Avanias der Große
Widerwillen gefolgt.
Avanias konnte das nicht tun, sie wusste ja nicht einmal, wer er in Wahrheit war. Er versuchte sich abzuregen und wieder zur Ruhe zu kommen. „Ich will Euch zu nichts zwingen. Es ist Eure Entscheidung. Wenn Ihr gehen und diesen Mann heiraten wollt, dann habt Ihr meinen Segen. Aber vergesst nie, dass es einen Mann weit hinter den Grenzen Eures Landes gibt, der jederzeit bereit ist, sein Leben für Euch hinzugeben!“
Sarafies Körper zitterte. Das war das Schönste überhaupt, was ein Mann, was ein Mensch, je zu ihr gesagt hatte. Aber ihr Verstand brachte sie wieder zur Vernunft. Sie konnte sich einfach nicht gegen ihren Vater erheben, sich seinem Willen widersetzen. Er würde es ihr nie verzeihen, wie sie wusste. So stark waren ihre Gefühle für diesen Mann nicht, dass sie selbst ihr bisheriges Leben, ihre Identität, für ihn aufgeben würde. Das Herz der Frauen ist stärker als das der Männer. So konnte sie sich zusammenreißen und diesen Mann in seiner Liebe sitzenlassen. „Ich danke Euch! Ich wusste von Anfang an, dass Ihr ein Mann von Ehre seid. Ich bin mir sicher, dass Ihr eines Tages die richtige Frau fürs Leben finden werdet. Auf ein jeden gutherzigen Mann wartet eine Königin! Die Götter, die meinen und die Euren mögen Euch segnen!“
Avanias verneigte sich vor ihr. Er war immer noch zornig und voller Trauer im Herzen. Aber nicht alle seine Hoffnungen waren zerstört. Er müsse seine Mission weiterführen, und so würde er in Zukunft die Gelegenheit bekommen, sie wiederzusehen, und dann wäre die Ausgangslage eine andere, dachte er.
„Wir werden heute Nachmittag aufbrechen. Ich habe das mit meiner Eskorte schon abgesprochen.“
Avanias schaute deprimiert. „Heute schon?“
„ Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich tun soll!“
Ruban hatte alle seine Ersparnisse geopfert, um sich Papier und Tinte zu kaufen und all das Metall und das Sonstige, das er noch für seine Arbeit brauchte. Ganze Tage und Nächte saß er an den Entwürfen der Kanonen für den großen Feldzug. Stören bei seiner Arbeit ließ er sich nur von wirklich bedeutenden Personen. Lumkin war zwar nicht solch einer, aber er fungierte nun am Hofe und war der beste Freund seines Auftraggebers.
Erst dachte Ruban, Lumkin habe ihn aufgesucht, um sich zu erkundigen, wie weit er mit seinen Arbeiten vorangeschritten sei. Lumkin kam aber wegen etwas ganz Anderem. Er hatte Liebeskummer und wusste nicht, mit wem er sonst hätte darüber reden können. Ruban kannte er zwar noch nicht so lange, aber er hielt ihn für einen vertrauenswürdigen Mann.
Lumkin saß auf einem alten staubigen Stuhl in einer der Ecken des Zimmers, während Ruban an seinem Arbeitstisch saß, vor ihm die Entwürfe und die Testgegenstände. Lumkins Gesichtsausdruck gefiel Ruban überhaupt nicht. Obwohl dieser Junge bei ihrem ersten Treffen nicht sehr freundlich zu ihm war, bedrückte es auch ihn, ihn leiden zu sehen. „Was hast du, Junge? Steigen dir die Aufgaben am Hofe zu Kopf?“
„Nein, das nicht.“
„ Was bedrückt dich dann? Ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt mit dir. Erzähl schon!“
„ Es ist Nandia. Du hast sie bestimmt gesehen. Die ältere von den beiden Schwestern von Avanias.“
„ Ja, ich kenne sie. Was ist mit ihr?“
„ Ich habe mich in sie verliebt. Ich bin aber nicht von königlichem Geblüt.“
Ruban schwieg für einen Moment und starrte Lumkin nachdenklich an, dann lachte er kurz auf. Lumkins Miene verfinsterte sich noch mehr. Ruban brachte ihn beinahe zum Kochen.
„Du und Liebe? Ich kenne solche Buben wie dich. Das wird wohl keine Liebe sein! Das da, wovon du eben sprachst.“
„ Doch, das ist es! Ich habe noch nie so etwas für eine Frau empfunden. Es stimmt, ich bin ein Schürzenjäger gewesen. Aber diese Zeiten sind schon lange vorbei! Ich habe mich geändert. Seitdem ich in ihrer Nähe bin, fühle ich mich anders, ja bin ich ein ganz anderer Mensch geworden. Ich kann das leider nicht richtig beschreiben.“
Ruban hielt sich den Zeigefinger seiner linken Hand vor seinen Mund, so als würde er innerlich konzentriert über irgendetwas nachdenken. Dann nickte er. „Hm, dann muss es vielleicht wirklich so etwas wie Liebe sein. Aber vergiss nicht, sie ist die Tochter des Königs! Und du bist nur ein einfacher Mann aus dem Volke! Sie werden sie dir nie zur Frau geben! Am besten du hältst dich von nun an fern von ihr!“
Lumkin stand hastig auf und geriet in Rage. Ruban zuckte ängstlich zusammen. Nach
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