     Ein Hauch von Paris lag in den Baumkronen, das Parfüm der großen
     Boulevards. Ihm fiel ein Satz ein, den Lidia kürzlich gesagt hatte.
    »Bessere Hackprogramme
     als unsere gibts nicht.«
    Nabel sah zum Mond hinauf.
     Phantasierte er sich da etwas zusammen? Verfolgte er ein haltloses
     Hirngespinst?
    Anita Tschutschelow, geborene
     Gräfin von Schönfels, strich zur gleichen Zeit zärtlich
     über den Kopf ihres Chauffeurs, der die Limousine auf einem beinahe
     unbeleuchteten Parkplatz der Berliner Stadtautobahn abgestellt hatte, in
     der Hoffnung, sich von ihr vor Feierabend noch einmal mit dem Mund
     befriedigen zu lassen. Stattdessen entstand nach und nach eine ihm
     unangenehme Diskussion.
    »Ich hab mit Ümal
     geredet. Er mochte mich. Glaub ich.«
    »Gut.«
    »Er will dich bald mal
     treffen. Du mußt Eindruck machen, hörst du?«
    »Gut. Mach ich.«
    »Übrigens. Dieser
     Pfeifer ist mir eklig geworden. Unerträglich. Können wir den künftig
     entbehren?«
    Der Chauffeur richtete sich
     auf, nahm Anitas Hand von seinem Nacken. »Muß das sein? Er ist
     immerhin Bulle.«
    »Er weiß zuviel.
     Son Riesenbulle ist er ja auch nicht.«
    »Keine Ahnung, der Kerl
     hat mir nie gefallen. Anita, wir müssen aufpassen. Später
     vielleicht. Laß uns erstmal das Notwendige erledigen. Erst die
     Pflicht, dann die Kür. Einverstanden? Wozu ohne Grund eine zweite
     Front eröffnen?«
    »Du bist so verdammt
     vernünftig, Ruslan!«
    »Das soll doch bitte
     kein Vorwurf sein? Ich bin genau das, was du brauchst, Anita.«
    »Weiß ich ja.
     Ganz klar! Ich bin unvorsichtig und böse, du bist vernünftig und
     hast Ehrgeiz. Igor macht sich bestimmt schon Sorgen. Laß uns fahren!«
    »Bist du jetzt sauer?«
    »Nein. Wir fahren
     einfach nur heim. Ich bin müde.«

 
    10
    Am nächsten Tag ließ
     Nabel sich einen Termin geben, um die Asservatenkammer für
     beschlagnahmte Rauschgifte zu besuchen. Dies bedurfte der schriftlichen
     Empfehlung Dr. Seidels, der ihm ein berufliches Interesse konzedieren mußte.
     Seidel tat das widerwillig, er fand, daß es purer Zeitverschwendung
     gleichkam, in diese Richtung zu ermitteln.
    Nabel betrat das Tempelhofer
     LKA, mußte drei Formulare ausfüllen und eine wenn auch moderate
    

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