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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Hände so dreckig sind wie unsere Kleider. Hinterher ziehen wir saubere Sachen an und duften nach Raymonds Eau de Cologne, mit dem wir uns alle drei vollgespritzt haben.
    Und wir spielen mit Victor Nintendo.
    «Zu Tisch, Kinder!», ruft Raymond, und er lächelt uns an, als wären wir alle drei gleich.
    Wir essen Tomaten mit Petersilie aus dem Garten und ein Hühnchen und Kartoffelpüree und Erdbeeren mit Schlagsahne, und das sieht man alles auf dem T-Shirt von Victor, der wie Béatrice mit den Fingern isst.
    «Victor, deine Gabel!», sagt Raymond.
    «Was ist mit meiner Gabel?»
    «Spiel nicht den Kasper vor deinen Freunden. Nimm deine Gabel zum Essen.»
    Und Victor nimmt seine Gabel, und seine Hand zittert, und alles landet auf seinem T-Shirt, und sein Papa verdreht die Augen, und Camille und ich, wir nehmen unsere Gabeln und zittern mit den Händen, und alles landet auf unseren sauberen Kleidern, und Victor muss lachen und Raymond auch.
    Hinterher sehen wir ein bisschen fern; im Fernsehen läuft ein Fußballspiel, und Camille und ich müssen gähnen, als wollten wir uns den Kiefer ausrenken.
    «Ab ins Bett, meine Kinder», sagt Raymond und drückt uns ganz fest, und es ist ein komischer Anblick, wie Camilles kleine Hände sich um seinen riesigen Hals legen.
    Kaum ist Camille im Bett, macht sie die Augen zu.
    Und ich weiß auch nicht mehr viel von dem, was danach war.

Raymond trinkt seinen Kaffee. Und er fragt, ob wir Lust hätten, den Tag im Monsterpark zu verbringen.
    Mir fällt das Marmeladenbrot aus der Hand.
    «Ist das dein Ernst?», frage ich misstrauisch.
    Bei den Erwachsenen weiß man nie so recht.
    «Mein voller Ernst», antwortet der Gendarm.
    «Wahnsinn!», rufen Victor und ich wie aus einem Mund.
    «Was ist der Monsterpark?», fragt Camille, der die Sache nicht geheuer zu sein scheint.
    «Das ist ein Vergnügungspark», sage ich,«mit Geisterbahn und allem, was dazugehört. Ich war einmal mit Grégory und seiner Mama dort, und es war supercool. Nur dass mich Mama hinterher angeschrien hat, weil ich mit dem Schmutz unter meinen Schuhen den Teppich verdreckt habe, und sie wollte nicht hören, wie es gewesen war, und ich musste auf den Speicher gehen, damit ich keine Abreibung kriegte, die sich gewaschen hat, und ich konnte nur den Äpfeln von dem Park erzählen.»
     
    Der Monsterpark blitzt und blinkt im Sonnenlicht, als hätten alle Kinder«Treppendienst»gehabt und die Fahrgeschäfte auf Hochglanz gewienert.
    Raymond kauft uns rosa Zuckerwatte. Dabei weiß doch jeder, dass Watte in Wirklichkeit gar nicht süß ist. Manchmal sind Namen wirklich zu blöd.
    Unsere Augen verschlingen die Fahrgeschäfte, und unsere Füße bleiben am fettigen Papier kleben.Victor nimmt die Hand seines Papas und hält sie ganz fest, als wir in der Schlange vor der Geisterbahn anstehen. Camille setzt sich auf das Absperrgitter und baumelt mit den Beinen und zupft mit den Lippen an ihrer Zuckerwatte.
    «Pass auf, dass du den Stiel nicht verschluckst», sagt Raymond, als wäre Camille wild darauf, sich ein Loch in den Magen zu bohren.

    Die Erwachsenen sagen manchmal richtigen Blödsinn, weil ihnen die Angst das Herz zerfleischt.
    Sie sollten lieber auf die Stille hören.
    Man sollte meinen, die Kinder wären total bescheuert und hätten nichts anderes im Sinn, als an einem Lutscher zu ersticken oder vom Fahrrad zu stürzen und sich den Hals zu brechen oder die Treppe runterzufallen und sich Arme und Beine zu brechen oder Salmiakputzmittel zu trinken, weil das mal was anderes ist als immer nur Cola.
    Dabei muss man gesehen haben, wie die Erwachsenen sich als Erwachsene ausgeben und noch mehr Dummheiten machen als wir Kinder. Natürlich sind wir nicht so brav wie Puppen, die sich nie bewegen, das ist wahr, aber kein Kind bricht in Häuser ein oder sprengt andere Leute mit Bomben in die Luft oder schießt mit Maschinengewehren um sich, abgesehen von mir, aber das war nur ein Revolver und keine Absicht, während die Bösewichter es immer mit Absicht tun, weil sie anderen Leuten wehtun und ihnen ihre Ersparnisse stehlen, und das ist nicht in Ordnung. Und hinterher schlafen die Leute unter den Brücken und warten darauf, dass sie in den Himmel aufgenommen werden, damit sie sich um nichts mehr kümmern müssen.
     
     
    Und wir sitzen in der Geisterbahn.
    Ein Gerippe springt aus einem Kasten und berührt die Haare von Camille und mir, und Camille schreit auf und schmiegt sich an mich. Manchmal rast der Wagen los, und man hat den

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