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Straßenseite. Es war kurz nach zwanzig Uhr. Sie warteten bereits fünfzehn Minuten, und falls Gattos Angaben richtig waren, mußte der Mann mit dem Decknamen Medici in den nächsten fünf Minuten in dem Restaurant auftauchen.
Das Restaurant gilt als neutrales Territorium, hatte Gatto gesagt. Geschäfte werden dort nicht abgewickelt. Medici verkehrt in dem Lokal lediglich aufgrund seiner hervorragenden Küche und seines gut bestückten Weinkellers. Er erscheint dort fünf nach acht, speist ausgiebig zu Abend, gibt den Kellnern großzügige Trinkgelder und kehrt Punkt zehn Uhr nach Hause zurück, wo er von einer Prostituierten erwartet wird; es ist übrigens jeden Abend eine andere. Sein Haus ist selbstverständlich schärfstens bewacht. Aber dieses Restaurant ist seine Schwachstelle. Andererseits ist diese Gewohnheit unter normalen Umständen auch mit keinerlei Risiken verbunden. Die einzelnen terroristischen Gruppen haben keine Veranlassung, ihn zu bedrohen. Und den Behörden ist vollkommen klar, daß sämtliche Terroristen, die mit Medici zusammenarbeiten, auf der Stelle alle ihre Pläne umwerfen würden, falls er verhaftet werden sollte.
Würde die terroristische Vereinigung, die den Kardinal entführt hat, nicht sofort auf uns aufmerksam werden, wenn wir Medici auf den Zahn fühlen, hatte Drew darauf seine Bedenken angemeldet.
Aber die Entführung des Kardinals gehört doch längst der Vergangenheit an, hatte Carelli ihn daraufhin beruhigt. Kein Mensch käme auf die Idee, Medici könnte, in Zusammenhang mit dem Verschwinden Kardinal Pavelics vor mehreren Monaten, entführt worden sein. Nein, Haverford, deswegen brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.
Damit waren Drews Bedenken jedoch keineswegs zerstreut, zumal für das Gelingen seines und Arlenes Vorhaben ein gut eingespieltes Team von mindestens zehn Leuten erforderlich gewesen wäre. Natürlich konnten es auch zwei schaffen, wenn alles glattging. Aber sobald auch nur die geringste Kleinigkeit schieflief, brauchten sie dringend Verstärkung, um ihr Vorhaben erfolgreich zu Ende führen zu können.
Im Dunkel ihres Beobachtungspostens legte Drew nun Arlene seine Hand auf die Schulter, um ihr Mut zu machen.
Sie strich darauf in einer liebevollen Geste über seine Finger. Und dann begann sie leise zu flüstern, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Wir riskieren es nur, wenn die Umstände es erlauben. Da wir nur zu zweit sind, erregen wir zumindest weniger Aufsehen als ein ganzes Team. Und vor allem wird Medici nicht mit unserem Erscheinen rechnen.«
Drew pflichtete ihr bei. Schließlich blieb ihnen auch gar keine andere Wahl, wenn sie nicht auf eine wichtige Informationsquelle verzichten wollten. Und was hätten sie ohne ein paar Anhaltspunkte schon weiter unternehmen können? Sie hätten höchstens abwarten können, bis die Bruderschaft sie eines Tages aufgespürt und wegen ihres Versagens liquidiert hätte. Ein ungewisser Tod war mit Sicherheit besser als ein gewisser. Zu dieser Überzeugung waren er und Arlene bereits am Abend zuvor gelangt. Um sich von der Bruderschaft loszukaufen, mußten sie nun einmal gewisse Risiken auf sich nehmen.
Plötzlich tauchte links von ihnen eine Limousine auf. Drew nahm seine Hand von Arlenes Schulter. Sie zogen sich tiefer in das Dunkel des Hinterhofs zurück. Als die Limousine näherkam, konnte Drew den Chauffeur erkennen. Der Fond war vom Vordersitz durch eine getönte Scheibe abgetrennt. Und da auch die Seitenfenster aus getöntem und vermutlich kugelsicherem Glas waren, konnte Drew nicht sehen, wer auf dem Rücksitz saß. Das war jedoch auch nicht nötig. Die Autonummer stimmte mit der überein, die Gatto ihm genannt hatte. Der Wagen gehörte eindeutig Medici.
Er hielt vor dem Restaurant. Der Chauffeur stieg aus. Seine Uniformjacke wies dort eine leichte Wölbung auf, wo er seine Pistole trug. Er öffnete die hintere Wagentür, um einen Mann aussteigen zu lassen. Dieser trug zwar anstatt einer Uniform einen Anzug, doch auch seine Jacke wies die gleiche leichte Wölbung auf. Nach ihm stieg ein zweiter Mann aus; er hatte ein schmales Wieselgesicht und trug einen Smoking. Gattos Beschreibung von Medici traf genau auf ihn zu.
Drews Plan sah folgendermaßen aus: Sie würden den Chauffeur überwältigen, während er darauf wartete, daß Medici vom Abendessen zurückkam. Wenn Medici dann um zehn das Lokal verließ, würden Drew und Arlene auch den Leibwächter im Anzug ausschalten und mit Medici in seinem Wagen
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