Avalons Geisterschiff
passiert.«
»Einverstanden.«
Cameron klopfte seine Pfeife aus. »Ich habe einiges vorbereitet«, erklärte er.
»Sehr gut. Und was?«
Die Antwort erhielt ich, nachdem sich der Mann wieder aufgerichtet hatte. »Zumindest liegt eine Lampe im Boot. Ich habe auch Enterhaken besorgt. Schwimmwesten liegen ebenfalls bereit, und es ist Ihre Sache, ob Sie eine davon anlegen wollen oder nicht.«
»Ich versuche es zunächst mal ohne.«
»Bitte, das ist Ihre Entscheidung.« Er stand auf, und ich erhob mich ebenfalls. Wir klappten die Stühle zusammen, die Cameron in seinem Wohnwagen verstaute. Danach zog er die Tür zu und schloss ab. »Dann sollten wir uns langsam auf den Weg machen. Ich kann nur hoffen, dass Sie mit Ihrem Gefühl Recht behalten und sich das Schiff zeigen wird.«
»Mal sehen.«
Cameron blieb noch mal stehen. »Wie, ist mir allerdings ein Rätsel. Ich frage mich nämlich, warum das. Schiff erscheint und nicht verschwunden bleibt. Wo letztendlich auch immer. Das will mir nicht so richtig in den Kopf.«
»Ich weiß es auch nicht.«
»War dieser Fliegende Holländer nicht verflucht?«
»Ja, ich denke.«
»Dann könnte ein Fluch dahinter stecken.« Er lächelte. »Gar nicht mal so verkehrt gedacht - oder?«
»Nicht schlecht.«
Cameron lachte und schüttelte den Kopf. »Manchmal habe ich das Gefühl, als wollten Sie mir nicht alles sagen.«
»Das täuscht.«
»Naja, jedenfalls werden wir uns überraschen lassen.«
»Da sagen Sie was...«
***
Wieder begann die gleiche Prozedur. Wir schoben das kompakte Schlauchboot ins Wasser, stiegen ein und nahmen die gleichen Plätze ein wie schon bei der ersten Fahrt.
Mir kam der See jetzt anders vor. Geheimnisvoller und auch unheimlicher. Das Leben, das sich am Tag verborgen gehalten hatte, schien sich nun die Dunkelheit zunutze gemacht zu haben und war an die Oberfläche gestiegen. Zwar war nichts davon zu erkennen, es huschten keine Fische aus dem Wasser und Nessie ließ sich ebenfalls nicht blicken. Aber die Geräusche hatten sich verändert. Sie kamen mir jetzt lauter vor, intensiver. Ich erlebte das Rauschen des Wassers, das Plätschern, das Schlagen der Wellen gegen den Wulst der Bordwand, das alles hatte sich intensiviert. Nicht meine Ohren waren empfindlicher geworden, es lag an der Stille der Nacht, dass ich die Umwelt so erlebte.
Wir schaukelten auf den ufernahen Wellen. Cameron hatte den Außenborder noch nicht angelassen. Schon jetzt wusste ich, dass mich dieses Geräusch stören würde.
Earl Cameron bemerkte meine zögerliche Haltung. »Haben Sie irgendwelche Probleme?«
»Nein, das nicht. Oder nicht wirklich. Ich habe nur darüber nachgedacht, dass ein Motorengeräusch die Stille zu sehr stört.«
»Stimmt. Aber wollen Sie rudern?«
»Nicht unbedingt.«
Cameron lachte. »Es würde sogar klappen, aber wir kämen verdammt aus der Puste. Vielleicht sollten wir uns darauf einigen, dass wir einen großen Teil der Strecke mit Außenborder fahren und den Rest rudern.«
»Gut.«
»Wollen Sie nicht doch lieber eine Schwimmweste an legen?«
»Ich denke nicht. So gut der Vorschlag auch gemeint ist, sie würde mich in meinen Aktivitäten nur behindern.«
»Naja, Sie müssen es wissen.«
Die ablaufenden Wellen hatten uns ein wenig vom Ufer weggetrieben. Das Wasser war hier tief genug, um auch mit Motor fahren zu können. Den kippte Cameron ins Wasser und griff nach der Schnur. Er zog zweimal, dann sprang der Motor an. Zuerst hörten wir nur ein Tuckern, das sehr bald in ein gleichmäßiges Geräusch überging. Ich wurde beim Start etwas zurückgedrückt, danach lief alles wie gehabt.
Nur war es diesmal dunkel auf dem Wasser. Wir hatten kein Licht gesetzt. Das war zwar verboten, aber in diesem Fall mussten wir uns nach unserer Aufgabe richten.
Die Dämmerung gab es nicht mehr. Sie war von der Dunkelheit der Nacht endgültig verschluckt worden. Ich hatte den Eindruck, durch einen tiefen Tunnel zu fahren, der an zwei Seiten immer mehr zuwuchs, denn es waren keine Lichter mehr zu sehen. Wenn wir eine Helligkeit erlebten, dann stammten die Reflexe vom Wasser, wenn sich die Wellen auf der Oberfläche trafen und kleine Schaumkronen bildeten.
Es war auch nicht mehr so windstill wie sonst. Der Nachtwind fuhr von den Hügeln herab und strich über den See. Er brachte die Kühle des Wassers mit, die auch über unsere Gesichter streifte und einen leichten Schauer auf meiner Haut hinterließ.
Ich hielt meinen Blick nach vorn gerichtet. Aber ich schaute
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