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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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er muss sich in vieler Hinsicht umstellen. Und er kann hier nicht bleiben. Kurz gesagt, ich würde ihn gern in Ihre Obhut geben.«
    »Ma’am – äh, Diane –, ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man sich um einen Kranken kümmert, geschweige denn einen Vierten.«
    »Er wird nicht mehr lange krank sein. Aber er wird einen verständnisvollen Freund brauchen. Wollen Sie das für ihn sein?«
    »Ich… ich bin ja bereit dazu, denke ich, aber vielleicht wäre es besser, eine andere Lösung zu finden, denn ich befinde mich in einer schwierigen Lage, finanziell und so.«
    »Ich würde Sie nicht fragen, wenn mir etwas Besseres einfiele. Es war ein Segen, dass Sie zu diesem Zeitpunkt aufgetaucht sind. Wissen Sie, wenn ich nicht gewollt hätte, dass Sie mich finden, wäre es sehr viel schwieriger für Sie gewesen, hierherzukommen.«
    »Ich habe versucht anzurufen, aber…«
    »Ich musste diese Nummer aufgeben.« Sie runzelte die Stirn, gab aber keine nähere Erklärung.
    Scheiße, dachte er. »Also gut. Schätze, man schickt einen herrenlosen Hund nicht raus in den Regen.«
    Ihr Lächeln kehrte zurück. »Sehen Sie, das habe ich mir auch gedacht.«
    »Nehme an, du hast inzwischen das eine oder andere über Vierte gelernt«, sagte Tomas.
    »Ich weiß nicht. Du bist das einzige Exemplar, das ich kenne. Und das ist nicht allzu lehrreich, um ehrlich zu sein.«
    »Hat sie das tatsächlich gesagt, das mit dem Bullshit-Detektor?«
    »Ja, hat sie. Und stimmt es?«
    Tomas hatte sich so rasch von seiner Krankheit erholt – besser gesagt, von dem genetischen Umbau der Vierten-Behandlung –, wie von Diane prophezeit. Die psychologische Anpassung war hingegen eine andere Sache. Der alte Seemann war nach Äquatoria gekommen in dem Bewusstsein, dass er bald sterben würde, stattdessen sah er sich nun mit der Aussicht auf drei oder vier Jahrzehnte zusätzlicher Lebenszeit konfrontiert, für die er keinerlei Pläne oder gar irgendwelche Vorsätze gefasst hatte.
    Rein körperlich war es wie ein Befreiungsschlag. Nach einer Woche Genesung schon konnte man Tomas für einen erheblich jüngeren Mann halten, als er war. Sein krebsartiger Gang wurde geschmeidig, sein Appetit stieg ins Grenzenlose. Für Turk war das alles so fremd, dass er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte – es war, als hätte Tomas seinen alten Körper abgeworfen wie eine Schlange ihre Haut. »Scheiße, ich bin es doch bloß«, sagte sein Freund immer dann, wenn Turk ein allzu deutliches Unbehagen über den Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Tomas an den Tag legte.
    Tomas selbst genoss seine neu erlangte Gesundheit offensichtlich sehr. Der einzige Nachteil, sagte er, sei der, dass die Behandlung seine Tätowierungen gelöscht hat; seine halbe Lebensgeschichte sei in diesen Tätowierungen festgehalten gewesen.
    »Ob es wahr ist, dass ich einen verbesserten Bullshit-Detektor habe? Nun, das liegt im Auge des Betrachters. Es ist jetzt zehn Jahre her. Was glaubst du denn?«
    »Wir haben nie groß über dieses Thema gesprochen.«
    »Hätte nichts dagegen gehabt, wenn’s so geblieben wäre.«
    »Kannst du es erkennen, wenn dich jemand anlügt?«
    »Es gibt keine Pille, die einen dummen Menschen klug macht. Und ich bin kein sehr kluger Mensch. Ich bin auch kein Lügendetektor. Aber im Allgemeinen krieg ich es mit, wenn jemand versucht, mir was anzudrehen.«
    »Ich glaube nämlich, dass man Lise belogen hat. Ihr Interesse an Vierten ist legitim, aber ich denke, dass sie benutzt wird. Außerdem besitzt sie Informationen, die Diane vielleicht gern hören würde.«
    Tomas schwieg für eine Weile. Er leerte die Bierflasche und stellte sie auf einem Serviertisch neben dem Sessel ab. Dann sah er Turk auf eine Weise an, die an Dianes prüfenden Blick erinnerte. »Du bewegst dich hier auf schwierigem Terrain, Kumpel.«
    »Ich weiß.«
    »Könnte gefährlich werden.«
    »Schätze, das ist es, was mir Sorgen macht.«
    »Kannst du mir ein bisschen Zeit geben, darüber nachzudenken?«
    »Ja, klar.«
    »Okay. Ich hör mich um. Ruf mich in ein paar Tagen an.«
    »Danke.«
    »Bedank dich nicht zu früh. Vielleicht überleg ich’s mir noch anders.«

 
7
     
     
    Während Lise zum Konsulat fuhr, meldete das Interface in ihrem Auto neue Post.
    »Von?«, fragte sie.
    »Susan Adams«, erwiderte das Interface.
    In letzter Zeit konnte Lise nicht an ihre Mutter denken, ohne die Schachtel mit ihren Medikamenten vor sich zu sehen, sortiert nach Tagen und Stunden, das Uhrwerk ihrer

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