Aussortiert
Rampenlicht zu suhlen. Selbst
dieser Bagage schien der Fall nicht wert, auch nur mit der Beißzange
angefaßt zu werden.
»Ahmed, du kannst dich
jetzt wieder umdrehen. Haben wir eigentlich eine Liste der Gäste?«
»Gäste?«
»Gäste, die
samstagabend in der Festen Burg waren. Womöglich hatte er es auf ein
bestimmtes Opfer abgesehen.«
»Nee, ham wa nich. War
niemand sonderlich Auffälliges dabei, die gingen alle anonym nach
Hause.«
»Scheiße. So eine
Nachlässigkeit!«
Lidia trat zwischen die
beiden, mit gesenktem Kopf. »Das ist er nicht.« Lidia flüsterte
nur, als fürchtete sie, zu dezidiert zu klingen.
»Sicher?«
»Nein, gar nichts ist
sicher. Aber wenn du mich fragst – keines der Opfer ging auf sein
Konto. Ich sahs an seinem Blick.«
»Irgendwie hat er mit
der Sache zu tun, sonst würde er doch reden.«
»Ich weiß es
nicht, Kai. Vielleicht.«
In eines von Lidias übermüdet
flackernden Augen hatte sich eine Träne gestohlen, die sie unauffällig
wegzuwischen suchte. Nabel haßte seinen Job und nahm Lidia in den
Arm. Sie wehrte diese Geste brüsk ab und verließ, ohne noch
etwas zu sagen, das Gebäude.
»Ja was? Was hat sie
denn? Fährt sie ohne uns?« Ahmed sah ihr entgeistert hinterher.
»Sieht so aus.«
»Ihr gehts nicht gut,
was?«
»Wird schon wieder. Laß
sie in Ruhe und fahr mich ins Präsidium. Ich muß verhindern, daß
Seidel sich vor die Mikrofone stellt und Viktoria schreit.«
»Klar, Chef. Wer ist
Viktoria?«
»Was?«
»Nur n Scherz.«
14
Seidel war schwer davon
abzuhalten, eine Pressekonferenz einzuberufen. Er strahlte übers
ganze Gesicht und ignorierte jeden Zweifel, den Nabel zu erwähnen
wagte.
»Warum so defätistisch?
Ich finde das Beweismaterial hervorragend.«
Nabel war anderer Meinung.
»Wir sollten uns vor einer Blamage hüten, bitte, einer meiner
Leute verfolgt eine Spur, die uns auf die Identität des Mannes
bringen könnte. Bitte! Noch einen Tag! Einverstanden?«
Es ging viel schneller. Ahmed
benötigte knapp viereinhalb Stunden, bevor er fündig wurde. Was
folgte, war eine herbe Enttäuschung.
»Das ist, fürchte
ich, nicht unser Killer, Chef. Lidia hatte leider mal wieder recht.«
»Was hast du
rausbekommen?«
»In der Kartei war er
nicht zu finden. Aber dann ist mir plötzlich was eingefallen, und ich
hab mir die Akte zukommen lassen. Mein Gedächtnis sollten Sie bei
Gelegenheit mal schwer loben, Chef. Vor allen Leuten.«
»Ich werde dir
huldigen! Weiter!«
»Der Kerl heißt
Murat Kursun. Er hat für alle Morde ein Alibi. Und gleich noch ein
echt gutes. Kursun kommt frisch ausm Krankenhaus. Seit vier Tagen
entlassen. Hat ein halbes Jahr im Koma gelegen wegen schwerer Körperverletzung.
Nicht von ihm, sondern an ihm begangen. War Türsteher im
Francis-Club. Daher kannte ich ihn. Einer, den er nicht reinlassen wollte,
hat ihm vor Wut ne Flasche auf dem Kopf zerschlagen. Der Kerl ist mit zwei
Jahren auf Bewährung davongekommen.«
»Was bedeutet das
alles?«
Die Frage richtete Nabel wie
einen Hilferuf in die Runde seiner Leute. Die meisten sahen zu Boden, der
Rest an die Decke.
Seidel kreuzte am frühen
Abend auf, telefonisch vom neuerlichen Rückschlag unterrichtet, den
er ohne Palaver partout nicht hinzunehmen bereit war. Man könne
jemanden wie diesen Kursun schlicht nicht laufen lassen. Völlig unmöglich,
das sei ein Stecken mit soviel Dreck dran, dem müsse man irgendwas
nachweisen können. Mehr oder minder subtil deutete er an, ein
Kriminaler, der das nicht fertigbringe, habe den falschen Beruf ergriffen.
Nabel biß sich mehrmals
auf die Zunge.
Seidel redete sich in Rage,
verlor die Beherrschung und schreckte vor Sätzen nicht zurück
wie: »Zu meiner Zeit wäre das kein Thema gewesen!«, womit
er freimütig zugab, daß sogar er selbst seine Zeit für
vergangen hielt.
Nabel debattierte lange und
überaus geduldig mit seinem Vorgesetzten. »Rein formal, sagte
mir der Staatsanwalt klipp und klar, können wir niemanden festhalten,
bloß weil er einen mit lila Tinte geschriebenen Zettel bei sich trägt.
Kursun ist nicht mal vorbestraft.«
»Ist er nicht? Ist das
die Möglichkeit?« Der Kriminalrat röchelte affektiert.
»Tut mir leid. Auch
wenn er so aussieht.«
Seidel, der nun einsah, Unmögliches
verlangt zu haben, benutzte beide Hände, als wolle er die Luft erwürgen.
»Wie verkaufen wir das
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