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Autofab

Autofab

Titel: Autofab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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hinüber.
    Das
Schiff war riesig. Die schablonierte Kennung quer über seiner
Schnauze war erhalten geblieben, noch nicht völlig von Flugasche
und der sengenden Sonnenhitze verwischt.
    U.S. ARMY ARTILLERIE SERIE A-3 (B)
    Ursprünglich
war es eine Hochgeschwindigkeitswaffe zur »massiven
Vergeltung« gewesen, bestückt mit einem H-Sprengkopf,
bereit, dem Feind wahllosen Tod zu bringen. Das Projektil war nie
abgeschossen worden. Sowjetische Toxinkristalle waren unbemerkt durch
Türen und Fenster in die Kasernen des Truppenoberkommandos geweht.
Als der Abschußtag kam, gab es keine Mannschaft mehr, sie
loszuschicken. Aber das spielte keine Rolle – es gab auch keinen
Feind mehr. Monatelang hatte die Rakete auf ihren Hinterbacken gehockt … sie war auch noch da, als die ersten Flüchtlinge sich in den Schutz der Bergruinen verirrten.
    »Schön,
nicht?« sagte Patricia Shelby. Sie blickte von ihrer Arbeit auf
und schenkte Tellman ein trübes Lächeln. Ihr kleines,
hübsches Gesicht war von Erschöpfung zerfurcht; sie
    hatte ihre Augen überanstrengt. »So ähnlich wie das Trylon auf der Weltausstellung in New York.«
    »Mein Gott«, sagte Tellman, »daran erinnern Sie sich noch?«
    »Ich
war damals acht«, antwortete Patricia. Im Schatten des Schiffes
überprüfte sie sorgfältig die automatischen Relais, die
Sauerstoffzufuhr, Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Schiff regelten.
»Aber das werd ich nie vergessen. Vielleicht war ich ja ein
Präkog – als ich sah, wie es in die Luft ragte, da
wüßte ich, daß es eines Tages für alle sehr
wichtig sein würde.«
    »Für
uns zwanzig«, verbesserte Tellman. Plötzlich bot er ihr den
Rest seiner Zigarette an. »Hier – Sie sehen aus, als ob
Sie’s gebrauchen könnten.«
    »Danke.«
Patricia machte mit ihrer Arbeit weiter, die Zigarette zwischen den
Lippen. »Ich bin fast fertig – Mann, ein paar von den
Relais hier sind vielleicht winzig. Überlegen Sie nur mal.«
Sie hielt eine mikroskopisch kleine Waffel aus durchsichtigem Plastik
in die Höhe. »Wenn wir alle im Koma liegen, entscheidet das
Ding hier über Leben und Tod.« Ein seltsamer,
verschüchterter Blick schlich sich in ihre dunkelblauen Augen.
»Und zwar der gesamten Menschheit.«
    Tellman lachte schallend. »Genau wie Flannery. Der gibt auch dauernd so einen idealistischen Quatsch von sich.«
    Professor
John Crowley, ehemals Leiter des Fachbereichs Geschichte in Stanford,
jetzt nomineller Führer der Kolonie, saß bei Flannery und
Jean Dobbs und untersuchte den eiternden Arm eines zehnjährigen
Jungen. »Strahlung«, sagte Crowley bestimmt. »Der
Gesamtpegel steigt von Tag zu Tag. Das liegt an der Asche, die sich
langsam setzt. Wenn wir nicht bald hier wegkommen, sind wir
erledigt.«
    »Das
hat mit Strahlung nichts zu tun«, verbesserte Flannery; sein
Tonfall vermittelte absolute Gewißheit. »Das ist ‘ne
Toxinkristall-Vergiftung; oben in den Hügeln liegt das Zeug
knietief. Er hat irgendwo da oben gespielt.«
    »Stimmt
das?« fragte Jean Dobbs. Der Junge nickte; er wagte es nicht, sie
anzuschauen. »Sie haben recht«, sagte sie zu Flannery.
    »Tun
Sie was Salbe drauf«, sagte Flannery. »Und hoffen Sie,
daß er am Leben bleibt. Außer Sulfatiazol haben wir nicht
sehr viel.« Plötzlich nervös geworden, blickte er auf
seine Uhr. »Es sei denn, sie bringt heute das Penicillin
mit.«
    »Wenn
sie’s heute nicht mitbringt«, sagte Crowley, »bringt
sie’s gar nicht mehr mit. Das ist die letzte Fuhre; sobald die
verstaut ist, starten wir.«
    Flannery rieb sich die Hände und brüllte plötzlich: »Dann holen Sie schon das Geld raus!«
    Crowley
grinste. »Gut.« Er kramte in einer der
verschließbaren Stahlkisten und riß eine Handvoll
Geldscheine heraus. Er hielt Tellman ein Bündel Scheine vor die
Nase und zog es zu einem einladenden Fächer auseinander.
»Nehmen Sie welche. Nehmen Sie alle.«
    »Seien
Sie vorsichtig damit«, meinte Tellman nervös. »Sie hat
wahrscheinlich wieder die Preise erhöht.«
    »Wir
haben jede Menge davon.« Flannery nahm etwas Geld und stopfte es
in einen halbvollen Lader, der auf dem Weg zum Schiff vorbeigekarrt
wurde. »Geld weht um die ganze Welt, zusammen mit der Asche und
Knochenpartikeln. Auf der Venus brauchen wir’s nicht –
meinetwegen kann sie alles haben.«
    Auf
der Venus, dachte Tellman grimmig, würde alles in seine
rechtmäßige Ordnung zurückfallen – und Flannery
würde Kloaken ausheben, wie es sich für ihn gehörte.
»Was bringt sie denn so mit?« fragte er

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