Avanias der Große
vergessen. Wenn der König es erfährt, dann, Gnade der Götter, er wird seinen Sohn aufregen. Und sein Sohn wird dich töten.“
„ Er würde mich töten? Ich bin doch die Tochter des Bötschakis.“
„ Das spielt keine Rolle mehr in diesem Fall. Du hast ihre Ehre beschmutzt. Auch dein Vater wird das respektieren.“
Nun wurde Sarafie die ganze Tragweite dieses heiklen Falles voll bewusst. Sie befand sich in einer psychisch schweren Lage. Sie warf sich in Mirtas' Arme. „Du musst an meiner Seite bleiben!“
Der Speisesaal war gut gefüllt. Sie alle waren gekommen, auch Ruban und Lumkin. Avanias nahm stellvertretend für seinen Vater als Gastgeber Platz auf seinem Stuhl. Er saß auf der vorderen Seite in der Mitte des mehr als 30 Ellen langen Tisches. Links neben ihm saß Nandia. Auf der anderen Seite saßen alle anderen, neben Avanias war Malgarias, dann der Reihe nach Menko, Aschawischti, Lumkin und Ruban und schließlich Mehendes. Genau gegenüber von Avanias saßen Lamandias und Burgandias. Auch wenn es viele neue negative Neuigkeiten gab, die einige der Anwesenden nicht mehr freudig stimmen würden und auch wenn ein blutiger Feldzug ihnen noch bevorstand, machte keiner der Gäste ein trauriges Gesicht. Endlich sollten Avanias und seine Gefährten wieder in den Genuss der köstlichsten Speisen kommen. Wein wurde allen Anwesenden eingeschenkt. Avanias erhob sich: „Auf die Freiheit aller Völker!“
Alle anwesenden Männer, und auch Nandia, hoben ihre Becher hoch. Nun erhob sich auch Menko, der der zweite Prinz in der Reihe war. „Auf den Frieden unter allen Nationen!“
„ Auch den Palparen?“, fragte Aschawischti ihn mit einem Grinsen im Gesicht. Alle im Raum lachten laut.
„ Auf den kommenden Triumph über den Tyrannen Böntschakis! Mögen unsere Götter uns beistehen!“, sprach Mehendes laut.
„ Äh, äh, ...“, stotterte Aschawischti, denn er wusste nicht, was er denn noch den Worten der anderen Prinzen hätte hinzufügen können. „Auf den Frieden unter den Nationen!“
Einige brachen in lautes Gelächter aus. Nun lernte auch Nandia, dass Aschawischti so etwas wie ein Hofnarr war.
„Den Spruch hatten wir schon! Wir wollen etwas Anderes hören!“, rief ihm Mehendes entgegen und lachte danach. Er lachte absichtlich, da er Aschawischtis Abneigung ihm gegenüber auf diese Weise erwidern wollte.
„ Dann auf unsere aller Gesundheit! Mögen wir alle ewig leben!“
Aschawischti konnte gar nicht lachen. Solche Trinksprüche, Sprüche überhaupt, zu erfinden, fand er schwierig. So war er sichtlich froh, als er es hinter sich hatte, und dass ihm Burgandias und Lamandias auf der anderen Seite des Tisches zunickten.
Avanias hob wieder seinen Becher hoch, um den anderen Männern anzuzeigen, dass er etwas zu verkünden hatte. „Der Bote ist schon unterwegs in den Osten. Wir müssen morgen nach Kolara reiten! Dort werden dann hoffentlich die Abgesandten der anderen Völker auch eintreffen. Es muss nicht jeder mitkommen! Wer bleiben möchte, darf das.“
Menko stand auf. „Ich komme mit dir, Avanias!“
Avanias nickte ihm zu. Er schaute die anderen Männer neben ihm an. Keiner drehte sich zu Avanias um, außer Lumkin.
„ Gut. Dann werden Menko, Lumkin und Malgarias mit mir aufbrechen! Bald müssten die versprochenen Truppen aus dem Westen hier eintreffen. Die Avanianer werden das Geschehen beobachten und dann werden sich Gerüchte über einen bevorstehenden Krieg wie ein Lauffeuer verbreiten. Daher bitte ich euch, Lamandias und die
anderen, bei ihrem Eintreffen ihnen entgegenzukommen und euch um ihre Verpflegung und Unterkunft zu kümmern!“
Lamandias neigte sein Haupt, Mehendes und Aschawischti auch. Ruban hingegen starrte Avanias seltsam finster an, als wollte er ihm etwas Schreckliches sagen. Avanias verstand das Zeichen. Kurz danach entschuldigte sich Ruban und entfernte sich aus dem Saal. Die Feiernden im Saal nahmen seinen Abgang nicht weiter zur Kenntnis. Wenige Augenblicke später entschuldigte sich auch Avanias und sagte Nandia, er müsse nur kurz etwas in seinem Zimmer nachschauen und würde gleich wieder zurückkommen.
Er traf einige Schritte im Säulengang neben dem Speisesaal Ruban an, der nervös um sich herum schaute. „Was ist denn los, Ruban?“
„Ach, nichts Schlimmes! Ich meine, etwas nicht so Schlimmes.“
„ Warum dann diese Heimlichtuerei?“
„ Hast du darauf geachtet, dass Lumkin dich nicht bemerkt hat?“
„ Lumkin? Nein, ich glaube, er sitzt drinnen
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