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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Vorteil dadurch zu
     verschaffen, daß sie Leute, von denen sie etwas wissen wollte, auf
     einen Imbiß einlud.
    »Mir beim Essen
     zusehen? Na gut. Dafür sind Sie aber nicht hier, nicht?«
    »Nein, es geht um den
     Mord an Jimmy Kistner. Ich klappere nach und nach alle seine Bekannten ab
     und sammle Stimmen.«
    »Der arme Jimmy! Ach
     ja. Und wir sitzen hier in Jimmys Diner! Am Ende hat ihm das Etablissement
     gehört? Nein, sicher nicht. Dennoch, Himmel, mein Vorschlag war
     unbedacht. Naja. Das war dieser irre Mörder, nicht, der mit der lila
     Tinte? Wie könnte ausgerechnet ich Ihnen da helfen?«
    Lidia bemühte sich,
     ihren Blick im Restaurant schweifen zu lassen, um dem Treffen jedes Gramm
     Übergewicht zu nehmen. »Es ist das übliche Stochern im
     Heuhaufen. Wir sammeln, was wir kriegen können. Sind für alles
     dankbar.«
    »Im übrigen war
     Jimmy kein echter Bekannter von mir, na gut, wir waren einander bekannt,
     wenn man so will, er hat drei-, viermal über mich geschrieben,
     kleinere Beiträge, es gab auch gesellschaftliche Anlässe, bei
     denen wir uns über den Weg gelaufen sind, aber er war nicht etwa ein
     Freund, wenn Sie das denken.«
    »Sagen Sie mir einfach,
     was Ihnen zu Kistner so einfällt.«
    »Naja …«
     Anita von Schönfels bekam einen Burger gebracht, dessen Deckel sie
     abnahm und an den Tellerrand zu den Pommes legte. Danach schnitt sie mit
     Messer und Gabel kleine Stücke vom Fleisch ab und aß ansonsten
     nur ein wenig vom Krautsalat. Ihre Finger wurden in Lidias Augen zu so
     etwas wie fein surrenden Drähten, deren winzige Zuckungen ähnlich
     informativ waren wie die Pendelausschläge eines Lügendetektors.
    »Jimmy galt als
     … hmmhmm … rüde, aber ich, also persönlich, nein,
     konnte mich nie über ihn beklagen. Er hatte was übrig für
     den Adel. Wie übrigens die meisten Parvenüs kleinbürgerlicher
     Herkunft. Den Adel behandelte er, wenn man ihm nicht gar zu arrogant kam,
     aus gesucht höflich, mit Samthandschuhen, wie man so sagt.«
    »Wissen Sie etwas
     über seine sexuelle Orientierung?«
    »Wozu müssen Sie
     das denn wissen? Naja … ich versteh schon, darüber muß
     ich mal nachdenken, wo Sie das so sagen, also … ich hab ihn nie mit
     einer Frau an seiner Seite gesehen, aber ein Homo war er, glaube ich,
     nicht … obwohl man da ja nie sicher sein kann.«   
    Lidia wurde etwas forscher
     und erwähnte, daß es Zeugen gebe, die Kistner einen Hang zu
     Prostituierten nachgesagt hätten.
    »Ach ja? Nun, woher um
     Himmels willen soll ich das wissen? Kann schon sein. Sowas erledigt ja
     niemand in der Öffentlichkeit. Geschweige denn, daß man darüber
     spricht. Und falls doch – dann sicher nicht mit mir.«
    »Wie war denn das Verhältnis
     Ihres Gatten zu Kistner?«
    Jetzt zitterten die Finger
     der Gräfin leicht und sie legte das Besteck beiseite. Ihre Stimme
     klang gereizt.
    »Was Sie auch immer für
     Fragen stellen! Mein Gatte und Kistner – was soll ich sagen? Bitte:
     Welcher Zusammenhang soll da Ihrer Meinung nach bestanden haben?«
     Die Gräfin ging in Lauerstellung und Lidia wiegelte ab, suchte
     Zuflucht im Abstrakten.
    »Zusammenhänge
     stellen sich von selbst her. Meine Frage lautete ganz schlicht: Wie war
     das Verhältnis Ihres Gatten zu Kistner? Vorausgesetzt, daß es
     eins gegeben hat.«
    »Dann fragen Sie doch
     meinen Mann. Nein, lassen Sie ihn lieber in Ruhe. Ich kann Ihre etwas
     impertinente Frage durchaus beantworten. Sehen Sie, es ist so – mein
     Mann scheut das Rampenlicht, er verbringt die Abende am liebsten zu Hause,
     sofern es seine Arbeit zuläßt. Wir haben wohl hin und wieder Gäste,
     kleine Salons, Cocktailparties, es kann sein, daß Kistner ein- oder
     zweimal unser Haus betreten hat. Aber mein Mann hatte über einen höflichen
     Händedruck hinaus sicher kein Verhältnis zu ihm, egal welcher
     Art. Da bin ich mir sicher.«
    Lidia zögerte und wünschte
     sich nun, selbst etwas bestellt zu haben, um ihr Zögern durch
     Nahrungsaufnahme kaschieren zu können. Es wäre an der Reihe
     gewesen, nach Anzeichen von Drogenkonsum bei Kistner zu fragen, doch
     dieses Thema zu berühren, hatte Nabel ihr ausdrücklich
     untersagt.
    »Wie lange sind Sie und
     Ihr Mann denn schon zusammen?«
    »Beinah sechs Jahre.«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Nein, aber …«
    »Was aber?«
    »Solche Fragen
     beantwortet Ihnen auch die Meldebehörde. Was tut das zur Sache?«
    »Verzeihung. Es muß
     nun mal sein. Gehen Sie einer

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