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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Mann?«
    »Keine Ahnung. Er
     schweigt. Ich meine, wenn das nur jemand ist, der Lila-Tinten-Killer
     spielen möchte, dann belastet er sich durch sein Schweigen etwas zu
     sehr. Nachahmerfreaks reden für gewöhnlich Klartext, wenn sie in
     Bedrängnis geraten.«
    »Wie alt?«
    »Zirka dreißig,
     schlank, südländischer Teint, mittelgroß, schwarzes,
     kurzes Haar, vielleicht Türke.«
    »Haben Sie von ihm kein
     Foto?«   
    »Doch. Klar.« König
     griff nach dem offiziellen Foto des Erkennungsdienstes und reichte es
     Nabel.
    »Nie gesehen. Kann ich
     das behalten?«
    »Na hören Sie mal!
     Sie sind Leiter der Soko. Es ist Ihr Fall. Sie dürfen alles behalten.
     Auch den Ruhm. Ich will Ihnen da nichts wegnehmen, Kollege. Gegenüber
     der Presse sagen wir schlicht: Die Polizei hat ihn gefaßt. Wer da
     genau, muß niemand wissen.«
    Nabel gingen die
     pseudoloyalen Floskeln auf die Nerven, die im Grunde nur betonten, daß
     es nicht Nabels Fahndungserfolg gewesen war.
    »Weswegen sitzt er
     jetzt ein?«
    »Erstmal wegen
     verbotenen Waffenbesitzes. Wir lassen gerade klären, ob wir den
     Verdacht auf Mord bzw. Mordversuch beim Staatsanwalt durchkriegen.«
    »Ach? Aufgrund eines
     Aufklebers mit lila Tinte drauf? Das meinen Sie doch nicht ernst?«
    »Verzeihung?« König
     rückte ein wenig ab und hob entrüstet den Kopf. »Ich
     versteh Sie nicht. Der Technoclub ist doch ein ideales Areal für
     einen weiteren Mord. Mordslautstärke, niemand hätte den Schuß
     gehört, und von den Ausgeflippten dort bricht schnell mal einer wegen
     zuviel Tabletten zusammen, das kratzt so schnell keinen, der Täter
     marschiert seelenruhig hinaus und macht sich dünn. Wir kamen gerade
     rechtzeitig, um das zu verhindern!«
    Nabel wollte hämisch
     grunzen, schwieg jedoch lieber und gähnte. Er guckte da nicht durch.
     Die Zufälligkeit des Ganzen kam ihm spanisch vor, aber was sollte er
     sich beklagen? Man hatte nun einen dringend Tatverdächtigen, Futter für
     die Presse. Wenigstens eine Atempause. Vielleicht stimmte der Verdacht ja,
     und das Problem war gelöst. Vielleicht.
    Nabel riß sich zum
     zweiten Mal an diesem Morgen schwer zusammen, murmelte schwankend und fast
     tonlos ein Danke für die Zusammenarbeit, ließ sich das
     Verhaftungsprotokoll aushändigen, tschüs, und ging mit dem neuen
     Material zum Staatsanwalt.
    König sah ihm mit einer
     Mischung aus Mitleid und Abscheu hinterher und fuhr sofort nach der
     Unterredung auf sein Wochenendgrundstück in Spandau, um am eigenen
     kleinen Teich zu angeln und zu dösen, wobei er sich wieder und wieder
     fragte, ob er das Richtige getan hatte und von sich selbst wieder und
     wieder zur Antwort bekam, eine Alternative habe ja ernsthaft nicht
     bestanden.
    Der Staatsanwalt vom
     Sonntagsdienst wartete statt im eigenen bereits in Nabels Büro, und
     es dauerte über eine Stunde, bis sich die beiden fanden. Lidia und
     Ahmed tuschelten, einige andere der Sonderkommission trudelten erst jetzt
     ein und empfingen die frohe Botschaft wie eine Flüsterparole. Nabel
     bat den Staatsanwalt in ein leeres Verhörzimmer, um erst einmal unter
     vier Augen mit ihm zu reden. Der Kerl schien zu jung für sein Amt,
     Ende Zwanzig, das machte ihn für Nabel sofort zum aalglatten
     Karrieristen. Dabei sah Mark Dreipfuhl, so sein Name, einfach nur jünger
     aus, als er war. Ein leicht feminin gewachsenes Bürschchen mit
     randloser Brille und dürren blonden Haaren.
    »Ich bin inoffiziell
     hier, Herr Kommissar. Können wir frei reden?«
    »Sicher. Warum denn
     nicht?«
    »Naja, dieser Fall
     …«
    Dreipfuhl machte den
     Eindruck, als sei er ein junger Priester, den ein theologisches Problem
     plagte. Ungefähr so verhielt es sich tatsächlich. Er könne
     sich als gewissenhafter Jurist nicht so recht dazu entschließen, die
     Anklage über den unerlaubten Waffenbesitz hinaus auszudehnen. »Wir
     können ihn vorläufig vierundzwanzig Stunden einkassieren. Und
     solange er seine Personalien nicht preisgibt oder nach einem
     Rechtsbeistand schreit, vielleicht noch etwas länger, ohne daß
     uns jemand einen Strick draus dreht. Aber ich habe nunmal enorme
     Schwierigkeiten damit, aufgrund eines Zettels … Sie verstehen?«
    »Verstehe vollkommen.«
     Nabel nickte. »Ein Zettel mit lila Tinte drauf ist als Haftgrund
     nicht arg … stichhaltig, um es mal so auszudrücken.«
    »Genau!«
     Dreipfuhl hatte mit dem entsetzten Widerstand eines beinharten Bullen
     gerechnet, nun fühlte er sich

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