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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Tätigkeit nach?«
    »Das wissen Sie aber
     doch bestimmt bereits?«
    »Sie fungieren als
     Vorsitzende einiger wohltätiger Fonds, unter anderem für
     krebskranke Kinder.«
    »Das ist richtig. Und
     zeitaufwendig. Und natürlich ehrenamtlich. Ich verdiene kein eigenes
     Geld, wenn Ihre Frage darauf zielt.« Die Gräfin griff leicht
     empört zum Taschentuch und wischte über die Oberlippe.
    Lidia probierte es mit der
     Jetzt-will-ich-mal-ganz-ehrlich-sein-Tour.
    »Jetzt will ich mal
     ganz ehrlich sein. Sie stehen, viel mehr als Ihr Gatte, im Lichte der
     Öffentlichkeit, haben Kontakte, Einblicke. Worauf ich hinauswill, ist
     folgendes: Könnte Kistner sich, wenn er Informationen über den
     Adel benötigte, oder über die Society im allgemeinen, sich
     eventuell an Sie gewandt haben? Er war doch ständig auf der Suche
     nach neuen Informationen. Ein Gossip-Junkie. Mußte er ja sein, in
     seinem Beruf.«
    Gräfin Schönfels
     schien sich geschmeichelt zu fühlen und nicht gewillt, die Frage mit
     einem plumpen Nein vom Tisch zu kehren.
    »Bitte, na gut, es wird
     schon hier und da geredet, die Zeit ist lang, was bleibt den Menschen
     übrig als zu reden. Bevor ich Sie anlüge, will ich lieber
     eingestehen, daß es beim Smalltalk mitunter schon zu dem kommt, was
     Sie vielleicht Gossip nennen. Völlig harmlos. Wenn Sie denken, ich
     sei zu groben Indiskretionen fähig, tut mir leid, da muß ich
     Sie enttäuschen. Darf ich Sie auf Ihre Cola einladen? ZAHLEN! Ich muß
     nämlich gleich wieder nach Hause. Hoffentlich habe ich all Ihre
     Fragen zufriedenstellend beantwortet?«
    »Ich laß Ihnen
     meine Karte da, falls Ihnen noch was einfällt.«
    »Ja, toll! Das ist wie
     im Film, herrlich! Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihrer
     Arbeit! Und mir wünsche ich, daß mein Leben mal für einen
     Tag so aufregend sein könnte wie Ihres. Schade um die guten Pommes
     übrigens, bedienen Sie sich ruhig, wenn Sie möchten.«
    Die Gräfin legte einen
     Zwanzig-Euro-Schein auf den Tisch und verließ, freundlich lächelnd,
     das Lokal. Lidia blieb sitzen und ließ das Gespräch Revue
     passieren. Anita von Schönfels hatte, um es vorsichtig auszudrücken,
     einen ziemlich abgebrühten Eindruck bei ihr hinterlassen, und die
     Beleidigung zum Ausklang des Gesprächs mußte deftig genannt
     werden.
    Die Rechnung betrug nur neun
     Euro fünfzig, und Lidia bezahlte mit einem Zehner. Schon, um nicht
     unnötig Aufsehen zu erregen. Aber während die Kellnerin das
     Wechselgeld herausgab, dachte Lidia, daß dieser Zugewinn von zehn
     Euro einer kleinbürgerlichen Erwerbsstrategie gleichkam, fast so
     kompromittierend, als hätte sie die liegengelassenen Pommes der Gräfin
     aufgegessen. Obgleich ein neutrales, objektives Schiedsgericht die
     Sachlage sicher milder beurteilt hätte, als ohne nachweisbare Absicht
     geschehen, fühlte sich Lidia vorgeführt. Ihre Wut steigerte sich
     mit jeder weiteren Reflexion. Wortschöpfungen wie Kotzfotze waren
     bislang in ihren Gedanken sehr selten registriert worden.
    Ahmed war beschäftigt,
     eine Liste aller bislang aktenkundig gewordenen türkischstämmigen
     Drogenbarone Berlins zu erstellen. Nabel hatte ihm zur Auflage gemacht, in
     dieser Sache auf keinen Fall Königs Abteilung um Beistand zu bitten.
     Was zu lästigen Nachfragen seitens Ahmed führte. Nabel war am
     Verzweifeln. Wenn er Ahmed einweihen würde, mußte er damit
     rechnen, daß bald sein gesamter Stab dem Pfeifkonzert der Spatzen
     auf den Dächern lauschte. Ahmed war ein guter Kerl, leider geschwätzig.
     Nabel redete sich auf eine private Konkurrenz zwischen ihm und König
     heraus, gab sich eitel, unkollegial und blasiert. Ahmed nahm ihm das
     sofort und bereitwillig ab, was Nabel ausgesprochen ärgerte.
    Dschanow fuhr die Limousine
     die Potsdamer Straße nordwärts zur Philharmonie, wo Anita von
     Schönfels ein Konzert besuchen mußte, das, von der Pause mal
     abgesehen, unerträglich öde zu werden versprach. Wie jedes
     Konzert in der Philharmonie. Klassische Musik war ihr ein Greuel.
    Die beiden flüsterten
     einander ins Ohr. Für den Fall, daß Wanzen ihnen zuhörten,
     lief im CD-Spieler ein Geräuschteppich aus baßlastigem Hiphop.
    »Ich hab mich
     erkundigt. Dieser Nabel ist wohl früher mal ganz gut gewesen, jetzt
     gilt er als Pfeife, ein Säufer, wir hätten uns keinen Besseren wünschen
     können. Nur die Tussi, die dich angelabert hat, soll angeblich recht
     fix sein.«
    »Auf mich hat sie
     keinen sehr

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