Avanias der Große
nur noch eine Sache, die mir auf dem Herzen liegt. Nohandas möchte mit uns ziehen. Seid ihr damit einverstanden?“
Es wurde still.
Für gewöhnlich richteten die Palparen die zu Tode Verurteilten durch den Strang hin. Bei einigen wenigen, die sich besonders schwerer Vergehen schuldig gemacht hatten, machten sie eine Ausnahme. Diese Verurteilten sollten möglichst lange gequält werden, bis sie starben. So wurden sie mit einem etwa einer halben Elle breitem Pfahl hingerichtet. Unvorstellbar groß muss der Schmerz gewesen sein, die diese armen Männer erleiden mussten, als die Vollstrecker den Pfahl durch ihre Lenden hindurch durch ihren Körper spießten. Der Anblick der schreienden und blutüberströmten Sterbenden war schauerlich Angst einflößend.
Das Volk wurde in den Palast gelassen, um Zeugen von Dinjakis' Exekution zu sein. Es kamen auch viele alte Frauen, die von Dinjakis' Predigten viel gehört und Mitleid mit ihm hatten.
Böntschakis nahm seinen Platz links von der Hinrichtungsstätte ein, wie sonst auch immer. Eine Handvoll von Soldaten vollzog die Exekution. Sie lachten laut und amüsierten sich über den armen Verurteilten. Böntschakis musste auch in dem Moment lächeln, als Dinjakis so laut wie noch nie ein Mensch vor Schmerzen brüllte, als sie den Pfahl durch seinen Körper spießten und ihn aufrichteten.
Einige der anwesenden alten Frauen weinten leise. Sie konnten nichts für ihn tun. Niemand traute sich, sich gegen ihren König zu erheben. Somit war Dinjakis' Leidensweg vorherbestimmt.
Die drei heuchlerischen Priester waren auch anwesend und standen einige Schritte direkt vor der Hinrichtungsstätte. Anakis, der Hohepriester, ließ sich entschuldigen, da er angeblich anderweitig beschäftigt war. In Wahrheit war er ein Gegner der Verurteilung des Dinjakis.
Schrecklich war das, was die Anwesenden vor sich sahen, nämlich einen Mann, dem man einen Holzpfahl durch den Körper gerammt hatte. Am oberen Ende ragte die blutige Spitze des Pfahls heraus. Dinjakis lebte noch, er hatte aufgehört zu schreien und war bewusstlos geworden. Nach einigen Augenblicken öffnete er wieder seine Augen. Sein Mund zitterte, sein ganzer Körper war steif geworden, überall an ihm waren Wunden und Blut zu sehen.
Bronanis ergötzte sich an diesem Moment seines persönlichen Triumphs über seinen größten Widersacher. Auch Leanis verzog sein Gesicht, er gab von sich ein leises Gelächter. Nur Tebekis schien etwas Mitleid für seinen Rivalen zu haben und wandte seine Augen ab.
„Wo ist deine Macht jetzt? Du hast doch angeblich so viele Wunder vollbracht und so vielen Menschen geholfen. Nun hilf dir selbst!“ Sogar jetzt scheute sich Bronanis nicht davor, den vermeintlich falschen Propheten zu provozieren.
Dinjakis strengte sich an und sprach noch einige letzte Worte zu Bronanis: „Der Einzig Wahre, der Allerhöchste und ich vergeben dir, denn in deinem blinden Eifer weißt du nicht mehr, was du tust!“
Bronanis und Leanis wurden still und verzogen ihre Gesichter. Sie hatten ihm soviel Übles angetan und sogar jetzt noch hielt Dinjakis an seiner Botschaft von der Vergebung der Feinde fest. Auch Bronanis
musste zugeben, dass er in dem Punkt der Authentizität des Verurteilten unrecht hatte und dieser Mann alles, was er gepredigt hatte, wohl ernst meinte, und bereit war, dafür sogar zu sterben.
In dem Moment als Dinjakis' Kraft schwand und er starb, verdunkelte sich der Himmel und ein Sturm fegte nun über den Palast hinweg. Böntschakis hatte so etwas noch nie erlebt. Er befahl seinen Soldaten, ihn sofort hineinzubringen. Tebekis hob seinen Kopf an und schaute zum toten Dinjakis auf. Dieser Mann, dieser Priester des Böntschakis, war lange Zeit ein eifriger Gegner des Dinjakis gewesen. Nun hatte er starke Zweifel an seinem Glauben. Er bereute alles, was er gegen diesen unschuldigen Mann gesagt hatte. Er blieb wie angewurzelt dort stehen, während die anderen Anwesenden sich laut schreiend davon machten. Leanis zog an Tebekis' Oberarm, aber er blieb standhaft. Einige Tränen tropften aus seinen Augen. Es regnete so stark, wie es im gesamten Land Östrake noch nie zuvor geregnet hatte. Ein Soldat war noch da geblieben, nahm eine Lanze und stach sie in die linke Rippe des Exekutierten, um sicher zu gehen, dass der Verurteilte auch tatsächlich tot war.
Auch Sassanias in seiner Zelle konnte den Sturm draußen toben hören. Ihm kam es vor, als würde der Weltuntergang unmittelbar bevorstehen. Dann bebte
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