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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Und was hab ich überhaupt
     noch mit der Sache zu tun? Ich bin raus!«
    Der Mann hinter dem Lenkrad
     nickte mehrmals bedeutungsvoll. »Raus bist du wenn tot. Besser du
     lernst kennen Murat und sagst, was ist los, klar? Du Scheisepolizist!«
    Pfeifer hatte nicht die
     Traute, zurückzufluchen. Er begriff nichts, außer daß
     irgendwelche Dinge schwer aus dem Ruder gelaufen waren und ihn in eine
     äußerst labile Position zwangen. Der Motor des Cabrios heulte
     auf. Jetzt endlich war die Debatte beendet. Schluß machen, dachte
     Pfeifer, einzige Konsequenz. Schluß machen und zurück in den
     Alltag bei der Abteilung zwei A, und später, falls noch Dreck
     nachkam, alles abstreiten. Die Alternative war, Schutz bei Ümal zu
     suchen. Aber langsam und schmerzhaft wurde ihm bewußt, daß
     niemand ihm je vertrauen würde, genauso wie ihn jetzt ja auch niemand
     mehr brauchte. So war das, wenn man als Pionier in den Grauzonen, im
     Niemandsland zwischen den Parteien unterwegs war. Man konnte allen nützlich
     sein und blieb doch für jeden marginal, verdächtig und abkömmlich.
    Wer war nur dieser Murat? Und
     wie sollte er König um Auskunft bitten deswegen? Pfeifer flanierte,
     nein, er taumelte über den nächtlichen Winterfeldtplatz. Seine Hände
     in den Manteltaschen bebten, er riß sie vors Gesicht, faltete die
     Finger ineinander und hob sie an die Stirn.
    Sonntagmorgens, kurz vor
     acht, klingelte das Telefon. Das geduldige, beharrliche Bimmeln riß
     Nabel aus Schlaf und Tran. Er beschimpfte, während er durch den Flur
     zum Hörer wankte und ihn hochhob, eine bis obenhin zugekackte Welt
     und einen offensichtlich grausamen Gott. »Ja?«
    »Nabel, sind Sie das?«
    Die Stimme klang nicht völlig
     unbekannt, aber keineswegs geläufig.
    »Bin ich. Wer ist da?«
    »König. Von zwei
     A. Wir hatten neulich mal das Vergnügen. Tut mir leid für die frühe
     Störung.«
    Wie an allen Fäden in
     Form gezogen, stand Nabel gerade, riß sich zusammen. König?
    Den hatte er am nächsten
     Tag besuchen wollen. Jetzt rief der Mensch bei ihm an? So zugekackt bis
     obenhin die Welt auch war, für diverse Kapriolen schien sie noch gut.    
    »Was wollen Sie denn?«
    »Ich hab hier etwas,
     das für Sie sehr interessant sein müßte. Kommen Sie zu
     mir?«
    »Wann? Jetzt? Sofort?«
    »Das wäre
     angemessen, in der Tat. Wenn es Sie nicht zu sehr beansprucht.«
    Nabel hatte zuviel
     Restalkohol im Blut, um die Sottise als solche wahrzunehmen.
    »In einer Stunde bin
     ich da.«
    Er legte den Hörer auf,
     fühlte prompt das bohrende Bedürfnis, sich wieder hinzulegen.
     Sein Leben kam ihm vertan vor, in Knechtschaft verbracht, in rostige
     Ketten gelegt, aber vor den Fenstern wütete die Sonne eines neuen
     Tages, mit allem Licht und allem Glanz, den ein früher September
     jungen Tagen verleiht. So griff er mürrisch zur Zahnbürste und
     schaufelte sich literweise eiskaltes Wasser über den Kopf. Den
     Prosecco ließ er unberührt im Kühlschrank stehen und
     bestellte ein Taxi. Langsam, ganz langsam wich seine Wut der Neugier.
    Das Handy sonderte ein
     Harfenarpeggio ab. Nummer unbekannt, meldete das Display.
    »Ja?«
    »Lidia? Hör zu!«
    »Bist du das, David?«
    »Hör zu! Bitte
     komm nie wieder bei mir vorbei. Kapiert? Du bringst mich in
     Schwierigkeiten damit und dich auch. Ich kann dir nicht mehr erzählen.
     Komm nicht mehr bei mir vorbei, nie mehr. Tschau!«
    »David? Hallo?«
    Nabel betrat Königs Büro
     nach einem kurzen, eher formellen Klopfen, ohne das Herein abzuwarten. König
     stand auf, ging ihm drei Schritte entgegen.
    »G’n Morgen,
     Kollege. Tut mir leid, wirklich leid für die frühe Störung
     am Sonntag. Aber vielleicht gibt es Grund zur Freude.«
    Mißtrauisch nahm Nabel
     die dargereichte Hand, ohne den festen Griff zu erwidern.
    »Da bin ich aber
     gespannt.«
    »Wir haben gestern
     einen Mann festgenommen. Er trug eine Pistole mit Schalldämpfer im Gürtel
     über seinem Hintern. Eine Razzia in der Festen Burg. Kennen Sie den
     Laden?«
    »Dem Namen nach.«
    »Bei der Durchsuchung
     auf dem Revier fanden wir in seiner Hemdtasche einen Aufkleber.«
    König machte eine
     bedeutungsschwangere Pause.
    »Ach was? Sie wollen
     mir sagen …«
    »Ja. Ganz genau. Lila
     Tinte. Hier, ich hab ein Foto!« König nahm ein Polaroid von
     seinem Schreibtisch und hielt es Nabel unter die Nase.
    Zu zappelig, die Sau, für
     Gott. Ruhe jetzt.
    Nabel räusperte sich.
     »Was ist das für ein

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