Ave Maria - Roman
Und nur um das mal festzuhalten, mir auch.«
»Ist etwas passiert?«
»Nein. Nur ein Schwindelanfall. Eigentlich gar nichts. Ich war heute bei Kayla Coles. Alles bestens. Dr. Coles hat mich untersucht. Ich kann noch weitere zehntausend Meilen laufen.«
»Ich kenne dich. Das war kein kleiner Schwindelanfall. Bist du wieder ohnmächtig geworden?«
»Nein, ich bin nicht ohnmächtig geworden«, erklärte sie, als sei das die albernste Idee, die sie je im Leben gehört hatte. »Ich bin einfach ein altes Weib, Alex. Das habe ich dir schon früher gesagt. Obwohl ich - bei Gott - nicht so alt aussehe, wie ich bin.«
Als ich Nana bat, mir Kayla Coles’ Telefonnummer zu geben, lehnte sie das strikt ab. Ich musste warten, bis ich Damon an der Strippe hatte und Nana weg war. Dann bat ich ihn, nach oben zu meinem Schreibtisch zu gehen und mir Kaylas Nummer aus dem Rolodex zu holen.
»Wie wirkt Nana auf dich?«, fragte ich ihn. »Du musst auf sie aufpassen, Damon.«
»So ist nichts zu sehen, Dad. Aber sie hat uns auch nicht gesagt, was passiert ist. Heute war sie einkaufen und hat uns Abendessen gekocht. Ich kann nicht feststellen, wie schlecht es ihr geht. Du kennst doch Nana. Im Moment saugt sie Staub.«
»Sie gibt nur an. Los, saug du Staub. Hilf deiner Urgroßmutter.«
»Ich weiß nicht, wie man Staub saugt.«
»Dann ist es ein guter Zeitpunkt, um das zu lernen.«
Ich beendete mein Gespräch mit den Kindern und rief danach Kayla Coles an. Aber da war nur der Anrufbeantworter. Als Nächstes versuchte ich es bei Sampson. Ich bat ihn, beim Haus vorbeizuschauen und nach Nana zu sehen. Schließlich hatte sie auch ihn teilweise großgezogen.
»Kein Problem«, sagte er. »Ich gehe morgen hungrig zum Frühstücken hin. Was hältst du davon?«
»Klingt klasse. Bei dir ein durchaus glaubwürdiger Vorwand für einen Besuch.«
»Sie wird mich auf Anhieb durchschauen.«
»Selbstverständlich wird sie das. Trotzdem bist du als hungriger Mensch äußerst überzeugend.«
»Aber wie geht’s dir denn?«, fragte er. »Du klingst, als läufst du nur mit fünfzig Prozent.«
»Ich bin okay. Eher mit fünfundsiebzig. Hier ist einfach nur der Teufel los. Ein großer und sehr unschöner Fall, John. Viel zu viel Publicity. Ständig sehe ich diesen Journalisten Truscott, dieses Arschloch. Allerdings habe ich gehört, dass er jetzt wieder im Osten sei.«
»Brauchst du Rückenstärkung? Ich könnte nach L.A. kommen. Ich habe noch Urlaub.«
»Ja, genau das brauche ich: dass deine Frau auch noch sauer auf mich ist. Nein, danke. Aber ich behalte es im Kopf - falls wir jemals an diese Mary Smith rankommen.«
Mit Sampson habe ich immer hervorragende Arbeit geleistet. Die Zusammenarbeit mit ihm fehlte mir sehr. Aber noch war ich mit ihm nicht fertig. Ich hatte eine Idee, die ihn betraf. Wenn der richtige Zeitpunkt da war, würde ich die Katze aus dem Sack lassen.
53
Den folgenden Tag verbrachte ich in der Außenstelle des FBI und arbeitete von sieben bis sieben. Aber es gab doch ein Licht am Ende dieses langen dunklen und unheimlichen Tunnels. Jamilla kam nach L.A. Den ganzen Tag freute ich mich auf ihren Besuch.
Jam hatte darauf bestanden, dass ich sie nicht am Flughafen abholte. Wir wollten uns im Bliss an La Cienaga treffen. Als ich das Restaurant betrat, stand sie mit einer Reisetasche neben den Füßen an der Bar. Sie trug Jeans, einen schwarzen Rollkragenpullover und schwarze Stiefel mit Stahlspitzen. Ich schlich mich hinter sie und küsste ihren Nacken. Einfach unwiderstehlich.
»Hallo, du«, sagte ich. »Du duftest gut. Und du siehst noch schöner aus.« Das war Tatsache.
Sie drehte sich um und schaute mich an. »Hallo, Alex. Du hast es tatsächlich geschafft.«
»Bestand daran Zweifel?«
»Na ja«, meinte sie. »Erinnerst du dich an meinen letzten Besuch in Kalifornien?«
Wir hatten beide Hunger. Deshalb setzten wir uns an einen Tisch und bestellten sofort Vorspeisen - ein Dutzend Muscheln in der Schale und einen Tomatensalat. Jamilla isst wie ein Kraftsportler im Training. Das gefällt mir.
»Was gibt’s beim Mordfall Neues?«, fragte sie, nachdem wir die Muscheln und die Tomaten verzehrt hatten. »Stimmt es, dass sie seit dem ersten Mord E-Mails verschickt?«
Ich blickte sie verblüfft an. Die L.A.Times war absichtlich sehr vage gewesen, was den Zeitpunkt betraf, an dem
die erste E-Mail gekommen war. »Wo hast du das denn gehört? Was hast du gehört?«
»Es spricht sich eben rum, Alex. Einer dieser Punkte auf
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