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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Löwenanteil
     hatten andere verdient. Er, aus purer Angst, oder Vernunft, das kann man
     so und so nennen, war immer bescheiden geblieben, bescheiden und maßvoll.
     Pfeifer ertappte sich bei dem Gedanken, nur ein kleiner Mitläufer
     gewesen zu sein, das Spiel nur halbherzig gespielt zu haben, er tat sich
     dementsprechend leid. Im Grunde hatte man ihn gnadenlos ausgenutzt.
     Verbrecher. So sehr sie sich als Geschäftsleute gaben, waren sie
     letztlich alle Verbrecher der miesesten Sorte. Doch all das war nichts im
     Vergleich zu der Überraschung, am Flughafen Frankfurt festgenommen zu
     werden. Daß Nabel so fix und übertrieben reagiert hatte, war
     definitiv nicht zu erwarten gewesen. Nein, das war eine Unverschämtheit.
     In einem Rechtsstaat.
    Lidia bekam uneingeschränkten
     Zugriff auf Königs Computer und arbeitete vierzehn Stunden am Stück,
     bis eine Verbindung zum Heizungsbauer Nentwig vorlag. Sie fand sich in
     einem Akt für innerbetriebliche Ausgaben. Nentwig hatte dem Dezernat
     im Frühling eine Rechnung gestellt.
    »Was denn für ne
     Rechnung?«
    »Er hat die Heizkörper
     ausgewechselt. Sie waren defekt. Alle sechs.«
    Nabel kapierte nicht. »Heizkörper?«
    »Im Kriminalchemischen
     Institut an der Urbanstraße.«
    Der gerade zuständige
     Chefchemiker vom Dienst, Dr. Blonzen, ein älterer Herr mit
     Dreifachkinn, beantwortete Nabels Fragen bereitwillig und ohne mit der
     Wimper zu zucken. Ja, es habe Störungen im Heizungssystem gegeben,
     was für ein Chemielabor eine äußerst unangenehme Sache
     sei, besonders in einem relativ kalten April. Die Behörde habe
     bewilligt, daß alle alten Heizkörper ausgetauscht wurden.
     Nentwig habe wohl das günstigste Angebot gemacht.
    »Können Sie sich
     an den Austausch erinnern?«
    »Ich hatte keinen
     Dienst.«
    Nabel zeigte ihm ein Foto des
     toten Herrn Nentwig. Dr. Blonzen zuckte mit den Schultern. Sein Assistent,
     Dr. Rossberg, tat es ihm gleich.
    »Wie viele Chemiker
     arbeiten hier?«
    »Momentan fünf
     fest. Plus Aushilfen.«
    »Kann man herausfinden,
     wer im Dienst war, als die Heizkörper ausgetauscht wurden?«
    »Kann man sicher, gibt
     schließlich einen Dienstplan, aber wozu stellen Sie all diese
     Fragen?«
    Abends rief Nabel seine
     engsten Mitarbeiter zusammen. Im Grunde hatte er nichts, nur einen Schlüssel
     geistiger Natur, eine Idee, die sich schnell als fixe Idee erweisen
     konnte. David Pfeifer saß im angrenzenden Verhörzimmer unter
     Bewachung. Nabel ließ ihn schmoren.
    Dr. Fischer und sein
     Assistent Dr. Wolkov hatten kurz vor und während des Abtransports der
     alten Heizkörper Dienst gehabt. Beide waren, daraufhin angesprochen,
     nicht sehr gesprächig gewesen, schützten Erinnerungslücken
     vor, Wolkov fragte zurück, seit wann er sich mit Handwerkerkram
     auseinandersetzen müsse?
    Ahmed war damit beschäftigt,
     ein Exemplar der alten Heizkörper aufzutreiben. Wie er das machte,
     war ihm überlassen, er fluchte die ganze Zeit über den Scheißjob,
     aber zuletzt, gegen 23 Uhr, schleppte er eins jener uralten Dinger aufs
     Revier, und Nabel sah es sich an. Ein riesiges Gebilde, das ungefähr
     dreißig Liter Fassungsvermögen besaß und beinahe noch aus
     der Kaiserzeit zu stammen schien. Bleiverkleidung. Etwas Idealeres, um
     unbemerkt Drogen aus einem Gebäude zu schaffen, war kaum denkbar. Und
     es kam noch schöner. Die neuen Heizkörper hatten sich nach einer
     Woche als nicht hundertprozent kompatibel zu den Anschlüssen
     erwiesen, waren undicht und tropften. Nentwig mußte sie nochmal
     austauschen. Das alles kurz nach jener Woche, in der König seinen
     Rekord gebrochen hatte – dreihundert Kilo Kokain aus einer
     kolumbianischen Lieferung, der Fund am Riesenrad in Friedrichshain.
    Die Idee war klar: Korrupte
     Chemiker, es mußten nicht alle fünf sein, wahrscheinlich waren
     es sogar nur zwei, hatten den Stoff in den Heizkörpern aus dem Gebäude
     geschmuggelt, vielleicht sogar in einer chemisch gereinigten,
     konzentrierten Form. Miroslav Nentwig mußte dabei nicht unbedingt
     eine Rolle gespielt haben, es könnte genügt haben, daß
     sich jemand für ihn ausgab. Wer wäre auf die Idee gekommen, die
     Personalien eines bestellten Handwerkers zu kontrollieren? Daß
     Nentwig später ermordet wurde, sprach allerdings dafür, daß
     er doch persönlich involviert war. Womöglich, ohne vom Ausmaß
     der eigenen Verstrickung etwas zu wissen, gar zu ahnen.
    Theoretisch konnten so an die
    

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