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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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sie gegebenenfalls
     unterwandern kann.«
    »Warum ist ein Türke
     Türsteher in einem ukrainischen Club?«
    »Muslimische Türken
     – es gibt auch ein paar christliche, wußten Sie das? –
     genießen einen guten Ruf als Türsteher, weil sie im Verhältnis
     wenig Alkohol konsumieren. Es gibt zudem relativ wenige türkische Zuhälter,
     deshalb herrscht zwischen Ukrainern und Türken momentan ein
     entspanntes Verhältnis ohne viel Konkurrenzdenken. Die Türken
     sind eher im Drogengeschäft tätig.«
    Nabel freute sich, daß
     das Stichwort gefallen war, ohne daß er selbst es hatte benutzen müssen.
     »Dann hat der Francis-Club mit Drogen nichts zu tun?« Nabel
     trug die Frage sehr beiläufig vor. König reagierte gelassen.
     »Drogen finden sich überall, wo gezockt wird. Das macht den
     Club ja für mich erst interessant, sonst müßten Sie sich
     eher bei den Kollegen von der Sitte erkundigen. Aber daß der
     Francis-Club ein florierender Umschlagplatz wäre, läßt
     sich kaum behaupten. Es hat mal Razzien gegeben. Ohne erwähnenswerten
     Ertrag. Kleinkram. Eigenkonsum für Goldkettenluden. Tolerierbar.«
    »Sie sind in Ihrem
     Dezernat doch auch für Schleuser zuständig. Insofern auch für
     Zwangsprostituierte aus der Ukraine, oder liege ich da falsch?«
    »Ich arbeite mit den
     Kollegen von der Sitte eng zusammen, das stimmt. Ich weiß bloß
     nicht, was das alles mit Ihrem Fall zu tun haben soll?«
    »Weiß ich selber
     nicht. Ich bin einfach nur dumm und neugierig. Wem gehört denn dieser
     Club?«
    König lächelte, wie
     über die Fragen eines hyperaktiven Kindes. »Der Francis-Club
     gehört, ach, ich weiß gar nicht auswendig wem, irgendwem, aber
     dahinter steht Tschutschelow, er hat die Patenschaft, zweifellos.
     Tschutschelow ist Ihnen sicher ein Begriff?«
    Nabel vollführte eine
     Geste, die man sowohl irgendwie als Nicken wie als Kopfschütteln
     deuten konnte. Er wollte nicht vortäuschen, mehr als nur ein bißchen
     zu wissen, wollte gleichfalls nicht als völlig ahnungslos gelten.
    König verfiel mit Genuß
     in einen belehrenden Tonfall. »Ohne Tschutschelow läuft in
     dieser Stadt bei den Ukrainern gar nichts. Er beliefert Bordelle mit
     weiblichem Frischfleisch, bundesweit, allerdings haben wir ihm nie
     Schleusertätigkeiten nachweisen können. Dank der laschen
     Visa-Vergabe der Regierung sind viele ukrainische Nutten ganz regulär
     hier, angeblich freiwillig, ohne jeden Zwang. Tschutschelow ist der Pate,
     dem niemand je etwas anhängen kann, weil alles, was in seinem Namen
     befohlen wird, erst am Ende einer langen Befehlskette Wirklichkeit wird.
     Aus dem Drogengeschäft hält er sich raus. Im Grunde ist er ein
     wertkonservativer Großkrimineller, auf der Suche nach dem schönen
     Schein, versessen auf gesellschaftliches Renommee. Er hat sich von der
     Mutter seiner Kinder scheiden lassen, um eine verarmte deutsche Adelige zu
     heiraten, die Gräfin Schönfels. Inzwischen besitzt er einen
     deutschen Paß. Offiziell führt er natürlich ein
     Export-Import-Unternehmen, das mit allem möglichen handelt, nur nicht
     mit Menschen.«
    »Interessant. Merk ich
     mir.«
    »Ja, aber jetzt sind
     wir vom Thema doch weit abgekommen. Was immer das Thema gewesen sein mag.
     So genau hat sich mir das nicht erschlossen.«
    »Verzeihen Sie meine
     Aufdringlichkeit. Uns leidenden Menschen ist es gegeben, in seltsamen
     Nebeln zu wandern …«
    »Schon gut, Nabel,
     bevor Sie noch lyrischer werden: Ich stehe Ihnen immer zu Diensten. Wenn
     Sie mich nun bitte entschuldigen würden …«
    »Ich entschuldige Sie.
     Halt, eine Frage noch!«
    König sah mit gehobenen
     Brauen auf. Die wirre, völlig planlose Art dieses Kommissars, Themen
     mal dieser, mal jener Couleur aufs Tapet zu bringen, stieß ihn
     geradezu ab.
    »Wer hat die Razzia in
     der Festen Burg veranlaßt?«
    »Das war zufällig
     ich.«
    »Gab es einen konkreten
     Grund? Ich meine, einem Clubbesitzer das Samstagabendgeschäft zu
     versauen, das macht man doch nicht so gern in Zeiten schwächelnder
     Konjunktur, oder liege ich da falsch?«
    König sah Nabel für
     einen Moment grimmig an, dann wandte er den Blick von ihm ab und rieb sich
     das Kinn. »Lieber Kollege, das geht Sie offen gesagt nichts an. Ich
     will Ihnen dennoch antworten: Ja, es gab einen konkreten Grund. Den
     Hinweis eines unserer V-Männer, an diesem Abend würde im Club
     was Größeres laufen. Mehr bekommen Sie nicht aus mir raus.«
    Nabel grinste. »Dann
    

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