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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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meistens, um irgendwelche Formulare auszufüllen. Das routinemäßige Zusammenflicken wurde hauptsächlich von Diane besorgt.
    Jetzt beobachtete Turk sie bei der Arbeit, eine Silhouette, vom Licht der Lampe auf das Moskitonetz geworfen. Sie bewegte sich mit der Bedachtsamkeit eines älteren Menschen. Aber auch mit Kraft und Energie. Sie ging methodisch vor, ohne Reibungsverluste, wobei sie gelegentlich vor sich hinmurmelte. Sie mochte etwa in Tomas’ Alter sein – das der Seemann je nach Situation mit sechzig oder mit siebzig Jahren angab.
    Während sie mit ihm beschäftigt war, gab Tomas immer mal wieder einen trägen Fluch von sich. Es stank zunehmend nach Antiseptika, also trat Turk hinaus in die Dämmerung. Sein erster Abend in der Neuen Welt. Nicht weit entfernt wuchsen Büsche mit sechsfingrigen Blättern, die in der vom Meer kommenden Brise schaukelten. Ihre Blüten rochen nach Nelke, Zimt oder irgendeinem anderen Weihnachtsgewürz. Dahinter flackerten die Lichter und Feuer des geschäftigen Strandes wie eine brennende Zündschnur. Und dahinter wogte das Meer in blassgrüner Phosphoreszenz, und die fremden Sterne wurden zu großen langsamen Kreisen.
     
    »Es könnte da eine Komplikation geben«, sagte Diane, als sie nach draußen kam und sich neben Turk auf die Kante des Holzpodests setzte, das den Hüttenboden einen knappen halben Meter über dem Boden schweben ließ. Das Reinigen und Schließen von Tomas’ Wunde war offenbar ziemlich anstrengend gewesen, sie musste sich die Stirn mit einem Taschentuch abwischen. Ihr Akzent klang amerikanisch, fand Turk. Eine gewisse Südstaatenfärbung, Maryland vielleicht, irgendwo in diese Richtung.
    Er fragte sie, was sie damit meine.
    »Wenn wir Glück haben, nichts Ernstes. Aber Äquatoria ist ein völlig neuartiges Milieu, was Mikroben angeht, verstehen Sie?«
    »Nun, ich mag zwar dumm sein, aber nicht ignorant.«
    Sie lachte. »Ich bitte um Entschuldigung, Mr…?«
    »Findley. Aber nennen Sie mich Turk.«
    »Ihre Eltern haben Sie Turk genannt?«
    »Nicht direkt. Wir haben ein paar Jahre in Istanbul gelebt, während meiner Kindheit. Einige türkische Sprachkenntnisse sind dabei abgefallen. Und ein Spitzname. Also, worauf wollen Sie nun hinaus – dass Tomas sich eine äquatorianische Krankheit einfangen könnte?«
    »Es gibt keine eingeborenen Menschen auf diesem Planeten, keine Hominiden, keine Primaten, nichts, was uns auch nur entfernt ähnlich wäre. Die meisten hier verbreiteten Krankheiten können uns also nichts anhaben. Aber es gibt Bakterien und Pilze, die in feuchter, warmer Umgebung gedeihen, und eine solche Umgebung ist auch der menschliche Körper. Nichts, woran wir uns nicht anpassen könnten, Mr. Findley – Turk –, und nichts, was so gefährlich oder übertragbar wäre, dass es zurück zur Erde gelangen könnte. Trotzdem ist es nicht ratsam, mit einem angegriffenen Immunsystem in die Neue Welt zu kommen oder, wie in Mr. Ginns Fall, mit einer offenen Wunde, die von einem Idioten verbunden wurde.«
    »Können Sie ihm nicht irgendein Antibiotikum geben?«
    »Das habe ich. Aber die hiesigen Mikroorganismen sprechen nicht notwendigerweise auf die üblichen Pharmazeutika an. Verstehen Sie mich nicht falsch, er ist nicht krank, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird er auch nicht krank werden, doch es besteht ein gewisses Restrisiko. Sind Sie ein enger Freund von Mr. Ginn?«
    »Eigentlich nicht. Aber wie gesagt, er hat sich verletzt, als er mir helfen wollte.«
    »Ich würde ihn gern einige Tage hierbehalten, unter meiner Beobachtung. Wäre das in Ordnung?«
    »Von mir aus, ja. Aber es könnte schwierig sein, Tomas davon zu überzeugen. Er hat seinen eigenen Kopf.«
    »Und wohin wollen Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Die Küste runter in die Stadt.«
    »Haben Sie eine Adresse? Eine Nummer, unter der ich Sie erreichen kann?«
    »Nein, Ma’am. Ich bin neu hier. Aber Sie können Tomas sagen, dass ich mich in der Union Hall nach ihm umsehen werde, wenn er in Port Magellan angekommen ist.«
    Diane schien etwas enttäuscht. »Na gut.«
    »Oder vielleicht kann ich ja Sie anrufen.«
    Sie drehte sich zu ihm und sah ihn lange an. Ein eindringlicher Blick. Schließlich sagte sie: »Okay. Ich gebe Ihnen meine Nummer.« Sie fand einen Bleistift in ihrer Tasche und kritzelte die Nummer auf die Rückseite eines Fahrscheins der Buslinie.
     
    »Sie hat dich geprüft«, sagte Tomas.
    »Ich weiß.«
    »Gute Instinkte, die Frau.«
    »Ja. Das ist der springende

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