Avanias der Große
geblieben, hätten sie uns alle niedergemäht.“
„ Sachte mein Sohn! Kein Grund zur Hektik! Als du und deine Männer draußen wart und tapfer gekämpft habt, war ich auf der hinteren Stadtmauer und habe das Geschehen verfolgt. Ist dir nichts Besonderes auf der anderen Seite aufgefallen?“
„ Sie blieben ganz gelassen. Wir konnten sie leider nicht aufreiben. Wir konnten ihre Moral nicht brechen.“
„ Das meine ich nicht! Hast du Avanias gesehen?“
„ Ja, er hebt sich mit seiner Kleidung von den anderen ab. Was ist mit ihm?“
„ Er hatte ein weißes Tuch bei sich. Es hing ihm auf seiner linken Seite, bei der Hüfte über dem Gürtel, heraus.“
„ Ja und?“
„ Ich kann es mir auch nicht ganz erklären, aber dieses Tuch hat mich die ganze Zeit geblendet. Es ging eine besondere Ausstrahlung von diesem Tuch aus. Ich konnte nichts mehr erkennen, da dieses Tuch mich voll blendete.“
„ Du hast die letzten Tage nicht geschlafen. Das ist normal, Vater. Leg dich hin und schlafe endlich!“
War es richtig, diesen Mann auf dem Thron Östrakes zu lassen? Er war noch jung, er wollte noch nicht sterben. Er überlegte, ein Putsch gegen seinen Vater wäre zu diesem Zeitpunkt wohl am sinnvollsten. Oder sollte er einfach verschwinden? Es war doch nicht sein Krieg.
Gleich nachdem Ruban eine Pause einlegen musste, um die Kanonen abkühlen zu lassen, erkannten die Palparen die Gunst des Augenblicks und marschierten wieder hinaus. Einige hundert palparische Bogenschützen versteckten sich geduckt auf der vorderen Stadtmauer. Die Gegner auf der anderen Seite konnten sie nicht sehen. Die Alvestier rückten wieder an. Als sie nah genug herangekommen waren, duckten sich die Palparen und verdeckten ihren Körper mit ihren Schilden wie eine Schildkröte. Urplötzlich konnten die Alvestier die Bogenschützen auf der Mauer sehen. Das Heer der Alvestier geriet in Panik. Nicht alle Männer trugen ein Schild in ihrer linken Hand. Die Alvestier erlitten schwere Verluste. Malgarias schrie von seinem Zelt aus Avanias entgegen, er solle zurückkommen, aber Avanias ritt an die Front und befahl den Männern, die Ordnung wiederherzustellen.
Böntschakis befand sich auch auf der Mauer. Er sah Avanias und das leuchtende Tuch wieder. Er nahm den Bogen eines Soldaten und zielte immer wieder auf Avanias. Viele Jahre schon hatte er keinen Bogen mehr in seiner Hand geführt. Avanias von solch einer kurzen Distanz abzuschießen, hielt er aber für ein Leichtes. Er schoss mehrere Pfeile ab, konnte aber ihn und das Tuch nicht treffen. Es war, als würde ein unsichtbares Schutzschild Avanias schützen. Böntschakis gab den Bogen wieder dem jungen Soldaten und wies ihn an, auf Avanias' Tuch zu zielen. Auch er verfehlte ihn um mindestens eine Elle. Der palparische König konnte es nicht begreifen. Er dachte, dass die Götter, wenn es sie denn gebe, sich wohl doch gegen ihn verschworen hätten. Daher wollte er nun etwas unternehmen, um die Gunst jener wieder für sich zu gewinnen.
So eilte er sofort nach der Schlacht in den großen Tempel. Er war voll von Menschen, die ängstlich die Götter um Hilfe baten.
Der König marschierte nach vorne und betrat das Allerheiligste. Dort in diesem engen Raum war sonst niemand außer ihm. Es war sehr still. Böntschakis streckte seine Arme aus und betete zu Kabakis.
Direkt nach seinem Gebet suchte er Anakis auf, den er zufällig am Eingang zum Tempel antraf. Er bat ihn um eine sofortige Unterredung. Anakis folgte ihm in seinen Empfangssaal. Es waren harte Zeiten über die Stadt hereingebrochen und der König sah sehr mitgenommen aus. Sein Gesicht war von Falten gezeichnet, er wurde von Tag zu Tag immer älter. Und er roch übelst.
Der alte Priester war selbst auch in schlechter Stimmung und traute sich nicht, ein einziges Wort zu sagen.
„ Ich habe zu den Göttern gebetet. Und dann geschah es. Ich vernahm eine leise, aber herrliche Stimme in meinem Ohr. Eine Stimme der Götter. Kabakis selbst hat zu mir gesprochen! Und er verlangt ein großes Opfer. Wenn wir ihm dieses Opfer darbringen, würde er unsere Gebete erhören und uns zu Hilfe kommen. Und wir würden dann siegen!“
„ Ich habe bereits ein großes Opferfest angekündigt, Majestät. Wir werden morgen Kabakis viele Schafe opfern.“
„ Ich spreche von einem viel größeren Opfer! Was ist dem Menschen am wertvollsten?“
Anakis kam einfach nicht darauf, was sein König meinte.
„Ihre Kinder! Kabakis trug mir auf, ihm 50 Knaben zu
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