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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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mir erzählt, dass er einen Sohn in meinem Alter hat, der mir ähnlich sieht.»
    «Gut. Und wie ist es hier?»
    «Hier bei dir?»
    «Nein, in Fontaines, aber wir können auch von unseren Sitzungen sprechen, wenn dir das lieber ist.»
    «Na ja, da gibt es nicht viel zu erzählen. Alle Leute in Fontaines sind sehr nett, mit Ausnahme von diesem Aziz, und das Essen ist auch in Ordnung.»
    Manchmal gehen mir diese ganzen Fragen auf die Nerven, und ich frage, ob ich spielen gehen darf, und Madame Colette erlaubt es mir, und bevor ich gehe, räume ich meine Zeichnungen in die Schublade mit meinem Namen ein.
    Beim ersten Mal habe ich mit dem schwarzen Filzstift das Wort Icare durchgestrichen und mit Buntstiften Pflaume darüber geschrieben.
    Alle Kinder haben eine Schublade, nur Simon nicht.
    Ich habe Madame Colette gefragt, warum, und sie hat mir
geantwortet, dass Simon nicht zu ihr kommt, und ich habe gefragt, warum, und sie hat zu mir gesagt, dass die Neugier eine Unart wäre, und hat mich zur Tür begleitet.
    Daraufhin habe ich Simon gefragt, und er hat mir gesagt:«Weil ich keine Lust habe, zu der Psychologin zu gehen», und ich habe gefragt, warum, und er hat gesagt:«Manchmal nervst du wirklich, Pflaume.»
    Ich glaube, dass Simon alles über uns andere weiß und nichts über sich selbst.

Der Richter sieht ganz anders aus als der dicke Mann im Fernsehen, der immer vor den Gendarmen den Schuldigen entlarvt. Er ist ganz dünn, und wenn er steht, zieht er dauernd seine Hose hoch, und ich beiße mir in die Backe, um nicht zu lachen, weil Rosy mir hundertmal vorgebetet hat:«Der Richter ist eine Respektsperson, und du darfst dich nicht über ihn lustig machen.»
    Rosy kennt mich gut.
    Sie hat sogar verlangt, dass ich es«bei Tod und Teufel, Gift und Galle, und wenn ich lüge, komme ich in die Hölle»schwöre und danach auf den Boden spucke, und sie hat nicht lockergelassen.
    «Du musst einen guten Eindruck machen, wenigstens beim ersten Mal. Also achte bitte auf deine Ausdrucksweise, keine Kraftausdrücke, verstanden? Und antworte auf die Fragen des Richters, ohne frech zu werden.»
    Madame Papineau ist auch da, was normal ist, denn wir sind in ihrem Büro, und wegen uns wird sie nicht spazieren gehen.
    Die Tür ist zu, und wenn Madame Papineaus Tür zu ist,
dann traut sich keiner reinzukommen, weil man sonst bestraft wird. Sogar die Sekretärin steckt den Kopf nicht rein, weil die Direktorin sie deswegen einmal so scharf angeschaut hat, dass sie gestottert hat:«Oh, Verzeihung, ich komme später wieder.»
     
     
    «Mein Kind, sag mir, ob du dich an deinen Vater erinnerst», sagt der Richter zu mir.
    «Nein, ich war noch zu klein, als mein Papa mit einer Pute auf Weltreise gegangen ist. Wenn ich Mama gefragt habe, hat sie nur geschimpft wie ein Rohrspatz. Einmal hat sie zu mir gesagt, dass alles Schlechte auf der Welt von den Leuten aus der Stadt kommt, solchen wie Papa, mit ihren Lackschuhen und ihren schönen Reden, die falscher klingen als das Krähen vom Hahn.»
    «Und erinnerst du dich an den Unfall deiner Mama?»
    «Nein, sie hat mir davon erzählt. Sie kam einmal vom Trödelmarkt zurück, wo sie nichts gefunden hatte, und sie fuhr mit dem Renault 404 und hat ihn um die Eiche vom Nachbarn gewickelt, die hinterher gefällt worden ist und aus der ein Bett und ein Tisch für den Nachbarn gemacht worden sind, und das war wegen dem Monsieur und seinen Unglückspapieren, wo draufstand ‹beschlagnahmt wegen unbezahlter Schulden›. Auf denen von Mama steht ‹behindert›, und weil mein Papa keine Adresse hinterlassen hat und es mich gibt, hat ein anderer sehr netter Monsieur zu Mama gesagt, dass sie nicht mehr in der Fabrik arbeiten muss, und seitdem bekommt sie jeden Monat Geld, damit sie mir Hemden in der richtigen Größe und Lebensmittel kaufen kann.»
    «Und wie war es mit deiner Mama vor dem Unfall?»
    «Oh, super. Als Mama noch in der Fabrik arbeiten ging, bin ich aufgestanden, wenn der Wecker mir in den Ohren geklingelt hat. Dann habe ich ganz allein mein Frühstück gemacht, eine große Tasse Kakao und ein Brot mit Erdbeermarmelade,
und ich bin mit dem Schulranzen auf dem Rücken losgerannt, um den Bus zu erwischen. Wenn ich von der Schule zurückkam, hat Mama in der Küche mit einem großen Glas Milch und mit Butterbroten mit Puderzucker auf mich gewartet, und ich habe ihr erzählt, was ich erlebt habe, dass ich in der Pause beim Schussern mit dem dicken Marcel gewonnen habe, oder die Geschichte, wie die

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