Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
nicht, es wäre angemessen gewesen, mir mitzuteilen, dass du verheiratet bist?«
»Woher weißt du das?«, fragt er überrascht.
»Ich bin Journalistin.« Du Idiot, füge ich in Gedanken dazu. Er muss ja nicht wissen, dass ich ausgerechnet in der Grazia über sein Foto gestolpert bin.
»Dana, ich dachte, das sei nicht wichtig.«
»Nein!«, brause ich auf. »Das ist ja wirklich eine völlig unerhebliche Kleinigkeit. Sag mal, willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Ja. Nein, natürlich nicht«, faselt Fosco. »Tut mir leid. Das hätte ich vielleicht erwähnen sollen.«
»Allerdings. Und sich hinterher tot zu stellen ist auch nicht gerade die feine Art. Mal ehrlich. Eine Antwort per SMS hätte doch schon gereicht.« Ich schnaufe und kippe den caffè, den mir der Kellner in der Zwischenzeit auf den Tisch gestellt hat, in einem Zug hinunter.
»Weißt du, Dana, du warst für mich wirklich etwas Besonderes ...«
»Phhh ...«, schnaufe ich.
Ich meine das wirklich ernst! Ich wollte dir doch antworten, aber dann habe ich gedacht, ich gerate dabei zu sehr in Versuchung. Ich wäre doch wieder schwach geworden. Ich hatte den Eindruck, wenn ich mich bewusst dazu entscheide, meine Frau zu betrügen, wäre es noch schlimmer.«
»Scusami?« Ich glaube, ich höre nicht ganz richtig.
»Na ja, an dem Abend haben wir uns doch einfach nur getroffen, das war eine zufällige Begegnung, da konnte ich quasi nicht anders ...«
»Genau! Da konntest du natürlich nicht nein sagen. Du armer, willenloser Mann. Und auf Capri bin ich dir ja auch ganz zufällig über den Weg gelaufen. Ein reiner Schicksalsschlag. Es war dir quasi nicht möglich, dich zu wehren. Du Armer. Erzählst du das auch deiner Frau?«
»Dana, jetzt reg dich doch nicht so auf«, versucht Fosco mich zu beruhigen. Aber ich bin wirklich außer mir, so viel geballten Müll habe ich selten gehört. Glaubt er tatsächlich, was er da erzählt?
»Wie auch immer, Fosco. Ein schönes Leben noch!« Ohne seine Antwort abzuwarten, lege ich auf und knalle das Telefon auf den Tisch. Dann bezahle ich mit dem letzten Bargeld, das ich besitze, meinen caffè und laufe ziellos durch die Stadt, in der Hoffnung, mich zu beruhigen. Eigentlich wollte ich nach einem Geldautomaten suchen, aber ich bin zu sehr mit meinem Gedankentennis beschäftigt, um noch daran zu denken. Ich überquere eine rote Backsteinbrücke und setze mich auf die oberste Stufe einer Treppe, die ins Wasser hinabführt, um den Einstieg in die Boote zu erleichtern. Nach einer kurzen Pause raffe ich mich auf und zwinge mich dazu, weiter durch die zahlreichen Gässchen zu laufen, bis ich in der Nähe des Markusplatzes tatsächlich ein deutsches Bankinstitut entdecke. Am Geldautomaten versuche ich, Bargeld abzuheben, vergeblich, er spuckt nichts aus. Möglicherweise hat meine Bank, nachdem ich den Verlust meiner Kreitkarte gemeldet habe, fälschlicherweise auch meine EC-Karte gesperrt. Es ist zum Verzweifeln. Mario ist tot, Fosco verheiratet, und ich stehe mutterseelenallein ohne Bargeld in Venedig. Ich trotte noch ein paar Meter unentschlossen weiter, dann sacke ich an einer Hauswand zusammen und starre eine halbe Ewigkeit teilnahmslos auf die Straße. Nach einer Weile vernehme ich eine Stimme.
»Kann ich dir helfen?« Der Mann, der neben mir aus einer Tür tritt, ist groß, gut aussehend und für einen Italiener ungewöhnlich blond. Aus der Froschperspektive schaue ich zu ihm auf.
»Sehe ich so hilfsbedürftig aus?«, frage ich, den Rücken an die Mauer gelehnt auf dem Boden sitzend, die Beine weit von mir gestreckt. Ich weiß selbst, dass ich gerade ein Bild des Jammers abgebe. Zu erfahren, dass Mario nicht mehr lebt, war nach dem Überfall in Neapel schlimm genug. Aber herauszufinden, dass Fosco verheiratet ist, hat mir den Rest gegeben. Offenbar hat es eine höhere Macht auf mich abgesehen.
»Um ehrlich zu sein – ja. Ich bin übrigens Giuseppe. Ich arbeite in dem Hotel.« Er weist hinter sich in Richtung albergo . »Und ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Du sitzt hier bestimmt schon zehn Minuten.« Sein Blick fällt auf mein Gepäck. »Weißt du nicht, wohin?«
»Nicht wirklich. Meine EC-Karte ist gesperrt worden, nachdem man mich in Neapel überfallen hat. Sie ist die einzige, die ich noch habe. Die Kreditkarte ist weg, mein Bargeld ist alle und die Bank schon zu.« Ich lächele schwach und spiele nervös an meinem Armband. »Heute ist einfach nicht mein Tag.« Dann schaue ich Giuseppe an. »Was mache
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