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Titel: Autor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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teilnahmslos.
    Dieser eigenartige Kontrast jagte Eiszapfen einen kalten Schauder den Rücken hinunter. Er starrte lange in Seths blasses, hageres Gesicht, von dem eine so starke hypnotische Wirkung ausging, daß er sich regelrecht zwingen mußte, seinen Blick wieder Halloway zuzuwenden.
    »Warum waren Sie so sicher, daß ich kommen würde? Woher nahmen Sie die Gewißheit, auf mich zu warten?«
    »Wir hatten den Eindruck gewonnen, daß Sie gar keine andere Wahl hätten. Als Kessler nicht wieder auftauchte, stand für uns fest, daß irgend etwas mit Kesslers Auftrag schiefgelaufen war. Weder er noch Sie haben auf unsere weiteren Nachrichten reagiert. Widerstrebend mußten wir daraus schließen, daß auch Ihr Vater verschwunden war und vielleicht sogar Sie mit ihm. Zugleich stand für uns jedoch außer Zweifel, daß Sie nichts unversucht lassen würden, Ihren Vater wiederzufinden, falls Sie sich noch auf freiem Fuß befinden. Und wohin hätten Sie sich schon wenden sollen? Hierher natürlich. An den Ort des Treffens, an dem Sie nicht teilgenommen hatten; an die Gruppe, die Kessler ausgeschickt hatte, um mit Ihnen zu sprechen. Oder sollten Sie etwa noch einen anderen Anhaltspunkt gehabt haben?«
    »Ich hoffe«, schaltete sich nun wieder Seth in seiner emotionslosen Sprechweise ein, »daß Sie nichts dagegen haben, mit mir zusammenzuarbeiten.«
    Eine weitere Erklärung war nicht nötig. Eiszapfen wußte, was er meinte.
    Seths und Eiszapfens Väter waren einst die am meisten gefürchteten Männer Europas gewesen. Obwohl sie durch eine gemeinsame Sache miteinander verbunden waren, waren sie dennoch auch Rivalen gewesen, und hätten sie nicht für dieselbe Sache gestritten, hätte man sie sogar als erbitterte Feinde bezeichnen können. Zwischen den beiden Männern hatte sich ein erbitterter Konkurrenzkampf abgespielt. Jeder hatte versucht, den anderen in der Gunst ihres Auftraggebers auszustechen. Außerdem hatten beide Männer dieselbe Frau geliebt, und nachdem deren Wahl auf Eiszapfens Vater gefallen war, wurden aus beruflichen Differenzen auch persönliche. Zumindest was Seths Vater betraf, wandelte sich Eifersucht in tödlichen Haß. Und der Konflikt zwischen den beiden sollte sich noch mehr zuspitzen, als die Sache, der beide sich verschrieben hatten, kläglich scheiterte. Als sie sich in der Folge einmal für diese, einmal für jene Seite verdingten - je nachdem, wer am meisten für ihre Dienste bot -, standen die beiden sich nicht selten in feindlichen Lagern gegenüber, was vor allem für Seths Vater einen ganz besonderen Anreiz dargestellt hatte. Nach ihrer Pensionierung hatten sie schließlich die halbe Welt zwischen sich gebracht, indem der eine sich in Australien niederließ, der andere in Südamerika.
    Eiszapfens Vater hatte am Bondi Beach von Sydney immer ein T-Shirt getragen, um die zwei Narben auf seiner Brust zu verbergen. Sie rührten von zwei Kugeln seines Rivalen her.
    4
    Und nun stand Eiszapfen dem Sohn des erbitterten Feindes seines Vaters gegenüber. Der Anblick des hageren, bleichen Mannes mit der finsteren Miene und dem grauen Anzug verursachte ihm ein Kribbeln im Magen, als trieben dort Spinnen ihr Unwesen. Selbst dem Decknamen >Seth< haftete etwas Unheimliches an. Seth war der ägyptische Gott der Wüste, der Dürre und der Unfruchtbarkeit, des Chaos, der Dunkelheit und der Zerstörung. Der rote Gott
    - rot wie das Haar dieses Mannes. Seth war immer totenbleich, wenn er in menschlicher Gestalt abgebildet wurde
    - bleich wie die Haut seines Gegenübers. Aber in den meisten Fällen wurde der Gott als monströses Tier dargestellt
    - mit dem Körper eines Windhunds und der Schnauze eines Ameisenbären, mit gedrungenen Ohren und einem gegabelten Schwanz.
    Der Gott des Todes.
    Seth. Der perfekte Deckname für einen Berufskiller.
    Und wie sieht es mit meinem Decknamen aus? Eiszapfen?
    Seth streckte seine Hand aus. »Mein Vater hat Ihre Mutter sehr geliebt.«
    Eiszapfen nickte. »Mein Vater hat es sehr bedauert, daß er und Ihr Vater keine Freunde sein konnten.«
    »Aber wir beide könnten Freunde sein - oder zumindest Verbündete. Vereint durch ein gemeinsames Ziel.«
    Eiszapfen spürte, daß Seth nie jemandes Freund hätte sein können. Aber darauf kam es jetzt nicht an. Im Augenblick bestanden zwischen ihnen keine direkten Interessenkonflikte, und zudem sprach alles dafür, daß sie sich gemeinsam an die Bewältigung der Aufgabe machen mußten, die sich ihnen nun stellte. Wenn sie beide sich mit ihren

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