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Australien Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Australien Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Titel: Australien Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Dehne
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die Frage, ob und unter welchen Bedingungen „traditionelle Eigentümer“ einen Anspruch auf Land haben, und ob dieser Native-Title-Anspruch einem Besitzrecht
(title)
im europäischaustralischen Sinn gleichzusetzen ist. Von bahnbrechender Bedeutung war das Grundsatzurteil des High Court of Australia vom 3. Juni 1992 in der Klage des Torres Strait Islanders Eddie Mabo gegen die queensländische Regierung (die sogenannte Mabo Decision), mit dem die bis dato unangefochten geltende Terra-Nullius-Fiktion zurückwiesen wurde. Zum ersten Mal erkannte ein australischer Gerichtshof damit an, dass Australien, das durch die britische Krone ab 1788 in Besitz genommen worden war, sehr wohl besiedelt gewesen war, und dass die traditionellen Rechte der Ureinwohner auf das Land ihrer Vorfahren durch die Inbesitznahme keineswegs erloschen waren.
    Recht hastig und ohne nähere Konsultation betroffener Aboriginal-Gruppen wurde im Anschluss an diese Gerichtsentscheidung im Dezember 1993 der Native Title Act (oder: Mabo-Gesetz) vom australischen Parlament verabschiedet, ein Landrechtsgesetz, das mögliche Rechtsansprüche traditioneller Eigentümer auf Grundbesitz regelt. Während die konservativen Oppositionsparteien, insbesondere in Western Australia und Queensland, sowie Vertreter der Bergbauindustrie daraufhin den wirtschaftlichen Untergang ihrer Unternehmen (und damit – so wurde impliziert – der einzelnen Bundesstaaten und Australiens) kommen sahen, betrachteten viele Aborigines und Torres Strait Islander das Mabo-Gesetz als eine hohle Geste der Versöhnung, die die Frage der Kompensation für den Verlust ihrer traditionellen Stammesgebiete außer Acht lasse und somit die ursprüngliche Enteignung zementiere.
    Im Jahre 1996 sorgte ein weiteres High-Court-Urteil, die sogenannte Wik Decision, erneut für Furore. Diesmal ging es um
pastoral leases,
von der Krone gepachtetes Land, das meist als Viehweide genutzt wird. Das Wik-Volk von der Cape York Peninsula hatte Native Title für ein verpachtetes Stück Land eingeklagt. Ihnen wurde in letzter Instanz recht gegeben: Native Title sei nicht automatisch durch die Verpachtung des Landes erloschen, sondern könne mit dem Pachtrecht koexistieren. Dem Urteil wurde aber auch hinzugefügt, dass im Falle eines Konflikts zwischen dem Recht des Pächters und dem Recht der traditionellen Eigentümer dem Recht des Pächters der Vorrang einzuräumen sei.
    Daraufhin wurde 1998 ein weiterer umstrittener Native Title Act verabschiedet, der das Urteil aufgriff und die möglichen Ansprüche traditioneller Eigentümer weiter einschränkte (Wik Legislation). Wenige Landrechtsklagen haben Aussicht auf Erfolg. Ein Native Title Tribunal prüft jeden einzelnen Fall, das Verfahren ist äußerst langwierig und komplex und die rechtlichen Hürden enorm. Unter anderem haben traditionelle Eigentümer eine bis zum heutigen Tag andauernde Verbindung zu dem fraglichen Landgebiet nachzuweisen – Pech, wenn die Generation der Großeltern oder Urgroßeltern vertrieben wurde.
    Reconciliation – Versöhnung – war in den 90er-Jahren ein weiteres Schlüsselwort in allen Debatten über die Beziehungen zwischen Weiß und Schwarz. Wie die Resonanz auf die 1997 von Pauline Hanson gegründete rechtslastige One Nation Party zeigte, tat (und tut) sich eine Minderheit von Australiern schwer damit, von einem Gefühl der Überlegenheit Abschied zu nehmen. Zwar fehlten Pauline Hanson Sachwissen und ein kohärentes politisches Konzept, aber ihre populistische Reden von der heilen Welt der Vergangenheit, als „die Schwarzen noch genügsam und bescheiden waren“ und noch keine „Massen von Einwanderern“ aus Asien das Land „überschwemmten“, fanden eine Zeit lang durchaus Gehör, ihre Partei Anhänger und Sitze in einigen Parlamenten der Bundesstaaten. Zu Anfang des Jahrtausends war die One Nation Party dann wieder von der politischen Bildfläche verschwunden.
    Die
prinzipielle
Anerkennung der Landrechte der Ureinwohner auf juristischer und politischer Ebene nach mehr als 200 Jahren war ein erster Schritt in Richtung Versöhnung. Den nächsten Schritt – ein offizielles Eingeständnis des in der Vergangenheit den Ureinwohnern zugefügten staatlichen Unrechts und ein Reuebekenntnis – wies die Regierung John Howard(1996–2007) weit von sich. Die von ihm verächtlich als „Black Armband History“ bezeichnete Geschichtsauffassung, formuliert von professionellen Schwarzsehern, war ihm zutiefst zuwider. Howards

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