Aussortiert
jetzt Angst um Ihre
Schwestern. Hab ich recht? Sie säßen in der Karibik und könnten
nichts tun. Jetzt sind Sie hier und können was tun.« Nabel
holte tief Luft und freute sich, daß es ihm geglückt war, die
durchaus logische Argumentation laut zu äußern, ohne daß
seine Stimme dabei hörbar zitterte. Mit flinken Fingern, aus denen
jede Müdigkeit gewichen war, füllte er Kaffee in den Filter und
Wasser in die Maschine.
»Außerdem –
interessiert es Sie nicht, wieviel ich bereits weiß? Im Grunde liegt
doch alles auf der Hand.«
Pfeifers Schatten schob sich
langsam über den Küchenboden. Nabel drehte sich nicht um. Es
waren entscheidende Sekunden. Gleich würde Pfeifer sich oder ihn oder
beide erschießen. Oder reden. Vielleicht erst reden und dann schießen,
diese Möglichkeit gab es auch noch.
Ruslan und Anita hatten die
Präsidentensuite im Kempinski gemietet, die ihnen gegen vier Uhr
morgens, ohne daß sie gefeilscht hätten, für die Hälfte
des üblichen Preises überlassen wurde.
Anita war sturzbetrunken,
aber gewillt weiterzufeiern, sie schluckte zwei Pillen, die das innere
Ruder nicht mehr herumreißen konnten. Bald krächzte sie,
taumelte, klagte über Kopfschmerzen, erbrach sich, verlangte nach
Sex, erbrach sich erneut, rutschte aus, lag zwischen Klomuschel und
Dusche, ihr sei kalt, Ruslan solle sie ins Bett bringen, ob er nicht höre?
Was für ein Scheißkerl er sei, eine hilflose Frau so auf den
Kacheln liegenzulassen. Ruslan schloß die Tür zum Bad und trat
auf den Balkon. Per Handy trafen nach und nach die Glückwünsche
der verschiedenen Abteilungen ein. Wörtlich genommen, waren es
Beileidsbekundungen, auf metaphorischer Ebene hingegen Glückwünsche
und Einverständniserklärungen, die ihn als neuen Paten
akzeptierten. Er rauchte eine kubanische Zigarre und hob das Glas auf
Tschutschelow, den Mann, der ihn zu dem gemacht hatte, was er war. Anita
ekelte ihn an. Bestimmt hatte sie irgendeine Vorsorge getroffen, für
den Fall, daß ihr etwas zustoßen würde. Das durchtriebene
Weib. Mit der Zeit würde er dahinterkommen. Und dann –
»Na gut, ich mach
einfach mal den Anfang: Sie und ein paar korrupte Chemiker haben
beschlagnahmtes Koks gereinigt und geklaut. Der Stoff wurde in
ausrangierten Heizkörpern nach draußen transportiert.«
»Alle Achtung, Nabel.«
»Ich nehme an, daß
die Chemiker unter Druck gesetzt wurden. Stimmts?«
»Stimmt.«
»Sie haben
wahrscheinlich mit irgendeinem Clan zu tun gehabt, waren ein U-Boot und
haben die Seiten gewechselt.«
»Okay. Auch das.«
»Sie haben dem Clan
einen Großteil des Schnees überlassen und durften den kleineren
Teil für sich behalten?«
»Sie sind wirklich fix,
Nabel.«
»Dann wollten Sie das
Koks verticken und stießen auf Kistner. Richtig?«
»Er war zu Anfang nur
ein Konsument. Der Zufall wollte, daß König mich beauftragt
hatte, etlichen Leuten, darunter auch Polizisten, auch Lidia, probehalber
Stoff anzubieten. So hatte ich praktisch die Carte Blanche in der Tasche.
Niemand verdächtigte mich. Es war phantastisch.«
»Aber Sie haben Kistner
zielgerichtet benutzt.«
»Hat sich so ergeben.
Er kannte beinahe jeden in dieser Stadt.«
»Unter anderem Anita.«
»Das war nicht meine
Idee. Er hat mich ihr vorgestellt. Ich wußte nichtmal, wer sie war.
Kistner hatte die Verbindungen zu Tschutschelow, hat wohl in irgendeiner
Weise für ihn gearbeitet. Eins kam zum anderen. Kistner organisierte
Parties, in kleinerem Rahmen und im ganz kleinen Rahmen, lieh sich von
Tschutschelow Nutten, von mir kam das Koks.«
»Die Inseln der Glückseligkeit.«
»Genau.«
»Moment. Tschutschelow
hat das geduldet?«
»Keineswegs. Er wußte
auch nicht, daß Anita da mitmischte. Er verließ so gut wie nie
seine Villa und delegierte alles an Dschanow, der für Anita den
Aufpasser und Chauffeur spielen sollte. Wir mußten Dschanow eben
einweihen, Anita hat ihn auf unsere Seite gebracht. Mit ihren Mitteln.«
»Dann hat Kistner
begonnen, auszuscheren. Wollte von den Konsumenten Informationen
erpressen, richtig?« Nabel hing sein Handy an die Steckdose.
»Ich nehme an. Es gab
dieses Gerücht, daß er heimlich die Orgien filmen ließ.
Zu diesem Zeitpunkt waren meine fünfzig Kilo schon fast alle. Die
Parties dagegen erfreuten sich zunehmender Beliebtheit. Es mußte
neuer Stoff her. Ich kontaktierte Ümal –«
»Der stand
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