Avanias der Große
Beziehung in ihrem bisherigen Leben kaputt gemacht. Sie war ein warmherziges Mädchen, aber das, was sie sich in der letzten Zeit hören und über sich ergehen lassen musste, war Zu viel für sie. Auch die von Natur aus guten Menschen gelangen irgendwann an einen Punkt, wo der Damm bricht und dann auch sie vom Strom des Hasses unaufhaltsam mitgerissen werden! Avanias hingegen empfand zwar nun auch viel Abscheu für seine verräterische Schwester, aber er wünschte ihr nichts Böses. So viele Sachen gingen ihm immer wieder durch den Kopf. Er nahm sich vor, Magria zu schnappen und sie zur Rede zu stellen.
Einige Schritte vor ihnen stand Lumkin. Er war nervös und dachte die ganze Zeit nur an Nandia. Er hatte gesehen, dass sie mit ihrem Bruder weggegangen war. Jetzt sah er sie wiederkommen. Lumkin schlenderte unauffällig auf sie zu, sie eilte aber in großen Schritten voraus, um sich wieder zu Nohandas zu gesellen. Natürlich hatte sie Lumkin durch den Blickwinkel ihres linken Auges gesehen und wusste, dass er zu ihr kommen und sich von ihr verabschieden wollte. Aber Nandia war keine Frau, die schnell nachgeben wollte. Wie hätte sie denn so schnell vergessen können, was er ihr angetan hatte? Lumkin blieb verzweifelt stehen. Avanias bemerkte dies, stolzierte zu ihm und legte seinen linken Arm um seine Schultern. Seit dem Abend der letzten Absprachen vor dem Abmarsch wusste er, dass Lumkin kein Scharlatan war.
Wie abgesprochen sollte Lamandias gemeinsam mit Aschawischti und
Urtschana mit ihren Truppen über den Westen in den Süden ziehen. Oilef wollte mit seinem neuen Freund Menko geradewegs in den Süden marschieren, und Kumbon und Mehendes vereinten ihre Heere und wollten erst am Abend hinter dem Hauptheer losmarschieren. Sie sollten sich um den Nachschub an Proviant kümmern.
Lumkin half Alanias auf sein Pferd. Das Pferd war eigentlich zu groß für ihn, er konnte ihm die Sporen nicht geben. Das war aber nicht von Belang. Lumkin hielt die Zügel fest und latschte neben dem Pferd.
Hinter ihnen ritt Ruban, neben ihm einige Lasttiere, die mit den Röhren und den restlichen Bestandteilen, die er für den Zusammenbau der Kanonen gebrauchen würde, bestückt waren.
Die Heere marschierten alle geordnet in Viererreihen. Sie bildeten Kolonnen von einigen hunderten von Reihen.
Gleich direkt, nachdem Avanias sich kurz am Grab von seiner Mutter verabschiedet hatte, brach das riesige Hauptheer, bestehend aus Alvestiern und ehemaligen palparischen Besatzungstruppen, auf, um über den Osten direkt in Richtung Östrake zu marschieren. Sie hatten für jeweils 300 Mann einen Anführer bestimmt. Dieser hatte ein Pferd bekommen, ritt neben den marschierenden Fußsoldaten und sollte sich darum kümmern, dass der Marsch seiner Gruppe problemlos vonstatten ging.
Ganz vorne ritten Malgarias und Avanias voraus. Sie hatten schon seit einigen Tagen kein richtiges Gespräch mehr geführt.
„Ich war im Tempel und habe für einen guten Ausgang unseres Feldzuges gebetet.“
„ Und? Haben die Götter dir irgendein Zeichen gegeben?“
Der Alte nickte, sein Gesicht wurde rot, als würde es gleich verbrennen. Avanias hatte seinen Lehrer noch nie in solch einer Verfassung gesehen. „Geht es dir gut?“
„Ja, alles in Ordnung.“
Im Nu schien sich der alte Lehrer wieder erholt zu haben. Er schaute wieder auf und konzentrierte sich auf das weite Land vor ihm. „Etwas Unheilvolles wird geschehen.“
Malgarias' Stimme klang so anders, es war gar nicht seine eigene gewesen. War es ein Gott, der aus ihm gesprochen hatte? Dem Heerführer lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Was? Was redest du da? Was für Unheilvolles wird geschehen?“
Die Demütigung
Magria konnte es nicht glauben, als sie sah, dass ihr Vater wieder sehen konnte. Sie erinnerte sich, dass Dinjakis in der Zelle nebenan gesteckt hatte, aber sie wollte es sich nicht eingestehen, dass höchstwahrscheinlich dieser vermeintlich falsche Prediger ihrem Vater das Augenlicht wiedergegeben habe.
„Wo ist er? Habt ihr ihn schon getötet?“
Sassanias war so glücklich, wie lange nicht mehr in seinem Leben, obwohl er sich ja immer noch in Haft befand.
„Ja, er ist tot! Sie haben vor einigen Augenblicken seine Leiche fortgeschafft.“, antwortete Magria leise, so als würde sie ihrem Vater sagen wollen, dass sie alles bereue, was sie ihm und ihrer Familie angetan habe, und dafür um Verzeihung bitte.
„ Draußen tobte der Sturm des Jahrhunderts und dann bebte die
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