AvaNinian – Zweites Buch
mir annehmen und heiraten wollt ich sie lieber nich«, er warf Jermyn, der sich an seinem Kahwe verschluckte, einen vorwurfsvollen Blick zu, »also bat ich sie als Gegenleistung Ordnung in meine Wirtschaft zu bringen.« Düster drehte er den leeren Becher in den Händen. »Seitdem werd ich sie nicht mehr los. Sie und Dot gehen nur noch zum Schlafen nach Hause. Ich konnt ja nich ahnen, dass sie das mit der Wirtschaft so ernst nehmen würde. Hör auf zu wiehern! Was is daran lustig, hä?«
»Nichts, mein süßer Babitt«, grinste Jermyn. »Sie weiß also nicht, dass du etwas mit Ciskes Verschwinden zu tun hast?«
»Nee, sie denkt, ich wär ’n etwas windiger Händler oder so, nix Schlimmeres. Nich mal Ciske wusste, was ich wirklich mache, ich wollte sie nich da reinziehen. Genützt hat es nix ... Aber dieser Siegelabdruck«, er sah Jermyn hoffnungsvoll an, »meinste nich, dass er uns helfen kann, ihre Mörder zu finden?«
Jermyn hob die Brauen.
»Weißt du, wie viele Siegel es in dieser Stadt gibt? Aber du hast recht, es ist besser als nichts. In den Handelshallen bei den Geldverleihern gibt es Verzeichnisse der offiziellen Siegel, in die kann ich mir Einblick verschaffen, obwohl ich bezweifle, dass jemand blöde genug ist, so was mit seinem anerkannten Siegel zu machen. Was ist eigentlich mit dem Gold, das wir aus der Schatzkammer geholt haben?«, fragte er übergangslos und erntete einen bösen Blick.
»Was soll damit sein? Es liegt in unserem geheimen Keller, kannst dir von mir aus alles nehmen, ich will nichts von dem verdammten Zeug. Ich wünschte, ich hätte nie was von diesem elenden Auftrag gehört ...«
»Ach was«, fiel Jermyn ihm ins Wort, »nimm du nur deinen Teil. Knots und Mule haben da schließlich auch noch mitzureden und außerdem brauchst du es, wo sich dein Haushalt doch vergrößert hat. Aber unseren Anteil hätt ich gern, mein Freund!«
Ninian stieß heftig den Rauch durch die Nase.
»Wie kannst du jetzt von dem Gold reden, Jermyn? Babitt hat recht, es klebt Blut daran!«
»Unsinn«, erwiderte er grob, »Geld ist Geld und Geschäft ist Geschäft.«
Babitt musterte ihn feindselig.
»Das ist dir das Wichtigste, was?«, sein offenes Gesicht wurde misstrauisch. »Warum haste übrigens den Kasten ausgeleert? Ich dacht, mich trifft der Schlag, als ich ihn aufgemacht hab.«
»Ich war neugierig, wollte mir die Sachen in Ruhe ansehen«, antwortete Jermyn leichthin, sehr beschäftigt damit, den Rest des Kännchens in seine Tasse zu gießen, ohne dass zu viel von dem schwarzen Bodensatz mitfloss.
»Und wo ist das Zeug jetzt?«
»Wahrscheinlich in einer Abtrittgrube in irgendeinem Hinterhof. Ich hab’s weggeschmissen, als Duquesne uns durch die Gassen gehetzt hat.«
»Weggeschmissen?«
»Ja, Mann, weißt du, wie schwer der Kram war? Und nach Juwelen sah es nicht aus, nicht wahr, Ninian?«, fragte er unschuldig. Das Mädchen bewegte sich unruhig auf seinem Polster.
»Nein, danach sah es nicht aus«, sagte sie knapp.
»Wenn du übrigens glaubst, Ciske wurde umgebracht, weil der Kasten leer war ...«
»Nein, mir is klar, dass sie schon länger tot war, ich hab doch gesagt, dass ich ’n bisschen übergeschnappt war. Sie hätten sie so oder so umgebracht. Wenn ich mich nur nich hätte blenden lassen, dann hätte ich wenigstens Tartuffe und seinem Begleiter den Hals umdrehen können.«
»Begleiter? Wer war noch dabei?«, fragte Jermyn schnell.
»Zwei Kerle, die die Sänfte getragen haben, Schläger, wenn ich je welche gesehen hab, und ein Alter mit kranken Augen,« erwiderte Babitt lustlos. »Musst du wirklich diesen Qualm hervorbringen?«
Er wedelte mit der Hand die Rauchschwaden beiseite, die den kleinen Raum füllten, und Jermyn stimmte ein:
»Das hab ich mich auch schon oft gefragt!«
Ninian schnitt ihm eine Grimasse. »Ja, das muss ich. Aber regt euch nicht auf, sie ist leer.« nach einem letzten tiefen Zug legte sie das Mundstück der Bilha beiseite. »Was machen wir jetzt? Suchen wir nach diesem Siegelring oder was immer es war?«
Jermyn nickte. »Ja, eine andere Spur haben wir nicht, aber einfach wird es nicht.«
Ninian rollte das Hemd zusammen und stopfte es unter ihre Jacke.
»Ich nehme es mit und mache eine richtige Zeichnung davon. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, sagst du mir, ob ich es richtig gemacht habe oder ob du dich noch an etwas anderes erinnerst. Wir können Vitalonga fragen, ob er das Siegel erkennt.«
»Du bist ’ne echte Freundin, Ninian«, erwiderte
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