Aussortiert
stellen:
1. Hat Kistner Sie einmal zu
nicht offiziellen gesellschaftlichen Anlässen gebeten, wenn ja, wie
sahen diese aus?
2. Haben Sie jemals
wahrgenommen, daß Kistner ein Drogenproblem haben könnte, oder
hat er Ihnen dies sogar direkt mitgeteilt? Haben Sie ihn je zusammen mit
anderen Drogen konsumieren gesehen?
3. Hat Ihnen Kistner je
angeboten, von etwaigen Drogen zu probieren, hat er versucht, Ihnen welche
auf zudrängen?
Die für die Befragung
ausgewählten Prominenten waren allesamt solche der C- bis F-Klasse,
solche, die nicht gewohnt waren, beim geringsten Anlaß sofort den
Anwalt herbeizubrüllen.
Die Fragen sollten nicht
unmittelbar aufeinander gestellt werden und möglichst wenig aggressiv
wirken, zwischen etlichem Geplänkel wie nebenbei eingestreut. Das
Gespräch durfte nie Verhörcharakter annehmen, sollte routiniert
und unverbindlich klingen.
Neben Lidia bestimmte Nabel
noch Van der Maar, Ernstlich, Peschke und die Älteste im Stab, Gudrun
Basemann, für die Interviews. Fred Ernstlich zog er dann wieder zurück,
aufgrund dessen Nachnamens. Die Gesprächseröffnung mit dem Satz
»Mein Name ist Ernstlich, Mordkommission« schien keine sehr glückliche
Einleitung.
All das geschah unter
strikter Geheimhaltung und ohne Wissen und Billigung Seidels. Nabel tanzte
auf dünnem Eis. Und hatte Glück. Zwar gaben sich fast alle der
Befragten schuld und relativ ahnungslos, bestätigten allerhöchstens,
daß sie Drogenkonsum bei Kistner auf Parties wohl mal zufällig
mitangesehen hätten. Einer aber redete. Es platzte geradezu heraus
aus ihm. Bereitwillig folgte er der Einladung, mit aufs Revier zu kommen,
wo seine Aussage zu Protokoll genommen wurde. Diskret. Nur drei Personen
im Raum. Lidia bediente das Tonband, Nabel stellte die Fragen, vielmehr
– er hätte Fragen gestellt, wäre der Redeschwall je ins
Stocken geraten.
»Ja, Kistner hat mich
beliefert. Er hat mir Koks angeboten, bei einer Premierenfeier, bei
welcher möchte ich nicht sagen, ich habe probiert, es war
erstklassiger Stoff. Der Preis war in Ordnung. Er bat mich, interessierten
Schauspielkollegen Hinweise zu geben, wo sie solchen Stoff bekommen könnten,
das habe ich jedoch nie getan. Wozu denn auch? Kein Mensch ist von mir
angefixt worden. Ich habe ein Jahr lang regelmäßig von Kistner
Briefchen bekommen, ungefähr vier Gramm die Woche. Ich hatte in den
Jahren zuvor einige Fernsehserien gedreht, nun gabs eine berufliche
Flaute, ich merkte, daß mir das Koks zuviel wurde, stellte erste
Symptome von Paranoia fest, bekam chronische, immer stärkere
Depressionen, beschloß, clean zu werden und habe Kistner gesagt, ich
brauche ihn nicht mehr. Daraufhin wurde er unangenehm und behauptete, er
besitze Videomaterial. Wer nicht für ihn sei, sei gegen ihn. Na und?
Von mir gab es kein Videomaterial, da war ich ziemlich sicher, Sie
verstehen? Er redete wohl von eher heterosexuellem Videomaterial. Ich
drohte ihm mit einer Anzeige, schließlich war ich nur Konsument, während
er mit dem Zeug gehandelt hat. Nach wenigen Tagen überfielen mich
zwei braungebrannte Schläger und drohten mir mit dem Tod, würde
ich meine Klappe nicht halten. Es könnten Türken gewesen sein.
Sie haben mich geohrfeigt, nicht mehr, nicht weniger. Danach ließ
Kistner mich in Ruhe, und ich hielt meine Klappe. Ich wurde mehrmals
Zeuge, wie Kistner einigen Leuten Briefchen zusteckte. Er bot mir einmal,
ein einziges Mal, auf einer Party spät nachts, auch eine Frau an,
sogar eine noch sehr junge Frau, was mich aufgrund meiner sexuellen
Orientierung nicht interessierte. Vielleicht war ich deshalb für ihn
kein sehr lohnendes Opfer, und er ließ mich laufen, meine Popularität
hielt sich zu der Zeit ohnehin in Grenzen. Ich habe aber gerüchteweise
gehört, eigentlich mehr aufgeschnappt, daß Kistner sogenannte
Inseln der Seligkeit vermittelte. Der Ausdruck fiel mal heim Smalltalk,
nach der Verleihung vom Deutschen Filmpreis. Darüber weiß ich
leider nichts Genaues, kann nur mutmaßen, daß es Apartments
oder Hotelsuiten gewesen sein könnten, wo sich, sagen wir mal: Stützen
der Gesellschaft dem hingaben, was salopp in der Szene der FIC, der
Friedman-Immendorff-Cocktail genannt wurde. Koks und Nutten. Kein handelsübliches
Koks und keine handelsüblichen Nutten. Ein Kollege von mir hat das
angedeutet, mit leuchtenden Augen. Seinen Namen
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