Australien 01 - Wo der Wind singt
»Es ist manchmal verdammt schwer, wenn man vom Festland nach Tasmanien zurückkommt und zum ersten Mal versucht, das zu vermitteln, was man auf der Universität gelernt hat. Bei mir war das jedenfalls so. Alle sahen mich noch als den Teenager von früher. Im Allgemeinen dauert es eine Weile, bis die Leute merken, dass du ihnen wirklich etwas bieten kannst.«
Dankbar für Lisas Feingefühl, nickte Kate und lächelte.
Als sie eine weitere Schautafel aus Lisas Wagen an Kates Pick-up vorbeischleppten, deutete Lisa mit einem Kopfnicken in BHs Richtung. »Ich sehe, dass du deine Hündin mitgebracht hast. Hast du vor, sie heute vorzuführen?«
Kate zuckte mit den Schultern, so gut es mit dem schweren Paneel in den Händen ging.
»Sie hat meinem Bruder gehört. Er hat sie auf die Prüfungen vorbereitet. Er sagte, dass er sie für die Anfängergruppe anmelden wollte.«
Lisa warf Kate einen mitfühlenden Blick zu.
»Ich weiß, wie es auf so einer Landwirtschafsschau zugeht«, sagte sie, während sie, das Paneel balancierend, vorsichtig rückwärtsging. »Es wird den ganzen Tag nur gequasselt und gequasselt, aber ich bin mir sicher, dass du die Zeit findest, sie vorzuführen. Ich kann ja solange für dich einspringen.«
»Wirklich?«, fragte Kate, und ihr Gesicht erhellte sich zusehends. »Ich wollte dich nicht darum bitten, weil ich gerade erst in diesem Job angefangen habe. Aber ich habe mir gedacht, ich nehm sie einfach mal mit. Nur für den Fall. Es wird ihr sicher guttun, wenn sie ein bisschen was von der Welt zu sehen bekommt, selbst wenn es nur von der Ladefläche eines Pick-ups aus ist.«
»Dann nimm doch an dem Wettbewerb teil. Ich bin froh, dass du sie mitgebracht hast. Ich habe gehört, dass du ziemlich gut bist, wenn es darum geht, für uns Werbung zu machen. Deine Stärke soll der Kundenkontakt sein, hat man mir jedenfalls gesagt.«
Lisa warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. Kate schluckte, als sie sich dran erinnerte, wie betrunken sie auf der Orange Show gewesen war und dass sie in aller Öffentlichkeit mit dem Wäschespinnen-Mann herumgeknutscht hatte. Ihr Ruf war ihr also schon über das Meer vorausgeeilt.
»Was meinst du damit?«, fragte sie und versuchte dabei ganz unschuldig zu klingen.
»Du hast wirklich Glück gehabt«, fuhr Lisa lachend fort. »Ich habe auf einer Landwirtschaftsschau noch nie einen Kerl aufgerissen. Nicht ein einziges Mal. Nicht etwa, dass ich es nicht versucht hätte.«
Auf Kates Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus. Mit Lisa zu arbeiten würde mehr als nur Spaß machen. Sie war einfach klasse. »Also, inzwischen bin ich geläutert!«
»Ja? Das möchte ich zu gern erleben.« Dann verschwanden die beiden in dem dunklen Pavillon, und ihr Lachen schallte noch lange aus der Tür.
Mitten am Vormittag, noch bevor der große Besucheransturm begann, stahl sich Kate vom Stand fort, um Lisa eine Tasse Kaffee zu holen
und nach Janie und den Kindern zu sehen. Dies war außerdem eine gute Gelegenheit, BH für die Hundeprüfung einzutragen und mit ihr kurz Gassi zu gehen.
In dem Zelt, in dem sich die Anmeldestelle für die Prüfung befand, schob ihr eine junge Frau ein Formular und einen Stift über den Tisch zu, während BH neben ihr stand und in Richtung der Schafe witterte.
»Will wäre verdammt stolz auf dich, wenn er wüsste, dass du mit seinem Hund hier bist«, sagte die junge Frau und sah Kate dabei hinter ihrem langen, blonden Pony hervor an. »Wir vermissen ihn alle sehr, weißt du. Er war ein verdammt netter Typ.«
»Danke«, sagte Kate. Sie hielt inne. »Ich muss eigentlich selbst arbeiten, deshalb kann ich auch nicht bleiben und mir alles ansehen. Wäre es möglich, dass …«
»Kein Problem«, sagte die junge Frau. »Wenn du dran bist, schicke ich dir einen von den Jungs.« Auf ihrem hübschen runden Gesicht lag jetzt ein offenes Lächeln.
»Übrigens, ich heiße Katrina. Will hat oft von dir gesprochen, wenn es ihm nicht gerade vor Nervosität die Sprache verschlagen hatte, weil er gleich in den Ring musste.«
»Freut mich, dich kennen zu lernen, Katrina«, sagte Kate. »Ich erwarte nicht, mit ihr Erfolg zu haben, aber ich dachte, ich melde sie trotzdem an … für Will.«
»Sie ist bestimmt großartig«, sagte Katrina. Dann legte sie den Kopf schief. »Die Genossenschaft wollte sich bei euch melden, um zu fragen, ob wir euch auf der Farm irgendwie helfen können Wir waren uns aber nicht sicher, wie ihr das aufnehmen … Also, wenn wir
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