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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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aus der Schußlinie stehlen. Resümee.
    Die Geschäfte waren
     gelaufen, neue nicht in Sicht, der nutzlos gewordene Streifenpolizist hätte
     nun alles auf eine Karte setzen und versuchen können, direkt Kontakt
     mit Tschutschelow aufzunehmen. Das hingegen wagte er nicht. Was, außer
     blanken Vermutungen, hätte er ihm erzählen sollen? Und weswegen
     sollte Tschutschelow sich entschließen, ihm Schutz zu gewähren?
     Blöd gelaufen, das alles. Blöd gelaufen.
    Pfeifer ging in Deckung.
    Die Ermittlungsgruppe
     Basemann, Ehrlicher und Peschke brach frühmorgens das Siegel zu
     Kistners Wohnung auf und sah sich dazu gezwungen, Nabel eine unerfreuliche
     Mitteilung zu machen. Von den über tausend DVD-Hüllen waren
     restlos alle leer. Jemand mußte sich Zutritt zur Wohnung verschafft
     haben. Schlimm war auch, daß derjenige hinterher das Siegel erneuert
     hatte, in geradezu perfekter Weise.
    König war trotz diverser
     charakterlicher Mängel kein Idiot. Er hatte schnell mitbekommen, daß
     Nabel ihm gegenüber den Trottel gab und Erkenntnisse für sich
     behielt, die beiden genutzt haben könnten. Widerwillig, denn Mord war
     nicht sein Gebiet, hatte er sich in den letzten Tagen auf Schleichwegen
     Akten der Soko Lila kommen lassen und diese auf Bezüge zu seinem
     eigenen Ermittlungsfokus durchgesehen. Zuerst fand er nichts von
     Interesse. Daß Kistner gerne Promis mit Kleinstmengen Schnee
     versorgte, um sich ihrer Geschwätzigkeit zu versichern, war König
     bekannt gewesen, er hielt das für einen Auswuchs der medialen
     Gesellschaft, die bei zuviel Konkurrenz zu immer fragwürdigeren
     Methoden greifen muß. All das kümmerte ihn nicht, dort ging es
     um begüterte Menschen, die sich notfalls sanfte Wege des Entzugs
     erkaufen konnten, wenn es ihnen zuviel wurde. Ihm, König, ging es um
     die anderen, einerseits um die vielen namenlosen Junkies, die durch
     schlechtes Heroin und Crack elend zugrunde gerichtet wurden, andererseits
     um die vielen Jugendlichen, deren IQ der regelmäßige
     Haschischkonsum in die endgültige Zweistelligkeit versenkte. Um die
     volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Droge ging es ihm, um die große
     Zahl. Um Bosse wie Tschutschelow oder Ümal, die dabei waren, Imperien
     zu errichten oder noch zu erweitern. Das allein war wichtig, und für
     Kleinscheißer wie Nabel, die sich um eitrige Details, um Pickel am
     Arsch des Geschehens zu kümmern hatten, brachte er höchstens
     soviel gnädige Duldung auf wie ein Bürochef für die zu fleißige
     Aushilfsputzfrau.
    Pfeifer hatte sich an diesem
     Tag nicht telefonisch zum Dienst gemeldet, entgegen der ausdrücklichen
     Vereinbarung, die beide getroffen hatten. König machte sowas nervös,
     er hatte Pfeifer vielleicht zuviel Verantwortung überlassen, ein
     Mensch verwandelt sich mit dem Amt, das man ihm gibt. David Pfeifer glich
     einem Fühler, den man ausstreckt, um da oder dort die Temperatur zu
     messen. Ist sie zu heiß, verbrennt der Fühler, das war das
     Risiko, das Pfeifer einging, für welches er andererseits großzügig
     bezahlt wurde. Der Charakter des Fühlers verändert sich während
     einer so langfristigen Aktion immer, selbst wo er den Verführungen
     widersteht. König fühlte sich verpflichtet, nach ihm zu sehen.
     Jemand wie David hatte niemanden, der sich um ihn sorgte, bis auf ihn, König,
     den in der Hierarchie weit entfernten Vorgesetzen. Beide waren während
     der zwei Jahre, die Pfeifer als verdeckter Ermittler tätig war, zu
     Freunden geworden, sofern im Zusammenhang mit König von Freunden
     gesprochen werden konnte.
    König parkte in der
     Schleiermacherstraße, stieg aus seinem Wagen, und eben als er den
     gegenüberliegenden Gehsteig erreicht hatte, scherte ein heranrasendes
     Auto aus und überfuhr König vor Pfeifers Haustür. Der Körper
     des Kriminalers wurde in die Luft geschleudert, knallte gegen die Mauer,
     blieb auf dem Trottoir liegen und wurde noch einmal überfahren.
    Das Auto stieß, Königs
     zuckenden Körper unter sich, zweimal vor und zurück, dann bog es
     in die Gneisenaustraße ein, ohne quietschende Reifen und ohne überhöhte
     Geschwindigkeit.

 
    20
    »Wie schlimm ist es?«
    »Er wird die Nacht kaum
     überleben.«
    »Hat er noch was
     gesagt?«
    Sorry, Chef, wenn ich zu
     drastisch bin. Aber seit wann kann Matsch reden?«
    »Du gehst hin und
     stellst dich vor seine Tür. Wenn du müde wirst, soll Grimm dich
     ablösen.«
    »Wozu eigentlich? König
     wird sicher nichts

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