Aussortiert
schnarchende Anita bei Anbruch des Tages ins Bett befördert und
war ins Nebenzimmer gegangen, um noch einige Single Malt Whiskeys aus der
großzügig bestückten Minibar zu trinken, zu rauchen und
über die Zukunft zu meditieren. Um auch ja keine Ordnungswidrigkeit
zu begehen, hatte er seinen Aufenthaltsort per SMS an die von Lidia Rauch
angegebene Nummer gesandt, für den Fall, daß neue Befragungen nötig
würden.
Wir sind im Kempinski. Stoßen
Sie zu uns. Würde mich freuen. Gemeinsames Frühstück?
Ruslan blies Rauchkringel in
die Luft. Eine aparte Polizistin war das gewesen. Beherrscht und höflich.
So ganz das Gegenteil von Anita. Reizvoll. Sportlich. Mit klangvoller
Stimme. Sehr sexy. Wie sie wohl im Bett war? Ein kalter Fisch? Eine heiße
Stute? Rasiert? Über dieser Frage eingeschlafen, hatte er im
Gazellenleder ein centgroßes Brandloch hinterlassen, was er nun
bedauerte und einerseits dem toten Tier, andererseits dem erlesenen Möbel
gegenüber als respektlos empfand. Sein Vater hatte ihn mit der
Peitsche dazu erzogen, allen Phänomenen dieser Welt liebevoll und
neugierig zu begegnen.
Nabel schaltete sein Handy
ein, als er aus dem Haus lief. Mehrmals versuchte ihn Seidel zu erreichen,
er reagierte nicht. Immer wieder starrte er auf die SMS.
Wir sind im Kempinski. Stoßen
Sie zu uns. Würde mich freuen. Gemeinsames Frühstück?
»Wohnt bei Ihnen ein
gewisser Dschanow oder eine Gräfin Schönfels?«
»Ich bin«, meinte
die junge Dame an der Rezeption bedauernd, »leider nicht berechtigt,
eine solche Information zu erteilen.«
»Pfeifer.
Kriminalpolizei.« Nabel hielt seine Marke hoch. »Jetzt sind
Sie es! Und ich bin in Eile.«
Die Dame nickte
geflissentlich und sah, stoßweise pustend, im Gästebuch nach.
Es wurde an die Tür
geklopft. Dschanow fragte, wer da sei. Nabel meldete sich unter eigenem
Namen. Dschanow seufzte und öffnete. Er hatte mit sowas gerechnet.
»Was gibts?«
»Ich hätte noch
ein paar Fragen. Darf ich reinkommen?«
Dschanow winkte ihn hinein.
Dann stutzte er, wendete sich um, betrachtete den lästigen Besucher
noch einmal genauer. Irgendwas stimmte mit ihm nicht. Er trug einen
Schnurrbart. Den hatte der Polizist gestern aber nicht, oder? Konnte ihn
seine Erinnerung so an der Nase herumführen? Es war früh, er
hatte für seine Verhältnisse viel getrunken gestern nacht. Und
wenig geschlafen.
»Was haben Sie denn da
im Gesicht?«
»Der Schnurrbart?«
»Ja.«
»War gar nicht leicht,
auf die Schnelle einen zu besorgen. Klebt auch nicht gut. Ich schwitze.«
Dschanow hob irritiert die
Augenbrauen. »Tut mir leid, ich verstehe nicht.«
»Ging mir genauso.
Wochenlang. Scheißgefühl.« Nabel zog die Pistole.
»Sind Sie verrückt?«
»Wie man es eben wird,
mit der Zeit. Wo befindet sich denn Frau Gräfin? Würden Sie so
lieb sein und ein paar Schritte zurücktreten?«
»Was haben Sie vor um
Gottes willen?«
»Lassen wir Gott mal
lieber beiseite. Was hab ich denn vor? Ich würde ja gerne mit Ihnen
frühstücken, dafür ist es leider schon zu spät.«
Nabel trieb Dschanow vor sich her, ins Schlafzimmer, wo Anita bäuchlings
auf dem riesigen Bett lag und von alledem nichts mitbekam.
»Was haben Sie mir
vorzuwerfen? Ich habe kooperiert! Wir haben uns gemeldet und ein
gemeinsames Frühstück angeboten. Ich bin genauso an der Aufklärung
der Sache interessiert wie Sie!«
Nabel mußte lachen.
Prompt stahl sich auch auf Dschanows Lippen ein Lächeln, in Erwartung
dessen, daß sich der Scherz bald als solcher erweisen würde.
»In gewisser Weise
gefallen Sie mir. Ehrlich. Tut leider nichts zur Sache. Heute nacht hab
ich einen Pizzaboten in den Körnerpark bestellt.«
»Und?«
»Mir ist etwas
klargeworden. Das Leben ist ein Chemielabor.«
»Verzeihung?«
»Es ist ein Experiment.
Vielleicht bin ich zu alt für Experimente. Wird sich herausstellen.«
Dschanow sah, daß Nabel
Handschuhe trug, und begriff, daß er es mit einem Geisteskranken zu
tun hatte.
»Wir können über
alles reden, Herr Kommissar!«
»Na klar. Können
wir. Aber wer genug Filme gesehen hat, der weiß, daß Reden oft
ein Fehler ist. Es wird palavert und diskutiert und prompt geht die
prachtvolle Gelegenheit vorüber. Morgen –«
Nabel hielt die Pistole an
Anitas Schläfe und drückte ab. Dank des Schalldämpfers war
kaum mehr als ein Zischen zu hören, nebst dem fiesen
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