Avanias der Große
sich verwundert zu Magria um. Magria klopfte weiter den Staub am Saum ihres Kleides grinsend ab.
„Was soll das heißen? Kanntest du ihn etwa schon?“
Magria schaute wieder zu ihrer Schwester auf. Sie grinste sie wieder an. „Ja, ich kenne ihn schon lange.“
„Was?“
„Worüber habt ihr gesprochen?“
Nachdem Nandia ihm diese Frage gestellt hatte, dachte Avanias, dass sie irgendetwas gegen ihn oder Magria ausheckte.
„Ach, nichts. Sie hat nur gefragt, wie es mir gehe und was ich so mache.“
Nandia kam auf ihn zu und setzte sich neben ihm aufs Bett. Ihr Rock aus Satin entfaltete sich auf dem Bett und bedeckte Avanias' Schoß. Nandia hatte lange überlegt, ob sie Avanias offenbaren sollte, was sie über Magria wusste. Sie war unentschlossen. Was für Folgen hätte es gehabt, wenn sie es ihm erzählen würde? Und würde er ihr überhaupt glauben? „Was denkst du über Magria?“
„Was soll ich schon über sie denken? Sie ist meine kleine Schwester. Ich habe sie sehr gern, genauso wie dich.“
„ Ist dir nichts an ihr aufgefallen?“
„ Nein! Wieso, was meinst du? Habt ihr euch gestritten?“
Nandia lächelte. Sie wollte damit zeigen, zwischen ihr und Magria sei alles in Ordnung. „Nein. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst. Wir verstehen uns sehr gut. Ich meinte, sie ist so schnell erwachsen geworden, obwohl sie eigentlich noch ein Kind ist.“
„Ja, das ist mir auch aufgefallen.“
„ In letzter Zeit ist sie anders geworden. Man sieht sie kaum noch.“
„ Vielleicht geht sie nur ab und zu an die frische Luft. Wie mir scheint, lebst du wie eine Gefangene innerhalb dieser Palastmauern. Frische Luft würde dir auch gut tun.“
Nandia merkte, sie konnte ihrem Bruder nicht das Vermitteln, was sie ihm andeuten wollte. „Ja, du hast recht. Ich muss jetzt gehen. Wir sehen uns später.“
„Kannst du auf deinem Weg bitte Vater Bescheid sagen, dass ich ihn unter vier Augen sprechen möchte.“
So neugierig war Nandia noch nie. „Worum geht es?“
„Niemand soll es erfahren. Ich hoffe, du kannst es für dich behalten.“
Nandia nickte nur.
„Wir brechen morgen nach Halussia auf.“
Die Frauen in Böntschakis' Harem durften nur selten nach draußen an die frische Luft. Sie waren Sklavinnen seiner Lust. Nur einigen wenigen wurde es gestattet, draußen in dem großangelegten Garten innerhalb der Schlossmauern spazieren zu gehen. Und dann auch nur in Begleitung. Die Frauen hier hatten wirklich ein schweres Los. Die meisten unter ihnen waren Bentschuren. Die Bentschuren waren kein eigenständiges Volk, es war eine Mischung aus verschiedenen Völkern. Den größten Teil von ihnen machten die Makabaren aus, die eine schwarze Haut hatten.
Uljana war eine Makabarin. Sie wollte nie ihre Herkunft aufgeben. Sie war das eine schwarze Mädchen, dass Böntschakis am Abend der Orgie, in Anwesenheit von Götschmin, missbraucht hatte. Auch einige Tage nach diesem schrecklichen Ereignis konnte sie dieses Verbrechen, das ihr angetan wurde, nicht vergessen. Sie würde es diesem Scheusal von Böntschakis nie verzeihen.
Die vielen schönen Frauen im Harem diskutierten und lachten miteinander. Uljana konnte aber nicht lachen, sie konnte sich nicht einmal an das letzte Mal erinnern, wo sie aufgeheitert war und gelacht hatte. Sie saß auf einer Stufe aus Marmor in einer Ecke des großflächigen Raumes. Ganania, die Blondine, die an jenem besagten Abend zur rechten Seite von Böntschakis saß und sich mit ihm amüsierte, trat näher an sie heran und setzte sich zu ihr. „Du verachtest mich bestimmt. Du fragst dich bestimmt, wie ich so sein kann und wieso ich mich freiwillig diesem Bastard hingebe. Weißt du, ich war anfangs auch so drauf wie du. Ich hasste ihn, ich hasste alles hier. Aber im Laufe der Jahre sah ich ein, dass ich nichts mehr hatte. Ich hatte keine Familie, keinen Bruder und keine Schwester, keinen Vater und keine Mutter mehr. Wo sollte ich dann noch hin? So nahm ich mein Schicksal an und beschloss für mich, mich ihm zu fügen, so dass zumindest ich ein angenehmes Leben hier haben kann.“
Uljana wollte nicht mit dieser in ihren Augen verdorbenen Frau reden. Aber als sie ihr von ihrem Leben erzählte, hatte sie Mitleid, aber sie geriet fast wieder in Rage. Nun musste sie ihre Stimme gegen sie erheben. „Das ist aber noch lange kein Grund, aufzugeben, und sich diesem Scheusal hinzugeben! Du bist eine schwache Frau!“
„Mit der Zeit macht jede Frau ihren Frieden mit den Dämonen. Auch du
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