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Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Titel: Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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begegnet man ihm daher mit angemessener Verehrung. Die liegt den Italienern übrigens im Blut. Egal ob es um Gott, die Frauen oder Diego Maradona geht, der für die Neapolitaner so etwas wie ein Heiliger ist, weil er dem SSC Neapel einst zu vielen Toren verhalf, fällt es dem Italiener nicht schwer, zu einem Heiligen aufzuschauen. Ausgerechnet der Argentinier Maradona war es übrigens auch, der das Verhältnis des Italieners zur Religion treffend auf den Punkt brachte: Während der Fußballweltmeisterschaft 1986 nahm er die Hand zur Hilfe und erzielte ein irreguläres Tor. Statt Reue zu zeigen, sprach er nach dem Abpfiff in die laufenden Kameras: »Es war ein bisschen die Hand Gottes und ein bisschen Maradonas Kopf.« 2005 gab der Profifußballer allerdings zu, doch einfach selbst nachgeholfen zu haben ...« Kein Problem für Maradona, es gibt ja schließlich Gott und die Kirche, die all unsere Sünden vergibt.
    Avanti Amore! Ihre Dana.
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9. R oma

    Getränk:  Limoncello
    Freunde des Tages:  Marcus Valerius und Hermes
    Place to be:  Die Gladiatorenschule an der Via Appia
    Erkenntnis:  Busse kommen, wann sie kommen. Oder auch nicht
    A ls ich in Rom ankomme, liegt die Hälfte meiner Reisezeit hinter mir, zahlreiche Bekanntschaften mit Kellnern, Barkeepern und Parkwächtern pflastern meinen Weg. Mittlerweile bin ich eine richtige Kommunikationsbestie geworden. Kein barista ist mehr vor mir sicher, und so dauert es nicht lange, bis ich auch in der ewigen Stadt das erste Opfer in ein Gespräch verwickelt habe. Er heißt Valentino, ist Straßenmusikant, beantwortet all meine Fragen mit Engelsgeduld und zeigt mir dabei seine strahlend weißen Zähne.
    »Weshalb macht ihr Italiener eigentlich so oft Urlaub im eigenen Land?«, stelle ich ihm die mittlerweile zwanzigste Frage.
    »Wieso sollten wir woanders hinfahren, wo es doch hier am schönsten ist? Wir haben alles: gutes Essen, guten Wein, schöne Frauen, und das vor dieser historischen Kulisse.« Er deutet auf die gegenüberliegende Seite des Platzes zum Pantheon. »Das ist Rom. Città eterna . Die ewige Stadt. Mehr als ein Jahrtausend gelebte Geschichte, durch deren Überreste wir wandeln. Mehr Vergangenheit als Gegenwart, mehr Touristen als Einwohner, zumindest im Hochsommer, wenn viele Italiener an der Küste Zuflucht vor der Julihitze suchen und der Stadt für längere Zeit den Rücken kehren. Guck doch mal, überall sieht man Amerikaner, Engländer, Japaner, Schweden und Deutsche, die für Gruppenfotos posieren. Aber eben auch Italiener, die gern im eigenen Landerreisen. Italien ist so reich an Schätzen jeglicher Art, dass man sein Leben lang etwas zu entdecken hat, ohne dafür ins Ausland zu müssen.« Über Valentinos stolz geschwellte Brust spannt sich sein blütenweißes Hemd. Er wirft mir noch einen verheißungsvollen Blick zu, dann räumt er die leere Espressotasse vor mir ab. Ich versuche, zu Wort zu kommen – vergeblich, denn Valentino setzt seinen Monolog bereits fort. »Darf ich dir noch einen Tipp geben? Wir sind ein altes Volk, und die Art und Weise, wie wir Männer uns verhalten, ist von Traditionen geprägt, die Jahrhunderte zurückreichen. Der Schlüssel zu uns hier in Rom liegt in der Vergangenheit. Da musst du anfangen zu suchen, möchtest du wirklich etwas über uns lernen.«
    Ich beschließe, seinem Rat zu folgen, und so stehe ich wenig später im Zentrum des Landes, im Herzen der Stadt, im Pantheon, dem am besten erhaltenen Bauwerk der Antike. Ich studiere die Gesichter, die sich um mich herum im Halbdunkel der rotonda abzeichnen. Den Kopf in den Nacken gelegt, starren die Umstehenden staunend und dicht gedrängt gen Kassettendecke, in deren Mitte sich ein großes Loch befindet, durch das uns der römische Himmel entgegenschimmert. Lautstark tauschen sie sich begeistert über das architektonische Wunderwerk aus. Am lautesten sind natürlich die Italiener. Ganz offensichtlich reden sie überall gern, auch an heiligen Stätten, der Lärmpegel ist enorm. Neben mir erzählt ein Mann mittleren Alters seiner Ehefrau von der Legende, die besagt, dass aufgrund der geschickten Konstruktion kein Regenwasser ins Innere des Gebäudes gelangen kann.
    »Das ist unglaublich, dass es dort nie durchregnet!«, ruft eine ältere Dame mit riesiger Sonnenbrille, die offensichtlich mitgehört hat. Sie schirmt mit ihrer Hand die Augen ab, als könnte sie dadurch etwas entdecken, das ihr bisher verborgen geblieben ist. Mit der Linken greift sie nach der faltigen

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